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Schottische Engel: Roman (German Edition)

Schottische Engel: Roman (German Edition)

Titel: Schottische Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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bückte sich, um das Bein mit dem Ring aufzuheben. Im gleichen Augenblick knallte ein Schuss. Ein vielfaches Echo wurde von den Felsen zurückgeworfen. Instinktiv ließ sich David in das Unterholz fallen, horchte auf Geräusche, auf Schritte. In seiner Nähe blieb alles still. Aber dann hörte er den leiser werdenden Galopp eines Pferdes. Seines Pferdes? Er lauschte noch einen Augenblick, als sich nichts rührte, sprang er auf, griff nach der beringten Adlerkralle und drängte sich durch das Unterholz zurück zu der Stelle, wo er Lancelot angebunden hatte. Vom Hengst fehlte jede Spur. Der Ast war abgebrochen, und das Pferd schien mit schleifendem Ast davongaloppiert zu sein. »Verflucht«, schimpfte er vor sich hin. »Das Pferd bricht sich die Beine. Welcher hirnverbrannte Idiot knallt denn hier mitten am Tag in der Gegend herum?« Er sah sich um, aber niemand und nichts deutete auf einen anderen Menschen hin. Dann erst entdeckte David McClay sein eigenes Malheur: Mit dem Pferd war auch sein Handy verschwunden. »Und jetzt?«, überlegte er leise. Noch immer war er nicht sicher, ob nicht doch ein schießwütiger Fremder in seiner Nähe war. Er zog sich etwas in den Schutz der Sträucher zurück und beobachtete die Ebene vor ihm. Aber alles blieb still. ›Und was mache ich nun? Der Hengst findet den Weg zum Stall allein zurück – wenn er sich nicht unterwegs die Beine bricht –, aber was mache ich?‹ »Vollidiot«, beschimpfte er sich selbst, »das Handy gehört nicht in die Satteltasche.« Dann überlegte er: ›In ›Lone House‹ wird man merken, dass etwas passiert ist, wenn der Hengst allein zurückkommt – wenn! Man wird mich suchen, aber wo? Ich hätte sagen müssen, wohin ich reite, aber wer denkt schon an so etwas, wenn man als friedlicher Reiter auf seinem Besitz unterwegs ist.‹
    Noch immer unsicher, ob dieser schießwütige Unhold nicht doch noch irgendwo in der Nähe war, entfernte sich David langsam vom Gehölz. Mitten auf der flachen Hügelkuppe war er ein sicheres Ziel für jeden Wilderer. Hatte der Bursche den Adler erschossen, von dem er nun ein paar Überreste in den Händen hielt? Hatte er das wunderschöne Vogelpaar aus den Felsen vertrieben, etwa beide auf dem Gewissen? Immer mit dem Gefühl, einen Gewehrlauf im Rücken zu haben, ging David weiter. Es blieb ihm ja gar nichts anderes übrig, wollte er die unwegsame Waldstrecke, die er zuvor mit dem Hengst im Schritttempo überwunden hatte, bei Tageslicht zurücklegen. ›Hätte ich mein Handy bei mir, könnte ich den Helikopter vom Set in Galashiels anfordern‹, dachte er verärgert. ›Ich habe mich wirklich wie ein Schwachkopf benommen. Selbst wenn der Hengst unverletzt im Stall ankommt, wer prüft denn die Satteltaschen? Jeder vernünftige Mensch denkt doch, ich habe mein Handy bei mir und melde mich, wenn ich in Schwierigkeiten gerate.‹ Er hatte das Ende der flachen Hügelkuppe erreicht, warf noch einen Blick zurück auf die Felsengruppe, suchte mit dem Fernglas den Himmel und die Erde ab und begann mit dem Abstieg durch den Wald. Die Sonne stand tief im Westen, und die Bäume warfen lange Schatten über den Boden. Dann wurde das Licht schlechter, und David hatte Mühe, die Unebenheiten vor seinen Füßen zu erkennen. Er sah auf die Uhr, es war kurz vor acht. ›Wenn ich mir hier drin die Beine breche, findet mich kein Mensch‹, dachte er und begann trotz des schlechten Lichts schneller zu gehen, um die Ebenen unterhalb des Forsts zu erreichen. ›Sollte ich einigermaßen weiterkommen, werde ich um Mitternacht in ›Lone House‹ sein‹, rechnete er sich aus, ›es sei denn, sie schicken Suchtrupps los und finden mich früher.‹
    Jean Cook saß in seinem Büro und schaute gedankenverloren über den Gutshof. Es war fast fünf Uhr, und der Feierabend stand vor der Tür. Plötzlich sah er Hühner, die kreischend durch das Torhaus auf den inneren Hof flatterten.
    ›Was ist denn da los?‹, dachte der Verwalter und stand auf. Und dann sah er Lancelot auf den Hof galoppieren. Das Zaumzeug war zerrissen und flatterte in losen Lederstreifen um seinen Kopf, der Sattel war verrutscht und hing ihm unter dem Bauch, und vor seinen Beinen baumelte ein Stück von einem Ast.
    Cook stürzte nach draußen, aber Mike, der Pferdepfleger, war schneller und hielt den schweißnassen Hengst auf, bevor er in den Stall stürmen konnte. »Herrgott, was ist denn da passiert?«, rief Cook dem Pfleger zu.
    »Der Lord ist heute Morgen ausgeritten, und jetzt

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