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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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an den Möbeln herumgekaut, das arme Ding. Und dann gab es noch einen schweren Unfall mit Olli!« Oliver blickte feierlich zu mir auf und streckte mir einen Finger entgegen, der mit einem riesigen Superman-Pflaster umwickelt war. »Mein tapferer Schatz!«, lobte ich und vergewisserte mich mit einem Blick noch mal schnell bei Lorna, dass er sich nicht ernsthaft verletzt hatte. Sie schüttelte unmerklich den Kopf. Olliliebte Pflaster und das Rampenlicht. Er nickte gravitätisch. Ja, er war wirklich sehr tapfer gewesen, jetzt, wo ich es erwähnte. Seiner Meinung nach verdiente er großes Lob, und das nahm er auch mit der Würde eines Staatsmannes entgegen.
    »Und du gehst jetzt in den nächsten Club?«, fragte ich Lorna, während ich ein Bündel Geldscheine aus meiner Tasche kramte und ihr in die erwartungsvolle Hand drückte.
    »Jetzt? Machst du Witze?« Lorna war fassungslos. »Ist doch noch viel zu früh. Zuerst geh ich ein paar Stunden was trinken, damit ich auch richtig in Stimmung bin, wenn ich im Club aufschlage«, erklärte sie lässig und warf sich ihren grellen Rucksack über die Schulter. Dann gab sie jedem der Kinder einen schmatzenden Kuss und schlenderte in die Nacht hinaus. Manchmal fragte ich mich, ob sich Lorna und Louise auf ihren nächtlichen Streifzügen wohl jemals begegneten. Sie hatten dieselbe Vorliebe für Alkohol und hingen die meiste Zeit an Orten herum, die ich mied wie die Vorhöfe der Hölle. Immerhin verdiente Lorna ihr Geld auf anständige Art und Weise. Wenn sie es dann mit Rum – gefolgt von Aspirin – durchbringen wollte, war das ihre Sache. Ich hoffte nur, dass sie nach ihrem durchfeierten Wochenende noch genügend Energie hatte, am Montag wieder aufzutauchen und wie ein halbwegs vernünftiger Mensch zu funktionieren. Aber ich war zuversichtlich. Lorna war ein echter Glücksfall.
    Endlich alleine mit den Kindern! Wir kuschelten uns gemeinsam aufs Sofa, wo Oliver von seinen Heldentaten berichtete: Unzählige Male hatte er Lorna und Madeleine mit seinem erfundenen Maschinengewehr erschossen.Olli besaß natürlich kein Spielzeugmaschinengewehr, das ließ mein liberales Gewissen einfach nicht zu.
    Tom dagegen hätte seinem heißgeliebten Sohn ein ganzes Waffenarsenal zu Verfügung gestellt. Doch um Spielzeug zu kaufen, muss man nun mal in einen Spielwarenladen gehen, und er war immer viel zu beschäftigt damit, irgendwelche Staatsgeheimnisse aufzudecken. Deswegen war Olli zu einem Meister darin geworden, Stöcke, Löffel oder Stifte in Kalaschnikows zu verwandeln. Im letzten Urlaub, als wir nach Portugal flogen, hatte er im Flugzeug keine besagten Stöcke, Löffel oder Stifte zur Hand gehabt. Daher biss er den Keks, den er mit seinem Mittagessen bekommen hatte, sorgfältig in Pistolenform. Den restlichen Flug über erschoss er damit die Stewardess und war glücklich und zufrieden. Madeleine, die Ollis Gemetzel normalerweise völlig kaltließ, hatte für diesen Tag definitiv genug. Wegen ihres neuen Zahns klammerte und fieberte sie, das arme Lämmchen, und bohrte ihren Kopf in meine Halsbeuge.
    Nach einer Stunde merkte ich, dass ich unser Gekuschel nicht viel länger ausdehnen konnte, sosehr ich die Kinder auch genoss. Madeleine rieb sich mit ihren geballten Fäustchen die Augen, und auch Olli, der bis eben noch durch sein imaginäres Digitalteleskop geschaut hatte, bekam ganz glasige Augen. Schon wieder Zeit fürs Bett. Ich nahm die beiden auf die Arme und wankte wie ein Mama-Koalabär mit seinen Jungen in die Diele. Im selben Moment hörten wir dort das verheißungsvolle Geräusch eines Schlüssels im Schloss – Tom! Einerseits hüpfte mein Herz vor Freude, andererseitsschielte ich schuldbewusst auf die Uhr. Fünf nach acht. Er war früh dran. Und ich spät!
    Ich sollte vielleicht erwähnen, dass Tom zehn Jahre älter ist als ich. Manchmal kommt mir dieser Abstand nur wie ein paar Minuten vor. Und bei anderen Gelegenheiten, wie jetzt zum Beispiel, scheint uns ein Jahrhundert zu trennen. Denn Tom gehört tatsächlich zu einer anderen Generation. Positiv daran ist, dass er tadellose Manieren hat, was ich irgendwie total sexy finde. Aber dafür hat er ganz genaue Vorstellungen, was die Kindererziehung betrifft. Geprägt ist er da von der höllischen Zeit mit seiner eigenen Mutter. Für ihn besteht das Leben aus Regeln und Abmachungen: Man öffnet seinen Mitmenschen die Türen, aber kindliche Wutanfälle werden streng bestraft. Als Kind musste er immer um sechs im Bett sein. – Ja, um

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