Schokoherz
ich mir ja denken können! Hatte ich eigentlich auch. Dieser Vollidiot! Er war unverbesserlich. Aber es war nichts passiert. Ich zerrte einen dicken Packen Taschentücher aus der Box und schnäuzte mich. »Nein, nein, nicht du, Trudie. Das hast du falsch verstanden. Ich habe nicht du, sondern Lou gesagt, du weißt schon, meine Freundin aus der Redaktion.«
»Tolle Freundin«, meinte Trudie bloß.
Ich saß eine Weile zitternd da, während Trudie mir die Schulter tätschelte. Ich hatte ja immer gewusst, dass Tom anderen Frauen schöne Augen machte. Schließlich war Penny damals vollkommen offen mit mir gewesen. Doch wie ich Lou kannte, konnte ich mir schwer vorstellen, dass es beim Blickkontakt geblieben war. Schließlich war Lou ziemlich körperbetont.
»Weißt du denn sicher, dass da was läuft? Und hast du ihn schon zur Rede gestellt?«, fragte Trudie leise, während sie gleichmäßig weitertätschelte. Einerseits war es tröstlich, andererseits kam ich mir langsam doch ein klitzekleines bisschen wie ein Schoßhündchen vor.
»Nein. Ich habe es gerade erst erfahren.«
»Was ist dein Plan? Und von wem weißt du es? Ich meine, was hat der-oder diejenige davon, dir so etwas zu erzählen?«
Ich schnüffelte vor mich hin, verblüfft über Trudies Scharfsinn. Sie hatte recht. Ich brauchte einen Plan. Und Pete hatte in der Tat ein Motiv. Falls er tatsächlich selber in mich verliebt war, wie er behauptete, dann war er auch daran interessiert, dass meine Ehe in die Brüche ging.
»Willstdu verheiratet bleiben? Oder ist dir mehr nach einer netten, chaotischen Scheidung wie der Hälfte unserer Freundinnen hier? Was ist mit den Kindern? Wie werden die damit klarkommen?«
Ich blickte auf Maddie hinunter. Etwas verstört durch die ungewohnten Tränenströme in Mummys Gesicht, sah sie mich mit riesengroßen Augen an. Die eine Faust hatte sie in den Mund gesteckt, um heftig darauf herumzukauen, und mit der anderen streckte sie mir einen aufgeweichten Haargummi von Lola entgegen, den sie zuvor eingespeichelt hatte. Mit diesem Geschenk wollte sie mich wohl aufheitern. Mein Herz zog sich vor lauter Liebe zusammen, und ich drückte sie rasch ganz fest an mich. »Tut mir leid mit dem Haargummi«, murmelte ich an Trudie gewandt.
»Keine Sorge, Lola hat Tausende davon«, erwiderte sie gelassen, und ich wusste, dass das tatsächlich der Wahrheit entsprach. In Lolas Kleiderschrank gab es ein spezielles Fach für Haargummis. Allerdings hatte sie auch eines für Haarspangen, Haarreifen, Taschen und Schmuck – Letzterer natürlich unterteilt in Modeschmuck und echten. »Ich koch uns mal einen Tee«, schlug Trudle vor.
Während sie in der Küche vermutlich alle Oberflächen noch spiegelblanker polierte, hatte ich Zeit, über meine verschiedenen Möglichkeiten nachzudenken. Da wäre also die Scheidung. Oder verheiratet bleiben. Und drittens Axtmord. Momentan erschien mir letztere die weitaus befriedigendste Lösung. Zwar besaß ich keine Axt, aber die Baumärkte in Belgien waren gut bestückt. Andererseits gäbe das, wie Trudie mich sicher warnenwürde, eine ziemliche Sauerei. Möglicherweise war es auch schwieriger, ah man dachte wie so oft bei praktischen Dingen, wie zum Beispiel dem Auswechseln von Wasserhahndichtungsringen. War Anne Boleyn nicht mit einem Schwert geköpft worden, weil das effektiver war als eine Axt? Ein Schwert zu finden wäre aber weitaus kniffliger. Ich konnte mal bei eBay nachsehen, aber die Paketdienste hier waren nicht sonderlich zuverlässig. Außerdem wäre es ehrlich gesagt schwierig, das Ganze den Kindern zu erklären. »Wo ist Daddy?«, würde Oliver vermutlich früher oder später fragen. »Ach, den hat Mummy in Stücke gehackt«, würde ich dann antworten müssen. Falls ich überhaupt damit durchkam. Wenn nicht, würde uns nicht viel Zeit für Unterhaltungen dieser Art bleiben, außer wenn sie mich einmal im Monat im Holloway-Gefängnis besuchten. Ich sah schon vor mir, wie die Kinder ihre Händchen gegen die Trennwand aus kugelsicherem Glas drückten. Oder gab es die nur in amerikanischen Kittchen? Holloway spielte vermutlich eher in der Resopaltisch-Sperrholz-Liga, aber darüber wollte ich lieber gar nicht erst nachdenken. Mord war verführerisch – sehr verführerisch aber ich würde mich nicht dazu hinreißen lassen.
Also blieb wohl noch die Scheidung.
»Meinst du, ich sollte mich von ihm scheiden lassen?«, fragte ich mit zittriger Stimme, als Trudie mit einem Tablett zurückkam.
Sie sah
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