Schönes Leben noch! (German Edition)
vertraut. Sogar der Geruch war genau richtig – eine Mischung aus Leder, Holz und muffigem Papier, mit einer Note von Teppichspray.
Ihr gefiel alles – die bodentiefen Fenster, die abgestuften Raumgrößen der Büros, anhand derer man die Hierarchien erkennen konnte, die traumhafte Fachbibliothek, selbst der kleine Mann, der sie in der Tiefgarage unter dem Gebäude schroff zum Besucherparkplatz gelotst hatte. Sie mochte es, wie alle Anzüge trugen und geschäftig Dinge erledigten und dass weit und breit kein Fisch zu sehen war. Es störte sie nicht mal, dass sie sich wie in San Francisco mitten in einer Erdbebenrisikozone befand und das Gebäude im Falle eines ordentlichen Bebens wie eine Achterbahn schwanken würde.
Jill nahm ihre Tumi-Aktentasche, die sie sich nach ihrer letzten Beförderung gekauft hatte, von der rechten in die linke Hand und straffte die Schultern, als ihre Begleiterin vor einer großen, mit Schnitzereien verzierten Doppeltür stehen blieb.
„Sprechen Sie ihn mit dem Vornamen an“, sagte die Frau mit einem Lächeln, „aber sagen Sie Donald und niemals Don oder Donnie.“
„Danke.“
Die Personalchefin schüttelte den Kopf. „Ich bin diejenige, die sich bedanken muss. Ihr Lebenslauf liest sich wie ein Krimi, und Sie verkaufen sich wirklich gut. Wir wären hocherfreut, sie in unser Team aufnehmen zu dürfen.“
„Vielen Dank.“ Sie legte die Hand auf die Tür, drückte sie auf und betrat das privilegierte Büro des Seniorpartners.
Das geräumige Zimmer war mit massivem Holz getäfelt. Derorientalische Teppich, der den Boden schmückte, war vermutlich vor einem knappen Jahrhundert handgefertigt worden. Jill kannte die Gefahren, die ein Teppich für High Heels barg, weshalb sie das Gewicht auf die Ballen verlagerte.
Sie ging zu dem wuchtigen Schreibtisch hinüber, hinter dem Donald Ericsson aufstand und ihr die Hand reichte.
Er war ein paar Zentimeter größer als sie, Ende fünfzig, hatte grau melierte Haare und ein schmales Gesicht. Er sah einigermaßen freundlich aus, hatte jedoch einen stahlharten Blick.
„Ich freue mich, dass Sie es so kurzfristig einrichten konnten, Jill“, empfing er sie. „Hier waren alle sehr beeindruckt von Ihnen.“
„Ich habe mich gefreut, das Team kennenzulernen“, erwiderte sie aufrichtig. Die schnell aufeinanderfolgenden Gespräche mit acht Angestellten hatten sie nur noch mehr beflügelt. Sie sah sich hier schon arbeiten, sich ins Team einfügen und die juristische Karriereleiter emporklettern. Sie hatte diesen Traum … Okay, das war total verrückt, aber sie träumte davon, eines Tages – vielleicht – Richterin zu sein. L.A. hatte rund vier Milliarden Richter, und es gab definitiv noch genügend Platz für einen weiteren.
„Kommen Sie, wir machen es uns etwas bequemer“, sagte Donald und wies auf eine Ledergarnitur, die in einer Ecke seines Büros stand. „Möchten Sie einen Kaffee?“
„Nein, danke“, erwiderte sie, während sie über den Teppich ging. „Ich glaube, das wäre dann meine zwölfte Tasse. Und wenn noch ein Tropfen Koffein in meinen Körper gelangt, könnten Sie mich als Stromgenerator einsetzen.“
Er lachte leise und wartete, bis sie Platz genommen hatte, bevor er sich in einem Sessel niederließ. „Was halten Sie von unserer Kanzlei?“, fragte er.
„Ich bin schwer beeindruckt, vor allem von dem hohen Einsatz, den Ihre Angestellten und Partner zeigen, ganz besonders wenn es darum geht, Ihre multinationalen Mandanten zufriedenzustellen. Während meiner Zeit in San Francisco habe ich mit vielen japanischen Firmen zusammengearbeitet.“
„Das habe ich gelesen, und um ehrlich zu sein, Jill, fanden wir genau das so interessant an Ihnen. Wir brauchen auf diesem Gebiet einfach mehr Expertise.“
Während er sprach, nickte sie, um ihm zu signalisieren, dass sie zuhörte, doch während sie den Kopf bewegte, sah sie im Augenwinkel irgendetwas glänzen. Was in aller Welt war das?
Ganz langsam und vorsichtig setzte sie sich anders hin und schaute nach rechts.
Oh … mein … Gott.
Unmöglich. Sie sah wieder zu Donald, aber mit ihrer Konzentration war es dahin. Das durfte doch nicht wahr sein.
Er lachte in sich hinein. „Sie haben sie bemerkt. Ist sie nicht eine Schönheit?“
„Ja. Fantastisch.“
„Allerdings. Ich habe sie vor fünfzehn Jahren eigenhändig an der mexikanischen Küste mit einer Harpune gefangen. Ich wette, so etwas haben Sie noch nicht gesehen.“
Jill wusste nicht, was sie sagen sollte. Der
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