Schottische Engel: Roman (German Edition)
überraschte, schlägt er mich bei dem geringsten Anlass. Ich halte das nicht mehr aus.«
»Wer schlägt dich? So etwas gibt es doch gar nicht mehr, wir leben in einer zivilisierten Welt.« James war empört, seine Stimme bebte vor Zorn.
»Donald, mein Mann, schlägt mich, ich bin am ganzen Körper verletzt. Nur ins Gesicht schlägt er nicht, da hat er Angst, Fremde könnten es bemerken.« Sie weinte wieder und verbarg ihr Gesicht in den Händen.
Vorsichtig zog James die Hände herunter. »Aber Isabelle, warum bist du nicht längst hergekommen, warum hast du dir keine Hilfe geholt? Du hättest ihn anzeigen können.«
»Ich habe mich geschämt und gefürchtet, wenn er es bemerkt hätte, wäre er noch brutaler geworden.« Sie schluchzte. »Wer kann mir schon helfen, wer bin ich denn? Er ist der berühmte Professor Donald Lloyd, ihn kennt die ganze Stadt. Ich bin doch nur ein unbedeutendes Anhängsel.«
»Nicht doch, Isabelle, du bist eine bezaubernde Frau und du hast Rechte wie jeder Bürger dieser Stadt. Und diese Rechte bedeuten, dass dir geholfen wird, wenn du Hilfe brauchst, ganz gleich welcher Art.«
Sie weinte wieder. »Aber ich weiß doch nicht einmal, an wen ich mich wenden könnte. Einen Rechtsanwalt habe ich nicht, den könnte ich auch gar nicht bezahlen. Und einfach so zur Polizei gehen, das kann ich nicht. Die lachen mich doch aus. Womöglich sagen sie, ein Mann habe das Recht, seine Frau zu schlagen, wenn sie ungehorsam ist.«
»Isabelle, wie kannst du so etwas sagen?« James war schockiert. »Wir leben doch nicht im Mittelalter. Warum hast du keinen Arzt aufgesucht?«
»Welchen denn? Ihr Ärzte steckt doch alle unter einer Decke. Donald hätte es erfahren, bevor ich wieder zu Hause angekommen wäre. Ich wusste nur, dass du mir vielleicht helfen würdest. Immerhin hat er uns beide beim Flirten erwischt.«
»Mein Gott, Isabelle, das nennst du flirten? Wir haben getanzt, wir haben gelacht und etwas getrunken, was ist denn daran falsch oder schockierend?«
»Es ist so falsch und so schockierend, dass ich weder liegen noch stehen, noch sitzen kann, weil mein Körper mit Striemen bedeckt ist.«
»Was?« Er starrte Isabelle fassungslos an.
»Ich brauche dich als Arzt, James, ich kann meine Rückenwunden nicht selbst behandeln.«
James war entsetzt. »Komm mit ins Bad, ich seh' mir die Wunden sofort an.«
Er half ihr aus dem Sessel und führte sie nach oben in sein Bad. »Zieh dich aus.« Er holte Salben, Tinkturen und Verbandszeug aus einem Schrank und legte frische Handtücher bereit. Isabelle legte Kleid und Unterkleid ab. »Das Hemd kann ich nicht ausziehen, es klebt an meinem Rücken fest.« Sie weinte wieder.
»Komm, ich helfe dir.« Als Mann war er entzückt von dem zarten, attraktiven Körper der jungen Frau, als Arzt war er schockiert. Blutige Striemen bedeckten ihren Rücken, das Gesäß, die Oberschenkel, und sogar die Brust war nicht verschont worden. »Um Gottes willen, womit hat er dich geschlagen? Das sieht ja fürchterlich aus.«
»Mit einer alten Reitgerte.«
»Isabelle, ich versorge deine Wunden, aber dann erstatten wir Anzeige wegen schwerster Misshandlung.«
»Das geht nicht, das kann ich nicht«, wimmerte sie. »Alles wird nur schlimmer, wenn es in der Stadt bekannt wird. Ich habe nicht den allerbesten Ruf, weil ich früher etwas leichtsinnig war, und er ist der berühmte Professor. Nein, James, das geht einfach nicht.«
»Aber wie stellst du dir deine Zukunft vor? Willst du zurück zu ihm und dich weiter verprügeln lassen?«
»Nein, ich möchte fort, weit fort, irgendwohin, wo mich kein Mensch findet, wo mich niemand kennt. Ich halte das alles nicht mehr aus, und wenn ich es nicht schaffe, wegzugehen, dann bringe ich mich um.«
»Isabelle, bist du verrückt geworden? Jeder Mensch hat ein Recht auf ein anständiges Leben.« Wütend sah er sie an.
»Und was schlägst du vor?«, fragte sie aggressiv – dennoch, wie er sie ansah, das gefiel ihr.
»Heute Nacht bleibst du hier. Morgen suchen wir einen Arzt auf, mit dem ich befreundet bin, der soll deine Wunden ansehen und bezeugen, schriftlich bezeugen, was er gesehen hat, und dann fahren wir zu meinem Anwalt.«
»Nein. Ich will nicht zum Gespött dieser Stadt werden.«
»Hast du keine Freunde hier?« Verzweifelt suchte er nach einer Lösung.
»Nein. Sie haben mir den Rücken zugewandt, als ich sie wegen dieser verdammten reichen Heirat verlassen habe.«
James schüttelte hilflos den Kopf. Dann erklärte er: »Ich muss
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