Schokolade für dich (German Edition)
Wochen dachte, stellte sie fest, dass das auf Gegenseitigkeit beruhte. Moms Liebenswürdigkeit und Kreativität, Cecilys harte Arbeit, Baileys unerschütterliches Vertrauen in sie – all das hatte wie eine Quelle gewirkt, die ihr Kraft gegeben und sie wie ein stetiger Strom vorangetrieben hatte. Sie stand tief in der Schuld ihrer Familie.
Am nächsten Tag gingen sie ins Spoonie’s, eines der neuen, angesagten Restaurants in Los Angeles. Besonders bekannt war es für Suppen, selbst gebackenes Brot und die vielen exotischen Eissorten, die es zum Dessert gab. Die Einrichtung war schlicht, aber sehr originell. Passend zum Namen hingen Windspiele aus alten Silberlöffeln von der Decke, und auch die Wände waren mit Löffelsammlungen geschmückt. Die Tische waren mit weißen Leinentischtüchern und kleinen Vasen mit seidenen Gänseblümchen gedeckt – ein kleines bisschen Nostalgie in dieser Stadt, die sonst neue Trends setzte. Das Restaurant war brechend voll, und obwohl sie reserviert hatten, bekamen sie nur einen Tisch direkt neben der Küche. Bailey musste ihren Stuhl ganz nah an den Tisch heranschieben, damit sie nicht von der Küchentür getroffen wurde, wenn die aufschwang.
Trotzdem war es nicht schwierig, Mimi LeGrande in dem Gewimmel auszumachen. Sie war eine knabenhafte Frau so um die vierzig, mit kurzem dunklen Haar. Sie trug Jeans, einen schwarzen Pullover und den auffallenden, aber wunderschönen Schmuck, für den sie bekannt war. Sie saß da und redete mit einem Mann, der entweder ihr Produzent oder irgendeine andere wichtige Persönlichkeit war. Fasziniert betrachtete Samantha Mimis Halskette, die aus rosa und schwarzen Perlen sowie funkelnden Steinen (wahrscheinlich Swarovski) bestand, und bekam feuchte Hände. Lag es daran, dass sie neidisch war, oder einfach daran, dass ihr auf einmal bewusst wurde, welche Möglichkeiten da drüben warteten … und Kaffee tranken?
„Wie gut, dass wir schon jetzt hier sind“, sagte Samantha zuBailey. „Wären wir später gekommen, hätten wir sie womöglich verpasst.“
„Die essen aber auch echt früh zu Mittag.“ Bailey blickte auf ihr Handy. „Es ist doch erst kurz nach zwölf.“
Gerade war der Kellner zu ihnen gekommen, um sie darüber zu informieren, was heute auf der Speisekarte stand, als Bailey hinüberdeutete und meinte: „Oh verflixt. Sie gehen schon. Schnell!“ Sie sprang auf und schob den Stuhl zurück. Im selben Moment kam ein weiterer Kellner aus der Küche. Er trug ein großes Tablett mit einer Suppenterrine und tiefen Tellern darauf. Und weil Bailey Bailey war, prallte sie natürlich mit diesem Tablett zusammen.
Wie ein Jongleur schwankte der Kellner zur Seite und versuchte alles im Gleichgewicht zu halten.
Wahrscheinlich wäre ihm das auch gelungen. Wenn Bailey nicht die Hand ausgestreckt hätte, um ihm zu helfen, das Tablett gerade zu halten. „Es tut mir leid“, sagte sie bedauernd.
„Ich hab’s schon.“ Als er versuchte ihr aus dem Weg zu gehen, geriet das Geschirr ins Rutschen.
„Vorsicht!“, rief der Kellner, der an ihrem Tisch stand.
Doch es war zu spät. Schon kam der nächste Kellner aus der Küche, auch er mit Tellern und einer Suppenschüssel beladen. Innerhalb von Sekunden landete alles mit einem lauten Scheppern auf dem Boden. Bailey stand da und starrte entsetzt auf das Chaos, das sie angerichtet hatte. Samantha saß solange auf ihrer Seite des Tisches und lief dunkelrot an. Mein Gott, war das peinlich!
Mimi und ihr Begleiter schauten sich das Spektakel kurz an, während sie sich von ihrem Tisch entfernten. Ach, das Fußvolk mal wieder.
Mist. So konnte man die Kapazität, was Schokolade anging, definitiv nicht beeindrucken.
Aber es war Samanthas einzige Chance. Sie holte tief Luft, ließ Hurrikan Bailey allein, um mit dem Desaster fertig zu werden, und eilte hinter Mimi her.
An der Tür hatte sie zu ihr aufgeschlossen. „Ms LeGrande!“
Die Frau drehte sich um und hob eine Augenbraue. Kenne ich Sie?
„Ich glaube, Sie haben gar keinen Nachtisch gegessen“, sagte Samantha. „Ich bin Samantha Sterling, meiner Familie gehört Sweet Dreams Chocolates, und ich würde Ihnen gern eine kleine Kostprobe unserer Pralinen mitgeben.“ Sie hielt Mimi die Schachtel hin, die mit einer rosa Schleife verziert war. Mimi hatte einfach keine andere Wahl, als sie zu nehmen (jedenfalls nicht, wenn sie auch nur einen Funken Anstand hatte).
Mimi betrachtete die Schachtel. „Sweet Dreams?“
Offensichtlich hatte sie noch nie
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