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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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hervor.
    JaneChampion schüttelte den Kopf. Wenn sie lächelte, breitete sich neben ihren recht müden blauen Augen ein Netz von Fältchen aus. Ich konnte ihren Duft riechen – ein Hauch von Miss Dior, mit dem sie zweifelsohne jeden Morgen sorgfältig ihre Handgelenke betupfte. Ich selbst hielt mich in Sachen Parfum an das Motto »Ganz oder gar nicht«. An manchen Morgen begoss ich mich mit meinem aktuellen Lieblingsduft – normalerweise etwas Warmes mit Gewürznote wie Femme de Kochas, Chanel No 5 oder Allure. Und manchmal vergaß ich es einfach. »Sie werden es ohnehin nicht erraten, deswegen erzähle ich es Ihnen«, fuhr Champion fort. »Die Bilder wurden von Gefängnisinsassen gemalt.«
    »Tatsächlich?« Ich reckte den Hals, um noch genauer hinzusehen. Plötzlich bekam das Bild des schwebenden Mannes einen ganz neuen Sinn: Er schwebte aus seiner Zelle.
    »Sie sitzen alle lebenslänglich. Höchststrafe, sollte ich wohl sagen. In den Gefängnissen verkümmern viele Talente. Ich habe mich bemüht, wenigstens diese Begabungen freizusetzen«, sagte sie. Als ich sie so im Profil sah, begriff ich vielleicht zum ersten Mal, wie viel Macht diese Frau eigentlich hatte. Auf ihre Verfügung hin konnten diese Gefängniskünstler tatsächlich ihre Freiheit wiedererlangen. Na gut, da gab es noch Gerichte und Richter, aber ich war mir sicher, dass sie das schon irgendwie hinbiegen konnte, wenn sie wollte.
    »Setzen wir uns doch!« Jane Champion musste nur ihre Hand auf eine Stuhllehne legen, und schon riss ihn der Assistent zu ihrer Rechten für sie nach hinten und ließ sie Platz nehmen, während die Assistentin zur Linken fein säuberlich Mappe, Stift und Block auf dem Tisch vorihr arrangierte. Beide musterten sie prüfend, kontrollierten Stimmung, Stresslevel und mögliche Probleme. Der rechts war ein dünner junger Mann im Anzug, während zu ihrer Linken eine eher pummelige Frau um die dreißig bereitstand. Beide hatten denselben Gesichtsausdruck – wie ängstliche Mütter, die ihr Kleinkind zum ersten Mal alleine im Kindergarten zurücklassen müssen. Ich unterdrückte ein Lächeln Jane Champion setzte sich und ignorierte ihre Helfer völlig. Anscheinend hatte sie sich inzwischen an ihren Begleitschutz gewöhnt.
    Ich nahm ihr gegenüber Platz und ließ meine Tasche auf den Tisch fallen, alles in allem etwas weniger elegant und akkurat als Jane Champion. Sie beobachtete mit höflichem Interesse, wie ich nach Block und Stift kramte. Sobald ich den ersten Kugelschreiber, der mir in die Hand fiel, kritzelnd ausprobiert hatte, merkte ich, dass er leer war, schüttelte ihn wie wild und suchte dann nach einem anderen. Ich packte den neuen Stift, schlug meinen Block auf und öffnete meinen Mund für die erste Frage. Da schoss der rechte Handlanger von seinem Stuhl hoch. »Tee?«, fragte er.
    »Hm, ja gerne«, erwiderte ich gnädig. Aber jetzt wollte ich wirklich anfangen. Die Zeit lief mir davon, und ohne Zweifel lauerte in ihren Kalendern bereits der nächste Termin.
    »Also, Bella. Wie lautet Ihre erste Frage?« Jane Champion neigte sich mir zu, in ihrer Stimme schwebte ein Hauch Herablassung. Nur für einen Augenblick spielte ich in meinem Kopf das Schokoladenspiel. Welche Sorte wäre Jane Champion? Keine richtige Schokolade, beschloss ich. Nein, eher ein Keks. Ein Chocolate Chip Cookie? Nein, für ein solches Kompliment war sienicht nett genug. Ein Müslikeks? Nein dafür war sie zu raffiniert. Ah! Plötzlich hatte ich es. Sie war wie trockenes, altes Teegebäck, das ganz hinten in der Dose liegenbleibt, gut erhalten, aber an den Ecken bereits etwas abgebröckelt. Mit einiger Mühe riss ich mich von diesen Überlegungen los und wandte mich meiner eigentlichen Aufgabe zu.
    »Also, was meine Leser wirklich interessieren würde ... wo ist Ihre Handtasche?«, platzte ich heraus. Wo war diese Frage nur hergekommen? Ich war genauso verblüfft wie Champion und ihre Assistenten, während meine neue Freundin mit klingelnden Zöpfchen überrascht den Kopf zurückwarf. So hatte ich das absolut nicht geplant. Um Himmels willen! Wofür hatte ich mich das ganze Wochenende mit Kriminalitätsraten, Zuwanderungsbeschränkung und anderen ernsten Themen herumgeschlagen? Die Sache mit der Handtasche war eigentlich als kleiner Nachtrag gedacht, ehe ich die Hochzeitsbombe platzen ließ. Wahrscheinlich lag es am Schokomangel, dass mein Hirn nicht mehr richtig arbeitete. Mist, und wie sollte ich jetzt weitermachen? »Wissen Sie, ich bin mir nicht

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