Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt
Spiels lief sehr wahrscheinlich nur in Ihrem Kopf ab. Hinschreiben hätte viel zu lange gedauert, und es war ja oft sofort klar, was am Ende herauskommt.
2. Sie haben die Methode von Versuch und Irrtum angewendet, genau wie der Wissenschaftler in seinem Labor. Und Sie haben wahrscheinlich gerade aus den »Fehlschlägen« gelernt. Ein Verdoppeln der Ausgangszahl 20 hat Sie schnell in die Nähe des Ziels gebracht, aber Sie haben dort ein neues Problem entdeckt: Sie brauchen eine 1 bzw. eine ungerade Zahl, um die Aufgabe zu lösen. Diese Erkenntnis hat Sie höchstwahrscheinlich auf den richtigen Weg geführt.
Auch hier haben Sie wahrscheinlich verschiedene Lösungsansätze mehrfach ausprobiert, sie mutiert und schließlich denjenigen ausgewählt, der Ihnen am meisten erfolgversprechend erschien. Die Evolution fand diesmal quasi in Ihrem Kopf statt. In welcher Reihenfolge Sie die Ansätze ausprobiert haben und wie schnell Sie auf den Lösungsweg gekommen sind, hängt von vielen externen Faktoren ab: von Ihrer Übung im Lösen mathematischer Probleme zum Beispiel, Ihrer genetischen Veranlagung oder von Ihrer »Intuition«, die letztlich nur eine Summe von Erfahrungen mit anderen Problemlösungssituationen ist. Diese Einflüsse aus Ihrem bisherigen Leben sind sehr stark zufallsgeprägt. Wahrscheinlich werden keine zwei Leser dieses Buches exakt dieselbe Reihenfolge von Gedankenschritten durchlaufen, auch wenn sie am Ende auf dieselbe Lösung kommen.
Etwas ganz Ähnliches läuft im Kopf eines Ingenieurs ab, der einen neuen Motor konstruiert, oder bei einem Designer, der eine neue Verpackung für Haarshampoo gestaltet. Verschiedene Ideen werden im Kopf »ausprobiert« und gegebenenfalls mutiert, bevor sie überhaupt zu Papier gebracht werden: »Man könnte vielleicht Teil X verlängern ... nein, das geht nicht, das passt dann nicht mehr in Gehäuse Y ... andererseits, wenn ich Teil Z um 90 Grad drehe . ich muss dann nur die Antriebswelle anders aufhängen .«
Bei dieser Vorgehensweise führen mehr oder weniger zufällige Assoziationen (»das ist ja so ähnlich wie bei ...«) zu Mutationen (»dann könnte man ja ...«), die danach einen Selektionsprozess durchlaufen (»nein, das geht nicht, weil ...«). Nach einigen Anpassungskreisläufen kommt dabei vielleicht eine Idee heraus, die geeignet erscheint, das Problem zu lösen. Diese Idee wird dann in die nächste Stufe des Evolutionsprozesses überführt, indem sie zum Beispiel berechnet, konkret im Computer entworfen oder mit einem Kollegen diskutiert wird. Dabei werden viele weitere Mutations- und Selektionsschritte durchlaufen.
Wir können aus den obigen Beispielen folgern, dass der Zufall beim Lösen von Problemen und bei der Entwicklung neuer Produkte und Technologien eine wichtige, wenn auch nicht die einzige Rolle spielt.
Wenn das Produkt schließlich »erfunden« ist, also ein exakter Konstruktionsplan vorliegt, ist es mit der Mutation in aller Regel noch nicht vorbei. Denn nun muss die ursprüngliche Idee an den »Reproduktionsapparat«, also die Fertigungsmöglichkeiten, angepasst werden. Die Überlegung, wie etwas hergestellt wird, spielt natürlich schon bei der Produktentwicklung eine wichtige Rolle, aber oft ergeben sich Änderungen noch im Produktionsprozess.
Zu Anfang meiner beruflichen Laufbahn hat mir ein Un-ternehmensberater-Kollege, der gerade für einen großen Automobilhersteller arbeitete, einmal gesagt: »Bei denen weiß keiner genau, wieso am Ende ein Auto rauskommt.« Er hatte das scherzhaft gemeint, aber mich hat dieser Satz nie losgelassen.
Heute weiß ich, dass mein Kollege, wahrscheinlich unbewusst, den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Die Produktion von etwas so Kompliziertem wie einem Auto, das aus mehreren zehntausend Teilen besteht, ist natürlich selbst ein hochkomplexer Prozess. Es gibt zwei Möglichkeiten, einen solchen Prozess zu organisieren. Die eine ist die, jeden einzelnen Handgriff am Reißbrett zu planen und den Arbeitern genau vorzuschreiben. So hat es der legendäre Henry Ford gemacht, der Begründer der Serienfertigung im Automobilbau.
Es hat sich allerdings seit Henry Fords Tagen gezeigt, dass diese Vorgehensweise nicht optimal ist.
In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde in den Hawthorne-Werken in Illinois ein interessantes Experiment gemacht. Um den Einfluss guter Beleuchtung auf die Arbeitsproduktivität zu testen, wurde die Beleuchtungsstärke bei einer Testgruppe von Arbeitern verändert. Eine
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