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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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verlassen, wovon um alles in der Welt sollte ich dann leben? Unser Haus in England war vermietet, und sonst konnte ich nirgendwohin, schon gar nicht ohne Einkommen. Natürlich konnte ich bei meinen Eltern unterkriechen, doch man würde mich vermutlich schon nach wenigen Wochen voller endloser Berichte über den Kartenclub meiner Mutter in einer Zwangsjacke abführen müssen.
    Moment mal, worüber dachte ich hier eigentlich gerade nach? Mit einem Ruck richtete ich mich auf, während ich die ersten bemehlten Fleischstücke in das brutzelnde Fett der Pfanne warf, woraufhin das kräftige Aroma von gebratenem Fleisch die Küche erfüllte. Warum sollte ich Tom verlassen? Das war absurd. Also wirklich, hier stand ich mit meinen fünfunddreißig Jahren und zwei kleinen Kindern im Schlepptau und dachte darüber nach, mich von meinem Mann zu trennen, nur weil mich ein attraktiver Typ ein paarmal angelächelt hatte. Mit kleinen Fältchen um die Augen, die so einen hübschen Halbkreis bildeten. Mhm, sein Lächeln strahlte echtes Interesse und Wertschätzung aus. Und dann diese Augen – diese hypnotisierenden braunorange gefleckten Augen, wie die einer Katze oder, tief durchatmen, eines Tigers. Sein Blick jedenfalls ließ mich kaum daran zweifeln, woran er dachte. Garantiert nicht an Croissants. Außer vielleicht für danach.
    Das Brutzeln verwandelte sich zunehmend in ein Zischen – schnell riss ich die Pfanne vom Herd und stach, wütend auf mich selbst, mit dem Bratenheber auf dieFleischbrocken ein. Zum Glück waren sie nicht richtig angebrannt, sonst wäre mein Eintopfgericht statt einer Hommage an Belgien zu einem beleidigenden schwarzen Hexengebräu geraten. Unter Rühren fügte ich fünf kleingewürfelte Zwiebeln hinzu und versuchte, meine Gedanken nicht wieder abdriften zu lassen, während das Gemüse seinen Saft ausschwitzte und die Dämpfe mich in den Augen bissen. Diese Gefühle waren einfach so ungewohnt, diese schmachtenden Mag-er-mich-wirklich-Tagträume, diese verschwommenen Fantasien über eine gemeinsame Zukunft für den Geschäftsmann und mich, händchenhaltend, an einem Küchentisch, mit zufriedenem Lächeln Croissants essend, während uns die Kinder begeistert anstrahlten. Er trug dabei immer einen Mantel, denn anders hatte ich ihn nie zu Gesicht bekommen. Ich konnte mich in meiner Vorstellung noch nicht dazu bringen, ihm selbigen oder irgendetwas anderes auszuziehen. Das war mir zu nahe am Ehebruch. Mit mir Croissants zu essen war in Ordnung. Schließlich hatte Tom dazu mehr als genug Gelegenheiten, doch er schlug sie immer wieder aus.
    Ich wusste allerdings, dass die Chancen, je glücklich mit dem Geschäftsmann und den Kindern dazusitzen, minimal waren. Nur mal angenommen, er mochte mich wirklich (bitte, bitte), mal angenommen, wir verliebten uns und würden ein Paar, dann würde Tom alles daransetzen, dass ich die Kinder nie wieder zu Gesicht bekäme. In einer solchen Situation würde er vermutlich zu weniger höflichen Mitteln greifen. Er hätte zwar keine Ahnung, was er mit ihnen anstellen sollte, aber er würde seine Kinder bestimmt nicht widerstandslos an einen anderen Mann abtreten. Ich seufzte tief. Natürlichwürde es ihm nicht gelingen, mich von ihnen zu trennen – dazu bräuchte er eine Brechstange und eine Billion Anwälte –, doch ich war mir sicher, er würde sein Möglichstes tun, uns alles zu vermiesen.
    In diesem Augenblick kam Tom in die Küche und fasste mich um die Taille. Schlechtes Timing. Ich griff nach einem Bund frischer Petersilie und entwand mich seiner Umarmung. Zum ersten Mal hielt ich seine Berührung einfach nicht aus. Meine Fantasien in Sachen Geschäftsmann waren noch zu frisch. Von meinen düsteren Scheidungsgedanken ganz zu schweigen. Außerdem wusste ich genau, dass er bloß versuchte, sich bei mir einzuschmeicheln, weil ihm mit etwas Verspätung klargeworden war, dass er wieder mal nichts zu den Vorbereitungen dieser Dinnerparty beigetragen hatte.
    »Wenn du etwas Nützliches tun willst, dann deck den Tisch fürs Abendessen der Kinder«, sagte ich und erschrak über meinen niedergeschlagenen Tonfall. Schließlich war es nicht Toms Schuld, dass er kein sexy Geschäftsmann aus Belgien war. Ich schenkte ihm ein kleines Lächeln als Wiedergutmachung für mein unfaires Verhalten, und er trottete zur Besteckschublade hinüber, wobei er beinahe Maddies kleine Händchen unter seinem riesigen Fuß zerquetscht hätte. Sie suchte Schutz unterm Tisch. »Mach mal ein bisschen

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