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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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wütend mein Aufnahmegerät zurückgestopft, als Gemma schon wieder nach meiner Tasche griff. »Halt, halt. Hat jemand die Innentaschen kontrolliert?«
    »Die Innentaschen?«, wiederholte Louise verständnislos.
    »Na klar, diese Tasche hat bestimmt einige davon. Sehen wir doch mal nach, was sie da noch verstaut hat«, tönteGemma und fummelte an den Reißverschlüssen herum. »Ha, ich hab die letzten Reserven entdeckt!«, rief sie triumphierend und hielt ein paar Lindt-Täfelchen hoch, damit sie auch jeder sehen konnte. Mist, ich hatte gehofft, dass mir wenigstens die sicher wären. Pete warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu, ehe er sich seinem klingelnden Telefon zuwandte. Auch Louise schüttelte sorgenvoll den Kopf. »Bella, du schaffst das. Es ist doch nur ein einziger Tag, der dir vor Augen führen wird, dass du auch ohne Schokolade leben kannst. Du wirst mir dafür noch dankbar sein.«
    Ich suchte krampfhaft nach einer witzigen Erwiderung, die meine tiefe Verachtung zum Ausdruck bringen, würde sowie die verschwindend geringe Wahrscheinlichkeit, dass ich ihr jemals für einen solchen Verrat dankbar sein würde. Außerdem sollte sie wissen, wie sehr ich diesen schokofreien Tag ablehnte und wie abgrundtief ich Gemma hasste. Aber mir fiel leider nichts Besseres ein als ein vernichtendes Schnauben.
    Ich sackte auf meinem Stuhl zusammen und versuchte, meine Jane-Champion-Artikel einigermaßen zu sortieren; den entscheidenden über die Hochzeit legte ich ganz oben auf den Stapel. Mutlosigkeit überwältigte mich. Das konnte ich vor diesem wichtigen Interview absolut nicht brauchen. Louise wandte sich zum Gehen, wurde dann doch weich und umarmte mich rasch. »Es wird dir guttun«, flüsterte sie mir ins Ohr, bevor sie auf ihren Platz zurückschlenderte, wobei der Anblick ihres winzigen Minirocks die Kollegen vom Sport abrupt verstummen ließ. Gott, wie ich es hasste, wenn mir jemand etwas Gutes tun wollte!
    EineStunde später hatte ich wirklich alles gelesen, was jemals über Jane Champion geschrieben worden war. Ich überprüfte zweimal, ob auch wirklich noch niemand von der überstürzten Hochzeit berichtet hatte, und kontrollierte dreimal, ob ich auch richtig gerechnet hatte – herzlichen Dank an Miss Wilson, unsere Mathelehrerin. Aber sooft ich die Fakten verglich, ich kam zu demselben Schluss: Die tugendhafte Jane Champion war bei ihrer Hochzeit schwanger gewesen! Endlich war ich startklar. Und außerdem hatte ich schrecklichen Hunger. Normalerweise hätte ich zu diesem Zeitpunkt meine erste Lindt-Tafel verspeist, um im Anschluss gleich über Schokorosinen nachzudenken. Selbstverständlich über ein Päckchen von ihnen und nicht über eine einzige, mikroskopisch kleine Schokorosine. Aber egal. Während ich einen neuen Notizblock und eine Handvoll Kugelschreiber in meine Tasche stopfte, wusste ich, dass ich in Kürze in einem Taxi in Sicherheit sein würde. Auf dem Weg zum Interview würde ich den Taxifahrer an einem Kiosk halten lassen und eine Notfallration kaufen. So würde ich – außer Sichtweite der blöden Gemma und der anderen – meinem Hungertod gerade noch ein Schnippchen schlagen.
    Als ich zum Lift schlenderte, hörte ich das Trippeln kleiner Schühchen hinter mir. Ohne Zweifel Denise, die mich in letzter Minute noch mit überflüssigen Tipps für das Interview gängeln wollte. Wegen dieser unangenehmen Schokoladengeschichte hatte ich absolut keine Zeit mehr gehabt, mit ihr über meine Entdeckung zu sprechen, und jetzt passte es mir noch viel weniger. Ich drehte mich um. Es war Gemma! Genauso schlecht, wennnicht gar schlimmer. Und sie hatte ihren Mantel an.
    »Warte, Bella. Ich muss in die gleiche Richtung. Wir können uns ein Taxi teilen und der Redaktion Geld sparen!«, rief sie weithin hörbar. In dem Moment kam der Chefredakteur in einem Anzug vorbei, der fast so viele Falten hatte wie seine Stirn. Als Herrscher übers Budget schenkte er Gemma prompt eines seiner seltenen Lächeln. Anscheinend hatte sie das Talent ihrer Mutter geerbt, Führungskräfte einzuwickeln.
    »Du weißt doch gar nicht, wohin ich fahre«, versuchte ich sie abzuwimmeln.
    »Ich nehme an, ins Innenministerium«, erwiderte Gemma. Mit einem breiten Grinsen stolzierte sie in den Lift. Verdammt, sie hatte mich erwischt.
    Vierzig frostige Minuten später spuckte mich das Taxi auf dem Bordstein direkt vor dem Innenministerium aus. Gemma winkte mir fröhlich vom Taxi aus zu, das schlingernd anfuhr. Der Verkehr war entsetzlich und

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