Schönes Leben noch! (German Edition)
ging ins Großraumbüro und weiter zum Empfangsschalter.
„Hat Jill irgendwas von einem Mann gesagt, der seine Ehefrau schlägt?“, erkundigte er sich.
Wilma reichte ihm einen Zettel mit zwei Namen. „Wollen Sie mir erzählen, was vorgefallen ist?“, fragte sie.
„Nein.“
Dreißig Minuten später hielt Mac vor einem kleinen Bungalow. Das Haus war höchstens achtzig Quadratmeter groß. Ein schmaler Zementweg mit gesprungenen Steinen führte von dem Gehweg zur Haustür.
Der Anstrich war schon vor langer Zeit zu einem hellen Grau verblasst, und die Scheiben waren gesprungen, aber jeder Zentimeter sah unnatürlich sauber aus. Selbst die abgesplitterten Blumenkästen vor dem vorderen Fenster waren makellos rein – wenn auch leer.
Er ging zur Tür und klopfte. Nach kurzer Zeit öffnete eine junge Frau. Er stellte sich vor und fragte, ob er für ein paar Minuten hereinkommen dürfe.
Kim Murphy mochte vierundzwanzig Jahre alt sein, aber sie sah aus wie sechzehn. Und sie war hochschwanger. Früher war sie sicher einmal hübsch gewesen, aber jetzt sah sie nur noch verängstigt aus. Die Art von Angst, die aus einem Leben voller Todesangst rührte. Sie hatte einen wachsamen Blick, und ihre Mundwinkel zuckten.
„Andy ist nicht da“, sagte sie, während sie zwischen ihm und dem Streifenwagen hin und her sah, der vor dem Haus parkte, als rechnete sie damit, dass plötzlich ihr Ehemann auftauchte und auf sie losginge. „Er mag es nicht, wenn ich irgendwen hereinlasse.“
„Wir können uns auch hier unterhalten“, sagte Mac in einem ruhigen, sanften Tonfall.
Sie biss sich auf die Unterlippe und hielt die Tür auf. Offensichtlich hatte sie weniger Angst davor, dass Andy erfahren würde, dass jemand in ihrem Haus gewesen war, als davor, dass die Nachbarn Mac vor ihrer Tür stehen sähen.
Das kleine Wohnzimmer war genauso rein wie die Frontseite des Hauses. Der Läufer war porentief gestaubsaugt worden und das Sofa mit einem Schonbezug überzogen. Genau wie der einzige Sessel. Wahrscheinlich hätte man auf dem Esstisch zu seiner Linken eine Notoperation durchführen können.
„Ihr Haus ist sehr sauber.“ Er ließ sich auf dem Sofa mit dem Plastiküberzug nieder. „Ihr Ehemann muss stolz auf sie sein.“
„Andy mag es gern sauber“, erwiderte Kim, während sie über den Plastikbezug des Sessels strich, ehe sie sich auf die Ecke hockte. „Ich mache ihm gern eine Freude.“
Ihr Gesichtsausdruck war so ernst, so erpicht darauf zu gefallen. Am liebsten hätte Mac sie gepackt und gewaltsam mitgenommen. Wusste sie, was geschehen würde, wenn ihr sauberkeitsfanatischer Ehemann mitbekäme, wie viel Unordnung ein Baby machen konnte? Hatte sie schon darüber nachgedacht, in welche Hölle sie geraten würde?
Auf der Suche nach Hinweisen musterte er ihr Gesicht – und wurde fündig: eine winzige Narbe an ihrer rechten Schläfe, ein leicht herabhängendes Augenlid links. Dann natürlich der Gips. Er hätte wetten können, dass es noch mehr Spuren gab. Dass ihr Körper zugleich eine Straßenkarte und das Testament der Gewalt ihres Ehemanns war.
Auf dem Weg hierher hatte Mac darüber nachgedacht, wie er am besten mit ihr sprechen sollte. Jetzt, in Anbetracht ihres zaghaften Alters, ihres Leids und ihrer Schwangerschaft, redete er nicht lange um den heißen Brei herum.
„Es wird schlimmer, nicht wahr?“, fragte er und bemühte sich, so leise und unbedrohlich wie möglich zu sprechen. „Anfangs hat er Sie nur ein bisschen mit der flachen Hand geschlagen. Aber jetzt ist es schlimmer. Ihr Auge, die Narben auf Ihren Beinen, der gebrochene Arm.“
Ihr stockte der Atem. „I…ich weiß nicht, wovon Sie reden.“
„Ich weiß, dass Sie ihn lieben“, fuhr er fort, als hätte sie nichts gesagt. „Natürlich tun Sie das. Er ist immerhin Ihr Ehemann. Und es tut ihm hinterher immer leid, und tief in Ihrem Herzen wissen Sie, dass zwischen Ihnen beiden alles wunderbar wäre, wenn Sie einfach aufhören könnten, Fehler zu machen. Weil er früher so lieb war. Nicht wahr? Als sie sich kennengelernt haben, war er doch einfach der Beste, oder?“
Sie zog die Mundwinkel nach oben und nickte. „Er war wunderbar.“
„Aber jetzt ist er das nicht mehr. Und wissen Sie was, Kim? Er wird sich über das Baby nicht freuen. Babys sind nämlich nicht leise. Sie halten sich weder an Pläne, noch räumen sie hinter sichauf. Andy wird deshalb sehr, sehr wütend werden. Und wenn er Sie erst ins Krankenhaus geprügelt hat, wer wird sich
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