Schottische Engel: Roman (German Edition)
als Erstes deine Wunden versorgen. Warte einen Augenblick. Ich hole dir ein Glas Cognac, denn es wird wehtun, wenn ich das verklebte Hemd abziehe. Schaffst du das?«
»Es wird nicht mehr wehtun als die Peitsche, James. Aber ein Glas Cognac könnte ich vertragen.«
James ging nach unten und kam mit einer Flasche und einem Glas zurück. Er füllte das Glas zur Hälfte und reichte es seiner Patientin. »Trink das und leg dich bitte auf mein Bett.« Er ging voraus in sein Schlafzimmer, nahm die Tagesdecke vom Bett und war froh, dass Emmi, seine Zugehfrau, im Zimmer für Sauberkeit und Ordnung gesorgt hatte.
Isabelle legte sich vorsichtig auf den Bauch, und James schnitt das Hemdchen in kleine Teile, die er vorsichtig mit destilliertem Wasser von der Haut löste. Dann bestreute er die blutenden Stellen mit Wundpuder und bestrich die verschorften Striemen mit Heilsalbe. Danach deckte er den Körper mit sterilen Gazetüchern ab.
Isabelle weinte still vor sich hin. Sie hatte starke Schmerzen, das sah der Arzt, aber sie gab keinen Ton von sich.
Als er fertig war, wusch er sich die Hände. Dann gab er ihr noch ein Glas Cognac, gab aber vorher ein paar Tropfen eines leichten Schlafmittels hinein. Das Getränk tat ihr gut, sie wurde ruhiger. Er setzte sich zu ihr auf den Bettrand und strich ihr über die blonden Locken, die er einmal so anziehend und betörend gefunden hatte. Heute sagten sie ihm eigentlich gar nichts mehr.
Diese Frau hatte ihn durch ihr arrogantes Benehmen in der letzten Zeit gekränkt, und das hatte er noch nicht vergessen.
»Isabelle, bleib so liegen, damit sich die Wunden auf deinem Rücken nicht wieder aufreiben. Ich decke dich nur mit einem Tuch zu, im Zimmer ist es warm, und du wirst nicht frieren. Morgen Früh sehen wir weiter. Mitternacht ist vorbei, und wir können jetzt nichts unternehmen.«
»Er wird mich suchen.«
»Bist du mit dem Wagen hier? Steht dein Auto etwa hier auf der Straße?«
»Nein, ich bin mit einem Taxi gekommen und vorn an der Ecke ausgestiegen. Es war dunkel, kein Mensch hat mich gesehen. Deshalb habe ich auch im Garten auf dich gewartet und nicht vor dem Haus.«
»Das ist gut. Dann haben wir heute Nacht Ruhe. Und morgen sehen wir weiter. Ich kann heute Abend keinen klaren Gedanken fassen, wir hatten Hochbetrieb in der Klinik.«
»Ich weiß, deshalb bin ich auch heute fortgelaufen. Ich wusste, vor Mitternacht wird Donald mich nicht vermissen.«
»Schlaf jetzt. Ich muss noch die Außentüren verschließen und das Licht löschen.«
»Wirst du hier neben mir liegen und mich beschützen?« Ein kleines, zuversichtliches Lächeln lag auf ihrem Gesicht.
»Nein, ich schlafe im Gästezimmer. Ich habe nach so einem Tag einen unruhigen Schlaf, ich könnte dich stoßen und dir wehtun.«
»Aber ich wäre beruhigter, wenn du bei mir bist.«
»Ich schlafe im Zimmer nebenan. Wenn du mich brauchst, dann rufe, ich lass die Türen offen.«
Isabelle nickte nur, und James sah, wie ihr die Augen zufielen. ›Der Cognac hat ihr gutgetan‹, dachte er zufrieden, löschte das Licht und ging in das Gästezimmer. Aber an Schlaf war für ihn nicht zu denken. Er zermarterte sich den Kopf und überlegte, wie es am nächsten Morgen weitergehen sollte. ›Als Frau wirkt sie nicht mehr auf mich‹, dachte er zufrieden. ›Die frühere Faszination ist hin, ich begehre sie nicht mehr. Sind es die Umstände, die uns auf so brutale Weise wieder zusammengeführt haben? Nein.‹ In Gedanken schüttelte er den Kopf. ›Meine Gefühle für diese attraktive Frau sind verschwunden, als sie sich so abweisend verhalten hat. Sie hat mich keines Blicks gewürdigt, nachdem ihr Mann sie bei Mister Södergren abgeholt hat. Sie war zu abgehoben, zu arrogant, und das muss ich nicht haben. Oder war der Zustand zu Hause schuld an ihrem Benehmen, spürte sie die Prügel, wenn sie mich sah? Unsinn‹, überlegte er. ›Sie hätte sich bemerkbar machen können, sie hat mich oft genug getroffen, wenn von ihrem Mann weit und breit nichts zu sehen war.‹
Er wälzte sich in seinem Bett auf die andere Seite. ›Was mache ich bloß mit ihr? Überlasse ich sie ihrem Schicksal? Bringt sie sich tatsächlich um, dann lade ich auch noch solch eine Schuld auf mich. Bringe ich sie weg, mache ich mich vielleicht strafbar. Und wohin soll ich sie bringen? Weit weg, hat sie gesagt, irgendwohin, wo sie kein Mensch kennt. Also in die Highlands? Oder nach London in die Großstadt? Hat sie überhaupt Papiere, einen Pass, hat sie Geld zum
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