Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
Vom Netzwerk:
Schuld war, kein totaler Schiffbruch, und dass die Regierung lügt. Kein Zweifel, dass Jane Champion bei ihrer Hochzeit schwanger war. Aber was heißt das schon heutzutage? Ohne ein Knallerzitat ist es nicht viel wert. Außerdem kann es sich keine Zeitung leisten, den guten Draht zum Innenministerium zu riskieren. Wir können niemanden einstellen, der mit dem System in Konflikt geraten ist. Die Politiker würden alle mit ihren Neuigkeiten zu anderen Zeitungen rennen. Deshalb können wir unsere politische Berichterstattung nicht einer Journalistin opfern, die offen gestanden ziemlich Mist gebaut hat.«
    Ich schluckte. Alan war sehr direkt, vielleicht etwas zu direkt. »Und warum können wir uns nicht gegen sie stellen? Was ist aus unserer Solidarität geworden?«, fragte ich und fühlte mich dabei recht erbärmlich.
    Alan lachte eine Weile aus vollem Hals, und als er wiedersprechen konnte, sagte er noch etwas freundlicher: »Vielleicht gibt dir jemand in ein paar Monaten eine Chance, wenn sich die Lage wieder beruhigt hat. Natürlich ohne Foto oder Namensnennung. Vielleicht könntest du ja ein paar Schnipsel für den Terminkalender schreiben, über ein paar Veranstaltungen am Sonntag berichten, etwas in der Art. Aber im Moment bist du eine Persona non grata, fürchte ich. Deine Chance, in der Feuilletonredaktion einer Zeitung eine Stelle zu bekommen, ist in etwa so groß wie die eines Hofnarren.«
    Ich schluckte wieder. Die Enttäuschung machte mir zu schaffen, aber wenigstens wusste ich jetzt, woran ich war. Langsam legte ich den Hörer weg. So sah die Sache also aus. Ich war wie erstarrt. In diesem Augenblick läutete das Telefon und ich ging sofort dran, in der Hoffnung, dass es sich irgendjemand doch noch anders überlegt hatte. Wer würde es wohl sein? Denise? Oder einer ihrer Konkurrenten, der begierig darauf war, mich in sein Team zu holen? Augenblick. Es war nur Penny. Obwohl es großartig war, dass sie anrief, war ich trotzdem total enttäuscht.
    »Wie geht es dir, meine Liebe?« Mitgefühl schwang in Pennys Stimme mit. »Ich hab es im Lehrerzimmer gerade aus dem Fernsehen erfahren. Eigentlich dürfen wir ja nicht gucken, aber heute sollte der Kultusminister einen Kommentar zur Lese-und Schreibkompetenz der Schüler abgeben. Und dann warst auf einmal du auf dem Bildschirm! Ich hab nur noch den Schluss gesehen. Du Arme! Diese Jane Champion hab ich ja noch nie gemocht. Sie war schon immer eine selbstgefällige Kuh. Dir geht's bestimmt ganz schrecklich. Soll ich nach der Schule bei dir vorbeikommen?«
    »Oja, vielen Dank, Penny.« Aus Dankbarkeit schossen mir Tränen in die Augen. Ihre liebenswerte, warmherzige Art machte mir erst bewusst, wie schwer es gewesen war, diesen Tag zu überstehen und auch noch die Kinder vor dem Wissen zu beschützen, dass etwas ganz furchtbar schiefgelaufen war. Ich sah kein Land mehr. Und das Schlimmste war, dass ich nicht einmal für einen Tapetenwechsel nach draußen gehen konnte, aus Angst, dass uns die Journalistenmeute verfolgen würde, die anscheinend immer noch vor der Tür lauerte. Wahrscheinlich hätte ich ihnen Tee kochen und sie auf meine Seite ziehen sollen. Aber nachdem wir alle in derselben Branche arbeiteten, war es mir einfach zu peinlich. Nach meinem groben Schnitzer stieg wahrscheinlich die Nachfrage nach digitalen Aufnahmegeräten auf dem neuesten Stand der Technik rapide an. Wenigstens würde mein Bruder Robert davon profitieren. Die Kleingeräteabteilung bei John Lewis war sicher gerammelt voll.
    Penny erzählte in ihrer netten Art wie immer von ganz alltäglichen Dingen. Ich war ihr so dankbar. Für eine Weile konnte ich den Schlamassel vergessen, in dem ich steckte. Jetzt musste ich nur noch ein paar Stunden durchhalten, dann konnte ich die Kinder ins Bett stecken, für mich und Penny eine Flasche Wein aufmachen und alles rauslassen.
    In der Zwischenzeit mussten wir uns mit dem Gärtchen hinter dem Haus behelfen. Immerhin war der Garten damals beim Hauskauf ein wesentliches Kriterium gewesen. Er war so groß, dass die Kinder darin wild herumtoben konnten (sie waren noch sehr klein). Ich widmete mich solange meinen sorgenvollen Gedanken. Wennich nicht einmal als Freie arbeiten konnte und überhaupt keine Hoffnung auf eine Festanstellung bestand – und eigentlich brauchte ich etwas Festes, um die Rechnungen zu bezahlen – was um Himmels willen sollte dann aus uns werden? Sogar dieser winzige Flecken Grün in Fulham, mit seinen, äh, üppigen Büschen, die

Weitere Kostenlose Bücher