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Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Titel: Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt
Autoren: Karl Olsberg
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Playstation als klarer Marktführer gegenüber Anbietern wie Nintendo, Sega und Microsoft durch. 2007 gelang Nintendo mit der Wii ein spektakulärer Erfolg, der zumindest die Konkurrenten überrascht haben dürfte. Es zeigte sich nämlich, dass die spezielle Art der Interaktion mit dem Spiel - bei der Wii werden die Armbewegungen des Spielers mit einem speziellen Controller ins Spiel übertragen - einen ganz neuen Selektionsfaktor bildete und demgegenüber die Rechenleistung und Grafikauflösung in den Hintergrund traten.
    Bei diesen Beispielen wird deutlich, dass Marketing, strategische Allianzen und das Verhalten von Dritten im Markt einen wesentlichen Einfluss auf den Erfolg haben. Diese Faktoren kann man durchaus als Teil der Gesamtheit aller Produktmerkmale ansehen. Sie hängen aber eindeutig nicht allein von den Entscheidungen des Produktentwicklers ab und können deshalb als externe, nicht vorhersehbare Einflussfaktoren betrachtet werden.
    Halten wir also fest:
    -  Die Annahme, dass Produktentwicklung immer zielgerichtet erfolgt und der Zufall dabei keine Rolle spielt, lässt sich in der Praxis nicht bestätigen.
    - Gleiches gilt für die Selektion: Es herrscht harter Wettbewerb, dessen Verlauf von vielen Zufällen beeinflusst wird. Nicht immer setzt sich das »beste« Produkt durch.
    - Wenn Mutation und Selektion nicht rein zufällig, sondern zum Teil zielgerichtet erfolgen, hat dies allenfalls einen die Anpassung beschleunigenden Effekt, ändert aber nichts am grundlegenden Mechanismus der Evolution. Die Intention des Entwicklers ist nichts anderes als eine spezielle Form der Selektion.
    Damit ist der wichtigste Einwand gegen die Gültigkeit des Evolutionsprinzips in der technischen Entwicklung und in der Wirtschaft widerlegt. »Darwins Algorithmus« muss also einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der Technik haben.

1.5. Ein Reiskorn kommt selten allein
    Vielleicht kennen Sie die kleine Geschichte: Das Schachspiel begeisterte den Kaiser von China so sehr, dass er seinem Erfinder, einem sehr klugen Mann, einen Wunsch zu erfüllen versprach. Dieser wünschte sich nur 1 Reiskorn auf dem ersten Schachfeld, 2 Körner auf dem zweiten, 4 auf dem dritten und auf jedem weiteren Feld immer doppelt so viele wie auf dem Feld davor, bis das letzte Feld erreicht war. Der Kaiser, der nicht besonders gut in Mathematik war, gewährte den Wunsch. Wäre er tatsächlich in der Lage gewesen, ihn auch zu erfüllen, hätten auf dem letzten Feld 2 hoch 63 Reiskörner gelegen - ungefähr 9223 000000000000000000000 Stück. Das wäre genug Reis, um einen Güterzug zu füllen, der von der Erde bis zum Mars reicht.
    Ray Kurzweil benutzt diese kleine Geschichte in seinem Buch »The Age of Spiritual Machines« (auf Deutsch »Homo S@piens«), um einen exponentiellen Trend zu illustrieren. Er stellt fest, dass es die Eigenschaft von exponentiellen Trends ist, zunächst langsam und unmerklich zu wachsen. Auf Schachfeld 10 liegen gerade einmal 1024 Reiskörner - ein kleines Säckchen mit vielleicht 100 Gramm. Doch dann wird der Anstieg immer rasanter, das Schachbrett verschwindet unter Bergen von Reis, die bereits das ganze Land China bedecken, bevor das letzte Feld erreicht ist.
    Kurzweil behauptet, dass die Evolution einem solchen exponentiellen Trend folgt. Er begründet das damit, dass neue evolutionäre Errungenschaften in immer kürzeren
    Abständen auftreten, weil sie auf die jeweils vorher erzielten Errungenschaften aufbauen. Diesen Effekt nennt er das Gesetz des steigenden Ertragszuwachses: die Geschwindigkeit der Entwicklung (Ertragszuwachs) nimmt demnach stetig zu, weil jeder erreichte Entwicklungsstand die Entwicklungsgeschwindigkeit auf ein neues Niveau hebt. So wie die Zahl der Reiskörner, die auf jedes Schachfeld gelegt werden, durch die Zahl der auf dem vorigen Feld schon befindlichen Reiskörner bestimmt wird.
    Betrachten wir die Entwicklung des Lebens auf der Erde. Hat sich da tatsächlich etwas permanent beschleunigt? Und wenn ja, warum?
    Stellen Sie sich vor, die Geschichte der Erde wäre auf ein Jahr zusammengeschrumpft. Die Erde wäre dann am 1. Januar entstanden. Irgendwann Mitte Februar tauchen die ersten Einzeller auf. Erst im Oktober bilden sich die ersten mehrzelligen Lebewesen und kriechen irgendwann im November an Land. Ende November stampfen die ersten Dinosaurier durch die Schachtelhalm-Wälder. Kurz nach Weihnachten beendet ein gewaltiger Asteroideneinschlag ihre Herrschaft, die immerhin einen
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