Schönes Leben noch! (German Edition)
beantwortet.“
Bev sah sie durch den Spiegel an. „Ich hätte gedacht, du bist klug genug, um es auch so zu verstehen. Rudy hat mich zum Abendessen eingeladen, ich habe Ja gesagt und nun gehen wir aus.“
Jill hörte zwar, was ihre Tante sagte, konnte es aber nicht glauben. „Ist das so was wie ein Date?“
„Jetzt hör auf, so ungläubig zu fragen. Immerhin bin ich noch ziemlich neu im Klub der Fünfziger.“
„Ich weiß. Du bist eine wunderschöne, vitale Frau, aber ein Date?“ Mit Rudy? „Was weißt du denn schon von ihm?“, fragte sie und war sich sehr wohl bewusst, dass eine hochinteressierte Emily im Schneidersitz auf dem Bett saß.
„Dass er ein charmanter Mann ist, der weiß, wie man einer Frau das Gefühl gibt, eine Göttin zu sein.“
Eine Göttin? Jill konnte sich nicht erinnern, sich jemals so gefühlt zu haben. Sie ignorierte den Stachel des Neides, der sich plötzlich in ihr Herz bohrte.
„Davon mal abgesehen“, meinte sie. „Ich dachte, du würdest dich gar nicht mit Männern treffen. Wegen deiner Gabe.“
Es war wirklich armselig von ihr, der ungläubigen Verwandten, ihrer Tante ausgerechnet damit zu kommen, aber sie hatte keine andere Wahl.
„Verabredungen sind erlaubt“, erwiderte Bev bloß. „Ja, das ist es.“
„Das“ entpuppte sich als schwarzes, ärmelloses Kleid, das Bev bis zu den Knöcheln reichte. Große orangerote Rosen rankten sich an den Seiten des Kleides empor und legten sich elegant über ihre Schultern. Mit dem flammenden Haar, das sie locker hochgesteckthatte, den rotschwarzen Ohrringen, die ihr bis knapp auf die Schultern reichten, und einer vor Aufregung förmlich leuchtenden Haut sah sie sinnlich, schön und tatsächlich wie eine Göttin aus.
„Hoffentlich habe ich viel von deinem Genpool in mir“, sagte Jill kapitulierend.
„Mit Sicherheit“, erwiderte Bev lächelnd. Sie drehte sich noch ein Mal und machte vor Emily Halt. „Gefällt es dir?“
„H-hm. Du siehst genauso schön aus wie meine Mommy.“
„Danke. Wenn das kein Kompliment ist. Okay. Ich bin weg.“ Bev schnappte sich eine kleine schwarze Handtasche und rauschte in Richtung Treppe davon.
Jill eilte hinter ihr her. „Er holt dich nicht ab?“
„Ich wusste nicht, ob ich dich im Büro erreiche, um dich zu bitten, früher nach Hause zu kommen. Ich dachte, ich müsste Emily vielleicht bei dir absetzen, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass du oder Mac begeistert gewesen wäret, wenn sie zusammen mit Rudy in einem Auto gesessen hätte. Also, ciao.“
Jill hörte ihre Schritte auf dem Holzboden und dann das Geräusch der Hintertür, die ins Schloss fiel.
„Und ich dachte, hier wäre das Leben einfacher“, sagte sie und ging zurück zu Bevs Schlafzimmer.
„Sie hat uns sitzen gelassen“, sagte sie zu Emily, die zu kichern anfing. „Also: Was wollen wir machen?“
„Wir müssen noch zu Abend essen“, erwiderte Emily.
„Wollen wir ausgehen?“
Emily nickte eifrig. „Vielleicht in ein Diner?“
„Gute Idee. Ich habe da eins im Sinn, wo es leckere Milchshakes gibt. Wir können das Auto nehmen, es in der Stadt abstellen und später zu Fuß nach Hause gehen.“ Weil es überhaupt nichts gebracht hatte, Lyles Auto auf dem großen Parkplatz am Strand abzustellen. Nicht eine Delle. Allmählich fing die ganze Sache an, ihr gehörig auf den Zeiger zu gehen.
Jill zog ihr Kostüm aus und schlüpfte in Shorts und ein T-Shirt.Dann brachen sie und Emily zu einem richtig fettigen Dickmacherabendessen auf.
„Ich habe gehört, dass Mr Bass heute hier war“, sagte Jill, als sie ins Zentrum fuhren.
„H-hm. Er ist Sozialarbeiter und er hat gesagt, dass er auf Kinder aufpasst. Ich habe ihm gesagt, dass ich niemanden brauche, der auf mich aufpasst, weil ich meine Mom habe und Dad und dich und Bev.“
Jill freute sich, dass sie in der Aufzählung vorkam. „Ich find’s schön, dass es so viele Menschen gibt, die auf dich aufpassen.“
„Ich auch.“
Jill wollte gerade noch etwas sagen, als sie eine bekannte Adresse erspähte. Sie hatte sie noch aus den Unterlagen in Erinnerung, die sie am Nachmittag ausgefüllt hatte – bezüglich des Rechtsstreits, den Mr Harrison unbedingt fortführen wollte.
„Ich muss mal kurz hier anhalten“, sagte sie, als sie an die Seite fuhr und stehen blieb.
Zwei nahezu identische Häuser standen etwa zwanzig Meter voneinander entfernt. Beides waren alte, viktorianische Häuser mit dekorativen Elementen, hübschen Giebeln und filigranen Geländern.
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