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Schönheit der toten Mädchen

Schönheit der toten Mädchen

Titel: Schönheit der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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geworden.
    »Ihretwegen bin ich hier, Verehrtester«, öffnete Fandorin zum erstenmal die Lippen. »P-Plaudern wir ein wenig?«
    Er faßte den Fabrikanten mit zwei Fingern am Handgelenk und schritt rasch zu der verschlossenen Tür des Bankettsaals. Es war zu sehen, daß diese Finger über besondere Eigenschaften verfügten, denn der korpulente Hausherr krümmte sich vor Schmerz und trippelte hinter dem Dunkelhaarigen mit den weißen Schläfen her. Die Lakaien standen wie festgewurzelt. Der Bär setzte sich unverzüglich hin und wiegte dümmlich den zottigen Schädel.
    An der Tür drehte sich Fandorin um.
    »Viel Spaß noch, meine H-Herren. Kusma Sawwitsch wird mir derweil einige Erklärungen geben.«
    Das letzte, was Fandorin wahrnahm, bevor er den Gästen den Rücken zukehrte, war der konzentrierte Blick Sacharows.
     
    Die im Bankettsaal gedeckte Tafel war märchenhaft schön. Der Kollegienrat warf einen flüchtigen Blick auf das Spanferkel, das, umrahmt von goldfarbenen Ananasscheiben, friedlich vor sich hin döste, auf den furchtgebietenden Stör in Aspik, auf die kunstvoll arrangierten Salattürme, auf die roten Zangen der Hummer, und ihm fiel ein, daß er wegen der mißglückten Meditation um sein Mittagessen gekommen war. Macht nichts, tröstete er sich. Konfuzius hat gesagt: Der Edle sättigt sich durch Enthaltung.
    Am anderen Ende des Saals leuchteten die roten Hemden und Tücher des Zigeunerchors. Als die Sänger sahen, wie der Hausherr von einem schnurrbärtigen Stutzer am Handgelenk hereingeführt wurde, unterbrachen sie ihre Probe mitten im Wort. Burylin winkte ihnen mit der freien Hand ärgerlich zu: Es gibt nichts zu gaffen.
    Die Solistin, mit Bändern und Münzketten behangen, verstand diese Geste falsch und sang mit Bruststimme:
     
    »Ach, nicht als seine Braut,
    ach, ihr nicht angetraut …«
     
    Der Chor fiel dumpf, mit einem Viertel seiner Kraft ein:
     
    »führt er das Liebchen fein
    wohl in das Kämmerlein …«
     
    Fandorin ließ die Hand des Millionärs los und wandte ihm das Gesicht zu.
    »Ich habe Ihr Päckchen erhalten. Soll ich es als G-Geständnis ansehen?«
    Burylin rieb sich das weiß verfärbte Handgelenk und sah Fandorin neugierig an.
    »Sie haben ja eine Mordskraft, Herr Kollegienrat. Sieht man Ihnen gar nicht an. Was für ein Päckchen? Und was für ein Geständnis?«
    »Sehen Sie, auch mein Titel ist Ihnen bekannt, obwohl Sacharow ihn vorhin nicht genannt hat. Sie haben das O-Ohr abgeschnitten, niemand sonst. Sie haben Medizin studiert, und Sie waren gestern bei Sacharow. Ist das Ihre Handschrift?«
    Er hielt dem Fabrikanten das Packpapier hin.
    Burylin warf einen Blick darauf und griente.
    »Wessen sonst. Also hat Ihnen mein Geschenk gefallen?Ich hatte Anweisung gegeben, daß es zur Mittagszeit zugestellt wird. Ist Ihnen nicht der Bissen im Halse steckengeblieben? Wahrscheinlich haben Sie eine Sitzung einberufen, verschiedene Versionen konstruiert. Nun, ich gestehe, ich habe ein Faible für Späße. Als der Sprit gestern abend Sacharows Zunge löste, bin ich auf diesen Streich verfallen. Haben Sie von dem Londoner Mörder Jack the Ripper gehört? Er hat sich mit der dortigen Polizei auch so ein Ding geleistet. Bei Sacharow lag auf dem Tisch eine Frau, mausetot, rotblond. Ich hab mir unbemerkt ein Skalpell gegriffen, still und leise das Ohr abgeschnitten, in ein Tuch gewickelt und eingesteckt. Sacharow hat Sie schon sehr plastisch beschrieben, Herr Fandorin, er sagte, Sie wären imstande, jeden Knoten zu lösen. Und er hat nicht gelogen, Sie sind ein interessantes Exemplar. Solche Leute mag ich, weil ich auch so bin.« In den schmalen Augen des Millionärs war ein verschlagenes Glitzern. »Machen wir es so. Sie vergessen meinen Scherz – er hat sowieso nicht geklappt. Und Sie begleiten uns. Wir lassen die Puppen tanzen. Im Vertrauen gesagt, ich habe mir einen famosen Jux für diese Quacksalber, meine alten Bekannten, ausgedacht. Bei Madame Joli ist schon alles vorbereitet. Morgen wird sich ganz Moskau den Bauch halten vor Lachen. Kommen Sie mit. Sie werden es nicht bereuen.«
    Da donnerte der Chor plötzlich mit voller Kraft:
     
    »Kusja-Kusja-Kusja-Kusja,
    Kusja-Kusja-Kusja-Kusja,
    Kusja-Kusja-Kusja-Kusja,
    Kusja, trink auf ex!«
     
    Burylin warf nur einen Blick über die Schulter, und das Geschrei brach ab.
    »Sind Sie oft im Ausland?« fragte Fandorin.
    »Hier bin ich oft.« Den Hausherrn schien der Themenwechsel nicht zu verwundern. »Aber im Ausland lebe ich. Was soll

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