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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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drehte eine Pirouette. »Ich finde, es ist perfekt, du nicht?«
    Tom lehnte sich an den Türrahmen und lächelte wieder. »Perfekt«, stimmte er mir zu. Klang er ein wenig müde? Ich hielt kurz inne, doch dann schüttelte ich alle Zweifel ab, schnappte Ollis Hand, und gemeinsam rannten wir los, um den Rest zu erkunden. Da war das lange, schmale Esszimmer, dessen Fenster auf den Garten hinausgingen. Außerdem eine kleine Garderobe und ein Gäste-WC neben dem Eingang. Und es gab sogar eine große Waschküche mit einer beeindruckenden Anzahl von Schränken und einer eigenen Spüle.
    Im ersten Stock umrundeten wir das elegante helle Holzgeländer mit seinem glattgeschmirgelten Abschlussknauf – ich konnte mir nicht verkneifen, mit der Hand über die weichen Rundungen zu fahren – und begutachteten die vier großen Zimmer. Es gab nur ein Bad, das in einem futuristisch anmutenden Stil gehalten war. Garantiert würde ich mich beim Zähneputzen wie ein Komparse bei CSI Miami im Labor fühlen.
    »Das is' mein Zimmer«, verkündete Olli und marschierte ins Elternschlafzimmer mit der kleinen Ankleide. Ich wusste, dass Argumentierten nichts nutzen würde.Deshalb führte ich ihn einfach hinaus und um die Ecke zum größten der drei verbleibenden Zimmer. »Das is' mein Zimmer«, sagte er nun mit noch mehr Überzeugung, als wir auf der Schwelle standen. Dieses Mal pflichtete ich ihm nachdrücklich bei. Hier gab es genug Spielfläche für Maddie und ihn, und da ins drittgrößte Zimmer immer noch locker ein Doppelbett passte, würden sicher auch meine Eltern oder andere Besucher zufrieden sein.
    Da waren wir also. In unserem neuen, schönen Zuhause. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Es handelte sich um genau die Art von Haus, von dem die Einwohner von Fulham nur träumen können, wenn sie im Lotto gewinnen, einen Rockstar heiraten oder eine Bank ausrauben. Ein Einfamilienhaus mit Garten, frisch renovierter Küche und Bad, alles glänzend und geschmackvoll. Es war perfekt. Ich konnte es selbst kaum fassen. Und das Beste von allem war, dass es sich bereits wie ein Zuhause anfühlte. Ich hatte nicht den leisesten Zweifel daran, dass wir hier glücklich werden konnten.
    Ich wünschte, es wäre uns allen so gegangen.

9

    Mir blieb kaum Zeit, darüber nachzudenken, was passieren würde, wenn die Umzugswagen mit unseren Sachen nicht rechtzeitig kämen, da holperten sie auch schon brav übers Pflaster. Fast tat es mir ein bisschen leid. Es war eine Schande, den makellosen Minimalismus des leeren. Hauses mit den Tonnen von ausgeleierten Pullovern, alten Gummistiefeln und verblichenen Zeitschriften zu verschandeln, in denen einer von uns mal einen Artikel veröffentlicht hatte. Dazu rostige Töpfe, die meiner Meinung nach noch ein Jahr oder auch zehn durchhalten würden, und der ganze Rest unserer kunterbunten Besitztümer.
    Doch sobald meine wunderbar weichen Sofas auf beiden Seiten des gigantischen Kamins standen und im Obergeschoss alle Betten aufgebaut waren, fühlte ich mich wie die Hausbesitzerin, nicht bloß wie eine Mieterin. Ich griff zum Hammer, schlug einen Nagel in die Wand und hängte den großen Spiegel mit Goldrahmen über den Kamin. Dann stellte ich eine Armee von Kinderfotos auf. Na bitte! Wir waren zu Hause.
    Der Effekt auf die Laune der Kinder war sofort spürbar. Sie hörten auf zu streiten, waren nicht mehr pausenlos hungrig oder durstig, sondern ließen sich auf richtige Spiele ein, wie zu Hause auch.
    Ichhatte den Eindruck, dass Tom wesentlich länger zum Einleben brauchen würde als wir. Zum einen war es hier unfassbar still. Ich hatte unsere Straße in Fulham ja immer für Teil einer Wohngegend gehalten – zumindest hieß sie in der Beschreibung des Immobilienmaklers damals so – doch verglichen mit dieser kleinen rue hier war sie eher eine Autobahn. Wenn hier ein Vogel zwitscherte, durchschnitt das die Stille wie eine Kreissäge. Es gab auch keine Flugzeuge und, weil wir uns in einer Sackgasse befanden, nur wenig Verkehr. Ich hatte das himmlische Gefühl, rund um die Uhr Ohrstöpsel zu tragen. Für Tom jedoch, durch und durch Londoner, war diese Stille unbegreiflich. »Wo sind die alle? Was ist hier los? Das ist ja, als sei eine Neutronenbombe gefallen«, jammerte er an jenem ersten Morgen, als er aus dem Bett kroch. Ihm hatte das Londoner Schlaflied aus Sirenen, Autoalarmanlagen und LKWs gefehlt.
    Das Einzige, was mir Sorgen bereitete, war Olli und Maddies Krach im Garten. In Fulham hatten sie mit dem

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