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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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dringend sprechen. Er wird mir wahrscheinlich auch einen Rüffel mitgeben ... aber da muss ich durch. Bis später.«
    »Was? Ach ja, bis später.« Wie in Zeitlupe legte ich auf, während mein Hirn summte. Brüssel. Hm, Brüssel. Ich hatte nie auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht, England zu verlassen, aber ich hatte bis jetzt auch keinen solchen Mist gebaut. Plötzlich erschien mir die Idee ausgezeichnet, eine Menge klares blaues Wasser zwischen das Jane-Champion-Fiasko und mich zu bringen, wenn man den Ärmelkanal als blau bezeichnen kann. Das eröffnete ganz neue Perspektiven.
    Nachdem ein Kind mit Schlafen und das andere mit der totalen Zerstörung unserer grünen Grundstücksgrenzen beschäftigt war, beschloss ich, ein bisschen zu recherchieren. Brüssel. Was wusste ich darüber? Eigentlich nichts, außer dass es angeblich langweilig war. Und gab es da nicht diesen Witz darüber, dass es unmöglich war, zehn berühmte Belgier aufzuzählen? Bestimmt gab es viel mehr über die Stadt zu wissen. Ich tippte »Brüssel« in den Computer ein, und schon bald schlenderte ich virtuelle belaubte Boulevards entlang, sah mir merkwürdige Monumente an und bekam einen ersten Eindruck von der Stadt. Sie sah absolut nicht langweilig aus. Tatsächlich besaß sie sogar etwas fremdländischen Glanz. Ich setzte mich auf. Vielleicht lohnte es sich wirklich, darüber nachzudenken! Zu schade, dass ich keinen Reiseführer zur Hand hatte.
    Ich überflog gerade eine Liste mit Brüssels Sehenswürdigkeiten, als mir etwas ins Auge stach.
    Eshandelte sich um ein Wort, ein wundervolles Wort, das wahrscheinlich überhaupt mein Lieblingswort ist. Es lautet natürlich: Schokolade. Wahrscheinlich sind Sie mir Meilen voraus. Sie waren schon einmal in Belgien, vielleicht sogar schon in Brüssel – und haben wahrscheinlich jeden erhältlichen Reiseführer gelesen. Dann wissen Sie auch von der belgischen Schokolade.
    Theoretisch hatte ich natürlich auch schon von belgischer Schokolade gehört. Jeder, der so viel Schokolade wie ich in sich hineingestopft – äh, probiert – hatte, war zwangsläufig schon damit in Berührung gekommen. Das versteht sich von selbst. Und mir war bereits aufgefallen, dass sie wirklich fein schmeckte. Bekanntlich hatte ich nichts gegen Rosinen in belgischer Schokolade, und auch andere Köstlichkeiten hatte ich in großer Menge verschlungen. Aber ich muss gestehen, dass mir bis zu diesem Nachmittag die Bedeutung des Begriffs »belgische Schokolade« nie bewusst gewesen war. Bisher waren das nur zwei Wörter gewesen, die irgendwie zusammenhingen, wie »Schweizer Käse« oder »russisches Roulette«. Sie bedeuteten für mich einfach »leckere Schokolade«.
    Das heißt nicht, dass ich kein Fan war. Natürlich war ich das. Ich liebte das Zeug. Aber von der Schweizer Schokolade und auch von der französischen – hm, und eigentlich auch von der englischen, wenn Sie es genau wissen wollen – war ich immer genauso begeistert gewesen. Ich stehe auf Luxusgüter, das haben Sie inzwischen bestimmt gemerkt, aber ab und zu genieße ich auch gern eine einfache englische Vollmilchschokolade. Immerhin war ein Schokokuchen in den siebziger Jahren mein prägendstes Kindheitserlebnis gewesen, und derwar bestimmt aus nichts Edlerem als blassgrauer Kuvertüre hergestellt worden, die bestimmt irgendwann in den Achtzigern verboten worden war.
    Aber wie ich dank der belgischen Website jetzt begriff, hatte ich mich getäuscht. Schokolade aus der Schweiz, aus Frankreich und sogar England war auf ihre jeweils eigene Weise nicht schlecht. Aber die belgische Schokolade war die Krönung!
    So hatte ich an diesem Nachmittag eine kleine Erleuchtung. Wenn wir nach Brüssel zogen, dann würde ich dort leben, wo die beste Schokolade der Welt hergestellt wurde. Bei dem Gedanken daran überkam mich das gleiche Gefühl, das einen Alkoholiker übermannen würde, dem man auf einem Silbertablett den Schlüssel zu einer Whiskybrennerei überreicht.
    Sonnenklar, dass ich irgendwie an belgische Schokolade kommen musste, und glücklicherweise war Brüssel dafür der denkbar geeignetste Ort. Ich lehnte mich zurück und räkelte mich nach meiner langen Sitzung vor dem Computer. Durchs Fenster sah ich zu den Kindern hinaus. Ihnen ging es gut – Maddie schlief immer noch, und Olli zerlegte die Büsche. Zum ersten Mal seit Stunden lächelte ich wieder. Endlich hatte ich mein neues Ziel gefunden: Brüssel. Hatte das womöglich mit Flucht zu tun? Nein, definitiv

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