Schönes Leben noch! (German Edition)
blauen Augen füllten sich mit Tränen. Ihre Unterlippe fing an zu zittern. „Nach einer ganz langen Zeit hat Mommy gesagt, dass er mich besuchen kommt. Dass ich das ganze Wochenende mit ihm verbringen könnte und es lustig werden würde. Aber er ist nicht gekommen.“
Die Tränen kullerten ihr über die Wangen. Jill zog sie dicht an sich und wiegte sie hin und her.
„Das tut mir leid“, flüsterte sie. Was Mac auch durchgemacht haben mochte – dass er seine Tochter enttäuscht hatte, war durch nichts zu entschuldigen. Den Tod oder eine schwere Verletzung mal ausgenommen.
„Beim nächsten Mal ist er auch nicht gekommen, und dann habe ich aufgehört zu fragen, wann er mich besuchen würde. Und dann hat Mommy gesagt, dass ich den Sommer hier verbringen muss.“
Jills Gefühle waren so intensiv und tief wie noch nie zuvorin ihrem Leben.
„Habt ihr, du und dein Dad, schon mal darüber gesprochen?“, fragte sie. Sie wollte Emily so gerne helfen, wusste aber nicht, wie.
„Ja.“ Emily schniefte. „Er hat gesagt, dass es ihm leidtut und dass er es nie wieder machen wird.“
„Aber du glaubst ihm nicht.“
Emily antwortete nicht.
Jill fragte sich, ob es etwas Schlimmeres gab, als einem Elternteil vertrauen zu wollen, es aber nicht zu können.
Was mochte passiert sein, das Mac abgehalten hatte, zu Emily zu fahren? Sie hatte sie zusammen gesehen und wusste, wie sehr er seine Tochter liebte. Das ergab doch alles keinen Sinn.
„Fühlst du dich wohl hier?“, fragte sie.
„Bei dir und bei Bev ja.“
„Und bei deinem Dad?“
Emily zuckte die Achseln.
Jill wünschte, sie hätte einen Psychologen an der Hand, der ihr in dieser Situation helfen könnte.
„Wenn du wütend auf deinen Dad bist, fühlst du dich hier drinnen dann ganz komisch?“, fragte sie. „Irgendwie schlecht?“
Emily sah sie an und nickte mehrmals.
Das schlechte Gewissen, dachte Jill. Es ist in jedem Alter da. „Glaubst du, dass dein Dad dich lieb hat?“
Mac stand in der Küche und hielt die Luft an. Er hatte nicht vorgehabt zu lauschen, aber weder Emily noch Jill hatten ihn klopfen gehört. Nun stand er wie zur Salzsäule erstarrt da und wartete sehnsüchtig darauf, dass seine Tochter „ja“ sagte.
Doch er vernahm nur Stille.
Innerlich krümmte er sich vor Schmerzen. Er hatte so viel verloren. Und der Einzige, dem er dafür die Schuld geben konnte, war er selbst. Was hatte er Emily nur angetan? Für sein Verhalten gab es keine Entschuldigung.
Hätte er die Zeit zurückdrehen können, er hätte alles anders gemacht. Aber das geht nicht, dachte er, während er weiter wartete.
„Vielleicht“, kam die geflüsterte Antwort.
„Vielleicht, hm?“, meinte Jill. „Zufällig weiß ich, dass er dich über alles liebt. Er hat es mir selbst gesagt, und eine Anwältin darf man nicht anlügen, weißt du?“
„Wirklich?“
„H-hm. Er musste mir also die Wahrheit sagen.“
Irgendetwas fiel auf den Boden.
„Ich glaube, das war einer von meinen Lockenwicklern“, sagte Jill.
„Wir müssen fertig werden.“
Er hörte ein dumpfes Geräusch, als ob Emily auf den Boden gehüpft wäre. Mac schlich sich aus der Küche und ging nach Hause, um sich erst mal zu sammeln, bevor er Emily abholte.
Wie sollte er einer Achtjährigen erklären, dass es ihm so schlecht gegangen war, dass selbst das Atmen wehgetan hatte? Dass nichts gezählt hatte außer ihr, nur dass er nicht gewusst hatte, wie er es ihr zeigen sollte? Wie sollte er ihr erklären, warum er sie so verletzt hatte? Und wie sollte er das alles nur wiedergutmachen?
Er hatte Emily von dem Moment an geliebt, als er erfahren hatte, das Carly schwanger war. Die meisten Männer wünschten sich einen Sohn, aber er hatte sich über seine wunderbare Tochter gefreut. Er hatte gerne Verantwortung für sie übernommen und seine Schichten getauscht, um zu Hause zu sein, wenn Carly arbeitete. Emily war sein Ein und Alles.
Er hatte sie verloren, weil er sich nicht hatte eingestehen können, was aus ihm geworden war. Und indem er sie verloren hatte, hatte er die Liebe zerstört, die sie verbunden hatte.
Ich hole sie mir zurück, schwor er sich. Er würde sich ihr beweisen. Wenn er doch bloß gewusst hätte, wie.
11. KAPITEL
J ill folgte der Personalchefin den mit Teppich ausgelegten Flur hinunter und gab sich alle Mühe, nicht an Ort und Stelle – zwischen Küche und Materiallager – einen Freudentanz aufzuführen. Die „Century City“-Kanzlei war nicht nur schön, sondern auch wunderbar
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