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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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schön zu wissen, dass er und Lou auf meiner Seite waren.
    Ich stand auf und streckte mich. Schon dieser kurze Einblick in die Arbeitswelt hatte mich unruhig gemacht. Ich sah auf die Uhr. Wow, schon fast zwölf. Ich ging am vorderen Fenster vorbei und hörte ein Murmeln. Seltsam. Vorsichtig hob ich einen Zipfel des Vorhangs, der immer noch zugezogen war, und spähte hinaus. Sofort schwoll das Stimmengewirr an. Und in dem Moment, als ich den Vorhang schockiert wieder fallen ließ, zuckte ein Blitzlichtgewitter auf. Ich konnte es einfach nicht fassen. Um ein Haar hätte ich nicht verhindern können, dass von mir ein ebenso wenig schmeichelhaftes Foto veröffentlicht wurde wie seinerzeit von der armen Cherry Brown. Ich leistete stumme Abbitte, als ich daran dachte, wie ich mich über ihren scheußlichen Bademantel mokiert hatte. Dann zog ich meinen eigenen alten rosa Morgenmantel enger um meine Kurven. Ich hatte immerhin sehen können, dass auf der anderen Straßenseite ein knappes Dutzend Journalisten warteten, die total durchgefroren und stocksauer aussahen. Und wenn ich mich nicht getäuscht hatte, dann stand dort auch ein Kamerateam mit einem dieser pelzigen Mikrophone, dieaussahen wie ein Kuscheltier auf einem Stock. Was um Himmels willen hatten die vor? Es gab doch wirklich genügend echte Neuigkeiten dort draußen in der Welt, auch ohne ein Statement meiner langweiligen Wenigkeit. Trotzdem fühlte ich mich irgendwie geschmeichelt. Es ist doch etwas anderes, ob man über eine Sache berichtet oder ob man selbst die Story ist. Ich rannte mit den Kindern nach oben, um ihnen vorsichtshalber ihre Sonntagskleider anzuziehen und mir Make-up aufzulegen. Dann rief ich sofort Tom an, um ihm von meinem Fanclub da draußen zu erzählen. Er klang beunruhigt.
    »Bella, hör mir bitte zu. Diese Leute sind nicht auf deiner Seite. Versprich mir, dass du nicht mit ihnen sprichst. Ich weiß, dass es verlockend ist, aber ...«
    »Ich dachte nur, Tom. Soll ich ihnen nicht meine Sichtweise erklären? Wie sollen sonst alle erfahren, dass das Innenministerium lügt?«
    »Ach, Bella. Alle wissen, dass die Regierung Lügen verbreitet. Anscheinend alle außer dir. Je weniger du sagst, desto besser. Außerdem, wenn du mit ihnen sprichst, müsstest du zugeben, was mit der Kassette schiefgelaufen ist. Wie würde das denn aussehen! Du würdest im besten Fall völlig inkompetent wirken.«
    »Ach, Tom, das ist jetzt aber ungerecht! jedem kann doch mal ein Stück Schokolade oder so etwas ...«
    »Bella, denk einfach mal zwanzig Sekunden nach, dann wirst du einsehen, dass ich recht habe. Mit der Kassette hast du tatsächlich Mist gebaut, und wenn das alle wissen, dann bist du für keine Zeitung mehr einstellbar. Das Beste, was du tun kannst, ist, würdevolles Stillschweigen zu bewahren – nicht einfach, Schatz, ich weiß. Ich hoffe,dass die Leute von allein annehmen, dass das Innenministerium nichts Gutes im Schilde führt. Jetzt muss ich Schluss machen, in zehn Minuten habe ich Sitzung. Bis später.«
    Das Gespräch hinterließ bei mir einen schalen Nachgeschmack. Ich wusste, dass Tom mir keinen Vorwurf hatte machen wollen, und trotzdem. Heute brauchte ich seine Unterstützung und nicht noch mehr Schelte. Außerdem hatte er mich daran erinnert, dass alle hierhin und dorthin hetzten und ein geschäftiges Leben führten, während ich allein immer noch zu Hause herumsaß. Es war großartig, bei den Kindern zu sein, aber gerade fühlte es sich seltsam an, unter der Woche zu Hause zu sein. Da klingelte es an der Tür. Wir zuckten alle erschrocken zusammen. Ich linste durch den Spion, weil ich nicht von irgendwelchen aufdringlichen Journalistenkollegen kalt erwischt werden wollte. Auf der Treppe stand ein Motorradkurier mit einem großen braunen Umschlag in der Hand. Rasch öffnete ich die Tür, und das Journalistenpack auf der anderen Straßenseite stürmte sofort auf mich zu. Mit zittriger Hand unterschrieb ich, so schnell ich konnte, auf dem Clipboard und knallte die Tür zu. Uff, mir war nie klar gewesen, wie furchteinflößend eine Meute Journalisten auf der Türschwelle sein kann.
    Oliver und Maddie saßen ahnungslos im Wohnzimmer und stritten leise um Maddies Babyspielzeug, das Olli gerade für das Allertollste hielt, obwohl er es konsequent ignoriert hatte, solange es seines gewesen war. Sogar Maddie war inzwischen eigentlich zu alt dafür, aber sie musste es bloß anschauen, dann stürzte er sich schon daraufund drückte auf alle lärmenden

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