Schokoherz
abgeschlossen worden – ganz wie versprochen, doch irgendwie hatte ich fast erwartet, übers Ohr gehauen zu werden – und ein wunderbarer Hauch Farbgeruch lag noch in der Luft. Terrakotta-und cremefarbene Fliesen zogen sich im Karomuster vom Eingangsbereich aus durch alle Zimmer.
Olli war sofort zu den drei Terrassentüren im Wohnzimmer gerannt, wo er sich nun die Nase am mittleren Fenster platt drückte und unseren armen neuen Nachbarn wilde Grimassen schnitt. Langsam schritt ich in die Mitte des Raumes und drehte mich einmal um die eigene Achse. Hm, das hatte ich wirklich gut gemacht. Ich war begeistert. Es handelte sich um ein sehr großes, langgestrecktes Zimmer, dessen Rückwand ein offener Kamin zierte. Himmlisch, da würden wir richtige Feuer machen, wenn die Kinder abends im Bett waren und sichnicht mehr selbst flambieren konnten. Das würde richtig gemütlich werden. Ja, sogar romantisch. Der geschwungene Kaminsims im Art-deco-Stil war aus sahnefarbenem Marmor, und unsere vielen Fotos würden sich darauf gut machen. Die drei hohen Fenster gingen zur Straße hinaus und auf ein ruhig wirkendes Haus, dessen Fenster sittsam mit dicken Netzgardinen verhängt waren. Ob dahinter wohl jemand unsere Ankunft beobachtete? Vielleicht eine potentielle neue Freundin? Sobald wir uns halbwegs eingelebt hatten, würde ich mich auf die Suche nach Spielkameraden für die Kinder machen. Es gab doch sicherlich nicht Besseres, sie hier heimisch werden zu lassen, als kleine Freunde in derselben Straße.
Jetzt die Küche. Sie war für mich der ausschlaggebende Punkt gewesen. Soweit ich das beurteilen konnte, schien einer der Hauptunterschiede zwischen belgischen und englischen Häusern in den Küchen zu bestehen. Während im Vereinigten Königreich selbst die bescheidenste Hütte eine voll ausgestattete, relativ neuwertige Küche besaß, lebten die Belgier offensichtlich in riesigen Kästen, brachten die Küche jedoch in einem Schrank im Keller unter oder taten so, als gäbe es sie gar nicht. Diese Abstellkammer war dann entweder mit ein paar superbilligen Plastikschränkchen oder einer langen Küchenzeile in Dunkelbraun eingerichtet, die oft von geblümten grell orangefarbenen Kacheln ergänzt wurde. Das Schlimmste daran war, dass es sich nicht um hippes Design im Stil der Siebziger handelte. Nein, dieses Zeug war original und seit über dreißig Jahren nicht angefasst worden. Wahrscheinlich befand sich in den Pfannen noch original eingebranntes Speisefett. Das ent spanntebritische oder amerikanische Konzept der Ess-, Fernseh-und allgemeinen Wohnküche schien noch nicht bis nach Belgien vorgedrungen zu sein. Das Haus, das ich ausgewählt hatte, besaß jedoch als eines der wenigen eine frisch aufgemotzte Küche, die auch noch großzügig geschnitten war. Den Bildern zufolge sollte man dort leicht einen Esstisch mit Stühlen unterbringen können. Würde sie die fotografischen Versprechen halten?
Sie tat es. Zum Glück, denn wie schon gesagt liebte ich meine alte Küche über alles, und eine enge Kochnische hätte mich sehr unglücklich gemacht (ob ich überhaupt hineingepasst hätte?). Aber hier hatte jemand anständig geplant. Na gut, sie war nicht unbedingt riesig, aber wenigstens akzeptabel, und die breiten Fenster überblickten einen schönen grünen Rasen. Die L förmige Küchenzeile war aus hellem Holz mit cremefarbener Marmorarbeitsplatte. Ich konnte es kaum erwarten, hier zu kochen.
Als ich mich lächelnd umdrehte, bemerkte ich, dass Tom mit eher düsterer Miene im Türrahmen stand. Als er meinen Blick sah, schenkte er mir ein breites, beruhigendes Lächeln, doch mir war seine versteinerte Miene nicht entgangen. Sie beunruhigte mich und trübte meine Freude über das neue Haus.
»Was ist los? Gefällt es dir nicht?« Rasch ging ich zu Tom hinüber.
»Doch, Bella, das hast du ausgezeichnet gemacht«, versicherte er mir betont munter. »Ich habe nur an die Kinder gedacht«, fügte er rasch hinzu.
»Inwiefern?« Maddie befand sich immer noch auf seinem Arm, den Daumen im Mund, und betrachtete mit großenAugen die neue Umgebung. Sie sah aus wie ein bezauberndes kleines Buschbaby, und ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihr einen dicken Schmatz auf die Wange zu drücken. Oliver rannte seit unserer Ankunft johlend durchs Wohnzimmer und markierte sein Territorium mit kleinen Hüpfern und Sprüngen.
»Ach, ich dachte nur, dass sie vielleicht die Wände verkratzen oder so«, meinte Tom.
»Ja, und wenn?« Ich
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