Schönesding!
italienisches Fernsehen geguckt?“ Das war Doreen.
Aber für Karl-Heinz reichte das nicht. „Sender wie Phoenix - einfach topp. Einfach super für die Menschen.“ Die suchten doch absichtlich nach Felders Knopf, oder? Das konnte einfach nicht gut gehen.
„Erinnert ihr euch an die Szene in 2001: A Space Odyssey , in der der Astronaut aus der Raumkapsel zurück in das Raumschiff katapultiert wird“, wollte ich sagen. „Da hört man kein Hollywood-Krach-Zack-Bumm. Da ist es ganz still. Wie ein stummer Schrei. Unheimlich starke Szene.“ Wäre bestimmt gut angekommen. Hätte ich mal sagen sollen. Aber mach was dran! Sollte wohl nicht sein.
Felder konnte natürlich nicht seinen Mund halten. Zu Karl-Heinz sagte er: „Was du meinst, sind Leute, nicht Menschen. So wie: Kleider machen Leute. Mensch ist die Gattungsbezeichnung. Das Wort kannst du nur in einem Satz benutzen wie: Menschen sprechen, Hunde bellen.“ Felder machte eine Kunstpause und schaute Karl-Heinz scharf an. „Und das wussten Journalisten auch noch, als sie noch nicht ranschmeißerisches Fernsehen für die Menschen machten.“
Karl-Heinz sagte gar nichts.
„ Ist doch egal, Menschen oder Leute“, sagte Doreen. „Auf jeden Fall muss man festhalten, dass das deutsche Fernsehen noch relativ gut ist. Könnte schlimmer sein. Wie gesagt, hast du schon mal italienisches Fernsehen geschaut?“
„ Und was ist mit den ganzen Tiersendungen im deutschen Fernsehen?“ Felder legte sein Besteck zur Seite. Den Tonfall kannte ich. Sie hatten den Knopf gefunden.
Damals wollte ich Felder die Schüssel mit dem Reis reichen. Er aß zu wenig. Er sollte viel mehr essen. Damit er nicht irgendwann vom Fleisch fällt. Aber ich tat es nicht.
„Da hat er schon recht“, sagte Helmuts Schwester. „Davon gibt's schon ein bisschen viele.“
„ Warum, will ich gar nicht analysieren.“ Wieder Felder.
Oje, jetzt war ich sicher. Sie hatten den Knopf gefunden. Nun war Felder angeschalten.
„Was ist denn das Problem mit den Tiersendungen?“, fragte Doreen. Sie wollte es wirklich wissen.
Felder überlegte nicht. „Wer Tiere zu sehr liebt, hasst Menschen.“ Und mit einem sauren Lächeln in Karl-Heinzens Richtung. „Da kannste mal Menschen benutzen.“
„Quatsch! Das deutsche Fernsehen großes Kino. Die Vielfalt einmalig, das Programm gut für alle Altersgruppen.“
Felder legte wieder sein Besteck zur Seite und guckte Karl-Heinz intensiv an. Dann sagte er: „Gib mir Verben, Mann!“ Er nahm ganz ruhig sein Besteck wieder in die Hand und aß weiter.
„Noch mal?“, fragte Karl-Heinz erstaunt.
„ Gib mir Verben, Mann!“
„ In Ordnung, wenn dir das so wichtig...ist“, Helmut darauf schnippisch.
„ Das ist eine Berufskrankheit bei Kahei. Nimm ihm das nicht übel“, sagte Helmuts Schwester, um zu vermitteln. „Mich stört es auch manchmal.“ Sie schaute ihren Mann an. „Ganz schön.“
Felder lächelte sie dankbar an.
„Danke, Schatz, dass du mich so unterstützt.“ sagte Karl-Heinz leicht angefressen. „Wo wir gerade?“
„ Ihr habt nur Glück, dass da draußen in der Welt kaum jemand Deutsch versteht.“ Felder! „Aber wenn ich ihr wäre, würde ich trotzdem meinen Herrgott anflehen, dass niemand von eurem Fernsehen auf euch selbst schließt. Wie gesagt, beten würde ich!“
„ So, würdest du?“ Friedrich war nicht der einzige, dem das nicht gefiel.
„ Würde ich.“ Felder legte wieder sein Besteck zur Seite. „Denn die Bedeutung des Fernsehens für eine Nation heutzutage kann man ja kaum überschätzen. Denn was ist eine Nation anders als ein großer Stamm mit Fernsehen. Niemand fährt herum und trifft alle Stammesmitglieder, um sich mit ihnen auszutauschen, ja noch nicht einmal die meisten. Er sieht sie im Fernsehen. Das Fernsehen ist so etwas wie der Dorfplatz, mit den Trommeln, dem Austausch, den Riten und Versammlungen. Wie gesagt: Jemand könnte versuchen von eurem Fernsehen auf euren Stamm zu schließen.“
Felder ließ seinen Blick in der Runde wandern. „Und es sind ja nicht nur die Tiersendungen.“
„Da gehst du zu weit. Du darfst doch nicht das ganze Fernsehen nach ein paar Sendungen bewerten.“ Doreen tat immer noch so, als würden wir diskutieren, als würde Felder nicht sein vorgefertigtes Urteil sprechen. „Klar gibt's ne Menge Müll im Fernsehen. Aber man muss natürlich auch Müll machen, um ein paar gute Sachen retten zu können. Da muss man realistisch sein.“
„ Gut, dann lass uns realistisch sein.“
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