Schönes Leben noch! (German Edition)
Nicht Jills Geschmack, aber sie wusste, dass solche Häuser beliebt waren. In den großen Vorgärten spendeten große Bäume Schatten, und zwischen den Häusern stand ein massiver Steinzaun. Der Zaun stand exakt in der Mitte, objektiv betrachtet also ein nachvollziehbarer Standort. Zu dumm nur, dass vor dem Bau niemand die notariellen Urkunden zurate gezogen hatte.
Im Vorgarten des rechten Hauses sah sie einen Mann, der gerade einen Rasensprenger auf eine andere Position setzte. Einem Impuls folgend, kletterte Jill aus dem Auto und wartete auf Emily.
„Wer ist der Mann?“, fragte das Mädchen.
„Juan Reyes“, antwortete Jill.
„Ein Freund von dir?“
„Nicht so ganz.“ Jill wusste, dass es riskant war, Mr Reyes anzusprechen,aber sie musste mehr über die Leute erfahren, die sie im Namen von Mr Harrison eventuell verklagen würde.
„Guten Abend“, rief sie.
Juan winkte. „’n Abend.“ Er war durchschnittlich groß, gut aussehend und um die dreißig.
„Sie haben ein wunderschönes Haus“, meinte Jill.
Juan lachte. „Danke. Meine Frau und ich haben uns vor fünf Jahren in dieses Haus verliebt. Alleine hätten wir es uns niemals leisten können. Wir haben es gemeinsam mit meiner Schwiegermutter gekauft.“
„Ach wirklich? Lebt sie bei Ihnen?“
Juan grinste. „Ja, ich weiß, was Sie jetzt denken, aber sie ist wirklich eine tolle Frau. Ich finde es schön, sie bei uns zu haben.“
Jill war beeindruckt. Sie liebte ihren Vater, aber wenn sie sich ein Haus teilen müssten, würde sie irgendwann wahnsinnig werden. Oder vielleicht auch schneller als irgendwann.
„Ich kenne Ihren Nachbarn“, sagte sie und zeigte auf Mr Harrisons Haus.
Juans Lächeln erstarb. „Er ist nicht gerade froh, dass wir neben ihm wohnen.“
„Ach nein?“
„Nein. Er sagt, der Zaun stehe ein Stück zu weit auf seinem Grundstück. Aber das ist ein Steinzaun, und er steht schon seit Ewigkeiten da. Wir können es uns nicht leisten, ihn versetzen zu lassen. Ich habe ihm angeboten, noch eine Hypothek auf unser Haus aufzunehmen und ihm das Land abzukaufen, aber er weigert sich.“
Die Haustür ging auf, und eine hübsche dunkelhaarige Frau rief: „Juan, bitte den Besuch doch herein.“
„Nein, wir sind kein Besuch“, sagte Jill schnell.
Während sie sprach, atmete sie den köstlichsten Duft der Welt ein. Emily zog an ihrer Hand.
„Lass uns hier essen“, flüsterte sie.
„Meine Schwiegermutter ist eine hervorragende Köchin“,sagte Juan. „Möchten Sie vielleicht reinkommen und mal probieren?“
„Nein, danke. Wir haben schon Pläne fürs Abendessen.“ Sie sah hinüber zu dem anderen Haus. Es lag dunkel und verschlossen da. Nur im hinteren Teil brannte ein Licht.
„Lebt er dort ganz alleine?“, fragte sie.
„Ja. Er hat keine Familie. Ich finde es traurig, dass er nur Energie hat, sich über den Zaun aufzuregen.“
„Haben Sie ihn schon mal zum Abendessen eingeladen?“
Juan starrte sie an. „Wie meinen Sie das?“
„Wenn Ihre Schwiegermutter wirklich so gut kocht und Mr Harrison alleine und einsam ist, könnte ein gemeinsames Essen die Fronten vielleicht erweichen.“
Sie konnte sehen, dass Juan über ihren Vorschlag nachdachte. Sie war sich sicher, dass Mr Harrison ihm das Leben zur Hölle gemacht hatte und Juan den mürrischen alten Mann nicht in seinem Haus haben wollte, aber wenn es half …
„Ich werde mit meiner Frau sprechen“, meinte Juan schließlich. „Wer sind Sie eigentlich?“
Jill fuhr zusammen. „Bitte nehmen Sie es nicht persönlich, aber ich bin Jill Strathern, die Anwältin von Mr Harrison.“
Juan machte einen Schritt zurück und setzte eine undurchdringliche Miene auf. „Versuchen Sie, mich reinzulegen?“
„Keineswegs. Ich finde es einfach nur schrecklich, dass Sie beide sich wegen eines alten Zauns in den Haaren liegen. Wenn Sie Freunde sein könnten statt Feinde, bräuchten Sie mich überhaupt nicht.“
„Sie ist wirklich nett“, sagte Emily loyal.
Juan lächelte sie an. „Danke, dass du mir das gesagt hast. Dann wird es wohl stimmen.“ Er sah wieder zu Jill. „Ich werde mit meiner Frau sprechen“, wiederholte er und fügte nach einem kurzen Zögern hinzu: „Wenn es nicht zu einer Klage kommt, verdienen Sie aber auch nichts.“
„In diesem speziellen Fall wäre ich sogar froh, leer auszugehen.“„Bist du sicher, dass das so geht?“, fragte Jill, als Emily ihr Lockenwickler in die Haare drehte.
„H-hm. Ich hab’s im Fernsehen gesehen.“
„Aber
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