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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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Platz, Kind«, ermahnte er sie. Ich wandte mich wieder dem Herd zu und hielt meinen Ärger durch wildes Rühren unter Kontrolle, während ich vier Esslöffel Rotweinessig hinzufügte. Es erschreckte mich, wie sehr Tom mich auf einmal aufbrachte. War er schon immer so gewesen oder lag es an meiner aktuellen Unzufriedenheit, dass ich plötzlich nur noch Fehler an ihm entdeckte? Dashier war der Vater meiner Kinder, rief ich mir in Erinnerung. Ich liebte ihn. Tom riss ein paar Schubladen auf und ließ jede halboffen stehen, bevor er sich an die nächste machte. Ich wusste, dass sich eines der Kinder früher oder später heftig den Kopf daran anschlagen würde. »Wo, hast du gesagt, sind die Messer jetzt?«, wollte er wissen.
    »Am gleichen Ort wie seit unserem Einzug«, stieß ich durch zusammengebissene Zähne hervor, drehte mich vom Herd weg und schob dabei die Schubladen mit der Hüfte zu, Sekunden bevor Olli aufstand und eine davon um Millimeter verfehlte. Ich schnappte eine Faust voll Besteck und drückte es Tom in die Hand, da ich mir nicht zutraute, etwas Ziviles zu sagen. Auch seinen Blick mied ich. An der Art, wie er herumklapperte, konnte ich erkennen, dass er keine Ahnung hatte, wie sehr er mich nervte. Vielleicht war es besser so, dachte ich und brodelte im Einklang mit dem Essen vor mich hin.
    Meine Mutter hatte immer gesagt, man müsse an einer Ehe stets arbeiten. Bisher hatte ich um des lieben Friedens willen dazu stets weise genickt und mich im Stillen gefragt, was zum Henker sie damit meinte. Ihre Beziehung zu Dad schien ohne größere Mühen vor sich hin zu rattern, wie ein Haushaltsgerät, das nie kaputtging. Ihr zufriedenes, stetiges Brummen hatte die Hintergrundmusik zu meiner glücklichen Kindheit abgegeben. Nun wurde mir endlich klar, was sie das gekostet haben musste. Sie gaben sich mit einem Brummen zufrieden, obwohl sie sich auch voneinander hätten lösen und wilden Spaß haben können. Ich dankte dem lieben Gott dafür, dass sie dem nicht nachgegeben hatten –wer will schon, dass die eigenen Eltern ein aufregendes Leben führen? Eltern sind dazu da, einfach da zu sein, nicht um sich zu amüsieren. Ich war diejenige, die interessante Chancen und Möglichkeiten wollte. Nur dass sich mir gerade nicht annähernd so viele boten, wie ich es gerne gehabt hätte. Meine Welt war geschrumpft, und alles, was ich momentan sehen konnte, waren vier Wände, die bedrohlich dicht beieinanderstanden. Machte die Ehe das zwangsläufig mit einem?
    Ich vermute, ich war davon ausgegangen, dass Tom und ich immer so vergnügt sein würden wie in den ersten Jahren. Da war alles bestens gewesen. Mühelos sogar. Bevor die Kinder kamen, lebten wir einen romantischen Traum. Ich erinnerte mich dunkel daran, dass wir total verliebt waren und fast pausenlos Sex hatten. Das schien ziemlich lange her zu sein. Es kam mir vor, als würde ich an ein weit entferntes Land zurückdenken, in dem ich einmal Ferien gemacht hatte. Einen Ort, an den ich, wie mir schien, nie würde zurückkehren können – denn ohne es zu merken, war mein Visum abgelaufen, während die Urlaubsfotos verblassten.
    Was war passiert? Tom hatte es genossen, mich seinen Freunden vorzustellen. Ich wiederum gab gerne bei meinen mit ihm an. Dann waren sie alle zu »unseren« Freunden geworden. Als die Kinder zur Welt kamen, warf uns das in einen Routinenebel aus Schlafmangel, in dem wir Windeln wechselten und Babys beruhigten. Jetzt waren die beiden etwas größer und nahmen uns nicht mehr völlig in Beschlag. Zum ersten Mal seit langem konnten wir Luft holen und einen kritischen Blick auf unsere Ehe werfen. Ich starrte zu Tom hinüber, der Messer und Gabeln achtlos auf dem Tisch verteilte. Er hatte diewieder zurückgelegt, die ich ihm gegeben hatte, und stattdessen nach unserem besten Besteck gegriffen, das für die Kinder viel zu groß war und das wir zudem später für die Gäste brauchen würden. Außerdem deckte er Gläser, die unser Nachwuchs innerhalb von Sekunden zertrümmern würde. Er wirkte zerknittert, geistesabwesend, müde, genervt. In diesem Moment sah er auf und bemerkte meinen Blick. Ich lächelte, aber es war eher ein Reflex. Er machte sich gar nicht erst die Mühe. Wir schauten beide weg. Es versetzte mir einen kleinen Stich, als ich mich wieder dem Eintopf zuwandte. Er sah auch nicht glücklicher aus, als ich mich fühlte. Die Situation konnte tatsächlich ernst sein. Zum Glück bot Kochen die perfekte Ablenkung. Denn während mein

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