Schönesding!
gefunden.
Felder hatte aber noch etwas anderes entdeckt. Sein Finger ruhte auf einem Plakat mit Babybernstein -Kettchen und Armbändern. Wenn die ersten Zähnchen kommen...
„ Hier, jetzt guck! Ich hab mich schon gewundert.“ Er hielt mir sein Mobilnik hin. Ich las den markierten Text: „Man sagt Bernstein nach, dass er das Zahnen der Kinder erleichtert.“
„ Die Quacksalber! Man sagt - toppt noch jede wissenschaftliche Untersuchung.“ Dabei lachte Felder überlegen, als habe er gerade dem Teufel persönlich die Maske heruntergerissen.
„ Felder, was soll das!“
Falsche Frage!
„Also, lass mich das noch mal zusammenfassen.“
Falsche Antwort!
Felder trat ein, zwei Schritte zurück, um das gesamte Schaufenster gut im Blick zu haben.
„ Das Ganze Bio-Essen, Bio-Waschen und Bio-Zahnputzen! Wusstest du eigentlich, dass stammesgeschichtlich gesehen die älteste Angst ist, sich am Essen zu vergiften?“
„ Wusste ich nicht, Felder.“
„ Siehst du, deshalb erzähl ich's dir. Mann, wo leben wir eigentlich? Wir sind im 21. Jahrhundert und die hier kultivieren eine Essenshysterie, als gäb's kein morgen. Ist doch n Ding, oder!“
Inzwischen waren wir fast zehn Minuten vor den Läden herumgestanden. Mir war kalt. Und eigentlich hatte ich ja nur Felder zu einem Essen mitnehmen wollen. Das war alles. Nicht mehr. Was ich jetzt brauchte, war ein Felder, der funktionierte.
Also sagte ich: „Felder, entspann dich. Lehn dich zurück. Du musst lernen dir solche Dinge nicht so zu Herzen zu nehmen. Lass mal fünfe gerade sein, verstehst du?“ Wie man halt so redet, wenn man jemanden beruhigen will. „Das sind Schaufenster. Gestaltet von - wie nennst du das? -, Heimspielern. Keine Frage. Aber du musst lernen solche Dinge an dir abperlen zu lassen. Verstehst du? Guck's dir einfach an, lach drüber und vergiss es.“
Obwohl ich dachte, dass es Felder war, der es mir schwer machte und nicht die Schaufenster, schaute ich ihn flehend an. Und Felder schien zu merken, wenn jemand verzweifelt ist. „Kannst du mir das versprechen?“
„Na gut, ich werd's versuchen.“
Das war besser.
„Ja, weißt du, ich wundere mich einfach, weißt du“, sagte er fast mit einem bittenden Ton in der Stimme.
„ Na gut, wundern darfst du dich. Wundern tun sich andere Leute auch. Das kannst du mir glauben.“
„ In Ordnung. Ich verspreche es.“
Ich klingelte wieder bei Helmuts Schwester. Helmut ließ uns rein.
Helmuts Schwester wohnte im obersten Stockwerk. Wir standen gleich in einer großen Küche mit Esszimmer und Wohnzimmer. In der Mitte stand eine große rechteckige Küchentheke, im Wohnzimmer ein ausgezogener, gedeckter Esstisch mit Stahlrohrstühlen. An der Wand war ein gerahmtes Plakat von Fritz Langs Metropolis und ein paar Kunstdrucke von Klee, Picasso und Miro. Die Fenster reichten fast vom Boden bis zur Decke.
Alle waren schon da und standen mit einem Glas Sekt in der Hand um die Küchentheke. Der hochhaarige Friedrich dozierte angeregt in Doreens Ohr über die Geworfenheit des Studentendaseins, Helmut lachte gut gelaunt dazu, und der Existenzialist griente natürlich.
Helmut stellte uns seine Schwester vor, aschblond, ungeschminkt, Anfang dreißig. Sie hatte ihren zweijährigen Sohn auf dem Arm. Angeregt von den Vorgaben seiner Mutter und vom Lärmpegel ermutigt, quakte er Phantasiephrasen in die Runde. Dabei kniff er halb, halb quetschte er die Backe seiner Mutter.
Karl-Heinz, ihr Mann, um die beginnende Glatzköpfigkeit zu verwirren, seinen Kopf kahl rasiert, stand mit einem Baby, ihrem zweiten gemeinsamen Kind, gebettet in eine Spuckdecke, gleich daneben.
Ich wollte gerade Felder vorstellen. „Na gut, alle, mein Zimmernachbar.“ Aber genau in dem Moment fragte mich Helmut: „Mit wem hast du unten gesprochen?“
Ich verstand nicht genau, was er meinte.
Dann fingen wir an uns an die Plätze zu setzen, die uns Helmuts Schwester am Tisch zuwies.
Karl-Heinz, der Mann von Helmuts Schwester, war beim Rundfunk Berlin-Brandenburg, Redaktion Aktuelles I, irgendwas mit Dokumentationen. Deshalb und weil alle aus meinem Seminar natürlich Medienkinder waren, kamen wir gleich auf das Thema Fernsehen zu sprechen.
Karl-Heinz gab die These aus: „Das öffentlich-rechtliche Fernsehen von hoher Qualität. Die Sendungen informativ, das Programm für jung und alt.“
Helmut gab ihm recht. „Mann, wir haben echt noch Glück gehabt mit unserem Fernsehen.“
Felder räusperte sich.
„ Hast du schon mal
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