Schönes Leben noch! (German Edition)
öffnete die Tür.
„Und, wie sieht’s aus?“
Jill hielt den Telefonhörer fester und wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. „Ehrlich gesagt, Dad, habe ich keine Ahnung, was ich darauf antworten soll.“
„Fang einfach von vorne an, und dann immer der Reihe nach. Schließlich werde ich langsam alt, und mein Geist ist nicht mehr so wach wie früher.“
Sie musste lachen. „Stimmt ja. Deshalb lenkst du anderer Leute Leben ja auch aus einer Entfernung von knapp fünftausend Kilometern.“
„Wessen Leben lenke ich?“
„Meins. Macs.“ Sie war sich sicher, dass es noch mehr gab, auch wenn sie keine Namen kannte.
„Na schön, dann und wann habe ich mich ein wenig eingemischt.“
Jill dachte daran, dass ihr Dad Mac zwei Mal gerettet hatte. „Du bist ein guter Mensch, und ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch, Kleines. Und jetzt sag schon: Was ist los?“
Sie holte tief Luft. „Meine Sekretärin, Tina, hat mich die ganzeZeit nicht leiden können, aber jetzt hat sie sämtliche Fische abgenommen. Das ist toll, aber einige meiner Fälle sind einfach scheußlich. Ich meine – Hundesperma? Wen interessiert das? Außerdem versuche ich seit geraumer Zeit, Lyles Auto ein paar Dellen zuzufügen, aber nichts passiert. Ich bin mir sicher, dass es von irgendwelchen Geistern bewacht wird oder so. Dann ist da noch Bev, die seit einiger Zeit mit so einem Typen zusammen ist. Ich freue mich wirklich für sie, weil ich das Argument mit ihrer Gabe schon immer schräg fand. Nur leider ist der Typ ein ehemaliger Mandant von mir, und obwohl ich schon immer wusste, dass er irgendwie ins organisierte Verbrechen verstrickt ist, bin ich nie damit in Berührung gekommen und habe mir irgendwie eingeredet, dass er einer von den Guten ist. Aber das ist er nicht. Und jetzt muss ich Bev das sagen, aber ich will nicht. Und zu alledem steckt Mac in Schwierigkeiten. Er hat einen Kerl geschlagen, der es absolut verdient hat – Andy schlägt seine Frau, und sie ist schwanger, und das Ganze ist entsetzlich –, aber jetzt wird Mac wahrscheinlich verurteilt, und sobald das geschieht, wird er Emily verlieren. Und ich war bei verschiedenen Bewerbungsgesprächen und habe ein tolles Angebot aus San Diego, das ich unbedingt annehmen sollte, weil es genau das ist, was ich immer wollte, aber irgendwie schaffe ich es nicht, das Telefon in die Hand zu nehmen und zuzusagen. Ach ja, und dann wird nächste Woche auch noch der Pier hundert Jahre alt.“
„Hört sich so an, als wäre es ein guter Zeitpunkt für einen Besuch“, sagte ihr Vater ruhig.
„Du willst herkommen?“
„Unbedingt.“
19. KAPITEL
A ls Jill vor Bevs Haus hielt, stellte sie überrascht fest, dass die Haustür offen stand. Während sie die Stufen zur Veranda hochging, erschien ihre Tante in der Tür und stieß die Fliegengittertür auf.
„Hi. Ich bin wieder da. Wir hatten eine fantastische Zeit. San Francisco ist wunderschön. Ich kann gut verstehen, warum du dort so gern gelebt hast.“
Während Bev sprach, machte sie ein paar Schritte zurück, um Jill ins Haus zu lassen. Jill trat ein, während sie sich mit aller Kraft bemühte, dass ihr nicht die Kinnlade herunterfiel. Bev trug eine figurbetonte weiße Hose und einen leichten türkisfarbenen Pullover. Von ihren Ohren baumelten filigrane goldene Ohrringe herab. Verschwunden waren die bunten, baumelnden Perlen, verschwunden waren das immer präsente Blumenkleid, die vielen Armreifen und das Fußkettchen. Aber besonders schockierend waren ihre Haare. Die einst langen, wilden, roten Haare waren kurz geschnitten und so gestylt, dass ihr hübsches Gesicht vorteilhaft betont wurde.
„Du siehst toll aus“, sagte Jill, die die Veränderung noch gar nicht begreifen konnte.
„Du meinst, nicht mehr so hippiemäßig?“
„Kein bisschen. Was ist passiert?“
Bev lächelte. „Ich habe beschlossen, dass es an der Zeit ist, erwachsen zu werden.“
Jills Freude verdunstete wie Wasser in der Sahara. „Das ist alles wegen Rudy“, sagte sie tonlos. „Du hast dich in ihn verliebt.“
Bev strahlte. „Ich weiß, es geht ziemlich schnell, und wahrscheinlich findest du, dass ich dafür schon zu alt bin, aber ich habe mich bis über beide Ohren in ihn verliebt. Er ist lustig und charmant, und bei ihm fühle ich mich so besonders und weiblich. Wir hatten eine traumhafte Zeit.“
Jill fühlte sich, als ob sie gleich einen übermütigen Welpen tretenwürde. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie ihre Tante das letzte
Weitere Kostenlose Bücher