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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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sicher, ob das überhaupt von Bedeutung ist. Außerdem, Mrs Richardson, sollten Sie nicht als Erstes noch etwas erledigen?«, fragte der Typ rechts.
    Ich sah ihn überrascht an. »Was meinen Sie?«
    »Nehmen Sie Ihre Interviews nicht normalerweise auf Kassette auf? Wir – das heißt das Innenministerium – machen jedenfalls unseren eigenen Mitschnitt.« Er deutete in eine Ecke des Raums, wo das Zöpfchen-Mädchen gerade eine neue Kassette auspackte und in den Rekorder schob.
    »Abernatürlich, ich weiß gar nicht, warum ...« Ich brach ab. Aber natürlich wusste ich, woran es lag. Am Schokoentzug. Vielen Dank, Gemma! Natürlich war mir bewusst gewesen, dass das Innenministerium unser Gespräch aufzeichnen würde. Klagte nicht Tom immer, dass das in Regierungskreisen ganz selbstverständlich so gehandhabt wurde? Ich biss die Zähne zusammen und fischte mein Aufnahmegerät heraus. Zum Glück waren die Batterien nicht leer. Ich drückte den Aufnahmeknopf.
    »Also, wo waren wir. Ach ja, Frau Ministerin, die Leser der Daily News machen sich große Sorgen wegen der vielen Asylbewerber ...« Das klang doch schon viel besser. Während sie ihre Antwort herunterleierte, konnte ich mich ein wenig entspannen. Da ich die Kassette hatte, würde ich mir nur knappe Notizen machen, und sie konnte so viel erzählen, wie sie wollte. Sobald sie sich in Fahrt geredet und die wichtigsten Punkte abgehakt hatte, würde ich auf die Handtasche zurückkommen und sie dann mit der Frage nach der Hochzeit schachmatt setzen.
    Mit einem diskreten Klopfen trat eine junge Frau mit vollbeladenem Tablett ein. Tee, sehr schön. Und wenn ich mich nicht irrte, war da ein großer Teller mit Keksen. Kein Teegebäck, wie ich bemerkte. Sie waren sogar noch einfacher und langweiliger – Vollkornkekse, unterstes Niveau. Genauso gut konnte man Stroh essen, also wirklich. Normalerweise würde ich so etwas keines Blickes würdigen, aber heute, in meiner Not, war mir jede Kalorie willkommen. Mit etwas Glück würden sie wenigstens meinen bohrenden Hunger stillen. Ich nahm eine Tasse entgegen und bekam den Teller angeboten.Ich schnappte mir den vordersten Keks – immerhin weiß ich, was sich gehört – und legte ihn auf meinen Unterteller, um ihn für später aufzuheben. Der Keksteller machte die Runde. Ich sah auf, um Jane Champion eine weitere Frage zu stellen. In diesem Moment bemerkte ich aus dem Augenwinkel, wie der rechte Assistent sich einen Keks nahm. Ehe er hineinbiss, drehte er ihn um. Schokolade! Fieberhaft untersuchte ich meinen eigenen Keks. Nichts. Auf beiden Seiten todlangweilig. Hey, die hatten mich ausgetrickst! Ich blickte angesäuert auf und bemerkte, wie er mich anlächelte, während er in die knackige Schokoladenschicht biss. Mhm. Ich konnte sie beinahe schmecken! Rasch wandte ich den Blick ab, aber es war schon zu spät. Meine Konzentration war beim Teufel. Irgendwoher ertönte ein gedämpftes »Klick«, und ich merkte, dass Jane Champion aufgehört hatte, über die Kriminalitätsrate zu sprechen, die seit ihrem Amtsantritt leicht gesunken war. Ich wandte mich ihr zu. Sie und ihre beiden Lakaien sahen mich erwartungsvoll an und starrten dann auf mein Aufnahmegerät.
    »O Mist! Neue Kassette. Einen Moment«, plapperte ich und fummelte schon wieder in meiner Tasche herum. Ich wusste, dass irgendwo eine leere Kassette sein musste, ich hatte sie noch heute Morgen eingepackt. Wo war sie nur? Meine Hand tastete den Tascheninhalt ab – Make-up, Geldbörse, aber definitiv keine Kassette. Verdammt. Plötzlich fiel mir wieder die demütigende Taschenleerung ein. Bei dieser Gelegenheit war die Kassette offenbar unter meinen Schreibtisch gefallen, und ich hatte sie in meinem verwirrten Zustand nicht mehr aufgehoben. »Scheiße, Scheiße«, murmelte ich.
    »Wiebitte?«, erkundigte sich Jane Champion.
    »Oh, nichts, gar nichts«, antwortete ich betont unbekümmert. Dann hatte ich eine Eingebung: die Innentasche, die Gemma gefilzt hatte! Dort befand sich eigentlich immer eine Kassette. Ich machte schnell den Reißverschluss auf und steckte mit einem stummen Gebet meine Hand hinein. Gott sei Dank! Meine Finger ertasteten eine Kassette. Ich zerrte sie ans Tageslicht. »Oh!«, sagte ich etwas skeptisch. Die Assistenten, Jane Champion und das Zöpfchen-Mädchen reckten den Hals. Es lag tatsächlich eine Kassette auf dem Tisch, aber sie war völlig mit Schokolade verschmiert, mit alter, vertrockneter Schokolade, um genau zu sein. »Äh, da ist anscheinend

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