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Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Titel: Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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bin lediglich ein entschiedener Gegner menschlicher Überheblichkeit und Arroganz.
    Maschinen haben einige Probleme verursacht, die es in dieser Form vorher nicht gab. Vor allem ihr Hunger nach Energie, den wir überwiegend in Form von CO 2 freisetzenden Prozessen stillen, aber auch ihre schwer zu bändigende Kraft, die immer wieder zu Unfällen führt, haben negative Konsequenzen. Aber im Großen und Ganzen sind Maschinen zweifellos unsere Freunde. Ohne ihre Hilfe hätte unsere Spezies vielleicht nicht überlebt - auf jeden Fall gäbe es heute weit weniger Menschen, und unsere Lebenserwartung wäre weitaus geringer.
    Wir leben mit Maschinen in Symbiose. Wir brauchen sie, und sie brauchen uns. Sie stellen Nahrung für uns her, transportieren uns, wärmen uns, spenden uns Licht, erklären uns die Welt. Wir reproduzieren, mutieren und selektieren sie, versorgen sie mit Energie und Rohstoffen. Wie die Bienen mit den Blumen leben wir mit den Maschinen in einem ausgewogenen System gegenseitiger Abhängigkeit.
    Das Problem ist allerdings, dass sich die Maschinen wesentlich schneller entwickeln als die Menschen. Sie passen sich immer besser an uns an, während wir uns nur sehr langsam an die Maschinen anpassen.
    Prima, könnte man meinen, dann ist ja alles gut - es wird sogar alles noch viel besser, denn wir müssen gar nichts tun, die Maschinen lesen uns irgendwann jeden Wunsch von den Augen ab.
    Doch diese Sichtweise ist naiv. Erinnern wir uns an die Blumen und Bienen: Blumen »wollen« bestäubt werden. Doch es liegt in der Natur der Evolution, dass sie dafür einen möglichst geringen »Preis« in Form von Nektar bezahlen möchten, denn eine Blumenart, die mit weniger Nektar dieselbe Bestäubungsrate erreicht, kann sich schneller ausbreiten, da sie weniger Energie für die Herstellung des Nektars benötigt. Also entwickeln die Blumen perfekte Locktechniken. Sie formen Blüten, die sich immer besser an die Wahrnehmung der Bienen anpassen, und versuchen, diese in die Irre zu führen, indem sie mehr von dem süßen Saft suggerieren, als tatsächlich vorhanden ist.
    Die Bienen reagieren auf diesen evolutionären Trick, indem sie ihre Wahrnehmung verbessern und noch genauer zwischen Formen und Farben der Blüten zu unterscheiden lernen. Ein »Rüstungswettlauf« beginnt. Man sieht an diesem Beispiel, dass auch eine symbiotische Lebensweise nicht ohne Konflikte zwischen den Symbiosepartnern abläuft: Jeder Partner möchte eigentlich lieber schmarotzen, als selbst etwas zur Gemeinschaft beizutragen. Die Evolution ist von Natur aus egoistisch.
    Wenn sich Maschinen (und ihre »Früchte«, die Produkte) immer besser an den Menschen anpassen, dann bedeutet das, dass sie uns immer besser manipulieren, immer mehr von uns bekommen, immer weniger dafür hergeben.
    Diese Behauptung klingt im ersten Augenblick sehr merkwürdig. Maschinen können doch nicht entscheiden, was wir mit ihnen machen, oder?
    Nein, entscheiden können sie das nicht, aber sie können uns beeinflussen. Und genau wie in der Natur versuchen sie, sich zu möglichst geringen Kosten auszubreiten. Dabei darf man den Begriff »Kosten« getrost wörtlich nehmen: Der Aufwand, den Maschinen treiben müssen, um unsere Bedürfnisse zu erfüllen, kostet tatsächlich Geld, und die Hersteller der Produkte und Maschinen sind bemüht, diese Kosten so gering wie möglich zu halten, um ihren Profit zu maximieren.
    Wir haben gesehen, wie uns Produkte im Supermarktregal manipulieren und verführen. Wir kaufen oft Dinge, die wir eigentlich gar nicht kaufen wollten, weil wir auf die »Tricks« der Produkte hereinfallen: Die Verpackung sieht größer aus, als sie ist; das Produkt erscheint hochwertiger; es wird uns unbewusst sexuelle Attraktivität oder Familienglück versprochen, obwohl das Produkt praktisch keinen nennenswerten Beitrag dazu leistet; ein bekannter Markenname suggeriert uns einen Qualitätsunterschied gegenüber anderen Produkten, der möglicherweise gar nicht vorhanden ist. Besonders raffiniert ist die Methode »künstlicher Verknappung«: Obwohl wir in einer Welt des Überflusses leben, suggeriert uns die Werbung, dass wir eine seltene Gelegenheit verpassen, wenn wir nicht jetzt sofort kaufen. Sie kennen die allgegenwärtigen Werbesprüche: »Sonderaktion«, »Einführungsangebot«, »Jetzt Prämie sichern«, »Nur noch bis zum 31. 12.« ...
    Die Werbe-Meme nutzen dabei unseren genetisch programmierten Hang, für die Zukunft vorzusorgen und günstige Gelegenheiten zu

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