Schottische Engel: Roman (German Edition)
erzählt, wie gern du dort bist, wie angenehm dein Leben in Recife sei, wie komfortabel du dort wohnst und wie gut du verdienst, weil du so viele Zusatzausbildungen absolviert hast.«
»Und nun wolltest du an meiner Seite diesen angeblichen Luxus genießen.«
»Wäre das so schlimm?«
»Isabelle, du bist eine attraktive, charmante, intelligente Frau. Aber klug bist du nicht.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Ich gebe zu, dass ich neben meiner Ausbildung auch den Wunsch hatte, hier eine Frau zu finden, die mit mir nach Brasilien kommen würde. Eine Frau, die ich liebe, die nicht nur den Luxus mit mir teilt, sondern auch die Strapazen, die Lasten, die Leiden. Eine Frau, die mit mir durch dick und dünn geht und nicht nur die Annehmlichkeiten des Lebens sucht.«
»Aber ich würde mit dir durch dick und dünn gehen.«
»Davon bin ich nicht überzeugt. Und außerdem muss es eine Frau sein, die ich liebe und die mich liebt.«
»Aber Liebe kann doch wachsen. Ich liebe dich, James, und deine Liebe wird schon kommen, wenn wir uns besser kennenlernen.«
»Wann und wo sollen wir uns denn besser kennenlernen? Ich habe die Erfahrung gemacht, du bist höflich und charmant, wenn du mich brauchst – und sonst kennst du mich gar nicht.«
»Ich durfte dich doch nicht kennen.«
»Unsinn, wir hätten oft Gelegenheit gehabt, ein höfliches Wort zu wechseln oder einen verständnisvollen Blick zu tauschen. Nein, Isabelle, in Edinburgh war ich ein Niemand für dich, und daran hat sich nichts geändert.«
»Du bist gekränkt, das tut mir leid, aber ich hatte immer Angst. Du hast die Reaktionen meines Mannes mit eigenen Augen gesehen.«
»Ja, und ich bin auch bereit, dir zu helfen. Aber nicht so, wie du dir das vorstellst. Ich bitte dich jetzt zum letzten Mal: Entscheide dich, ob du hier für einige Zeit bleiben willst oder zurück nach Edinburgh fahren möchtest.«
»Ich kann nicht zurück. Ich bin nicht nur fortgelaufen, ich habe auch meinen Mann bestohlen.«
»Was hast du?«
»Ich habe alles verfügbare Geld aus seinem Tresor genommen. Es ist hier in meinem Koffer. Ich kann eine Weile davon leben, ich kann auch eine weite Flugreise davon bezahlen, du müsstest finanziell vorerst nicht für mich sorgen, aber für ein ganzes Leben in der Fremde reicht es natürlich nicht.«
»Auch das noch! Man sucht dich also nicht nur, weil du deinen Mann heimlich verlassen hast, sondern wegen schweren Diebstahls.«
»Ich habe in Not gehandelt.«
»Das macht die Sache nicht besser. Dein Mann ist ein berühmter Arzt, ein ehrbarer Bürger, ein angesehner Repräsentant der schottischen Gesellschaft, und du bestiehlst ihn, und dann läufst du weg.«
»Du verwechselst etwas. Ich bin weggelaufen, weil er mich misshandelt hat, und um meine Flucht zu finanzieren, habe ich sein Geld genommen. Ich bin schließlich seine Ehefrau, und mir steht ein Teil seines Geldes zu.«
»Isabelle, du kannst es drehen und wenden, wie du willst, man wird immer dir die Schuld geben und nicht deinem hoch geachteten Ehemann.«
»Bitte, James, ich möchte bei dir bleiben. Ich weiß doch nicht, wohin ich gehen könnte.«
»Also gut. Ich war einverstanden, dir zu helfen, und ich bleibe es. Aber ich möchte keine Klagen hören: Nicht über meine geliebte, primitive Hütte, nicht über die Lebensumstände, an die du dich gewöhnen musst, solange du mit mir zusammen bist, und nicht über mangelnde Zuneigung von meiner Seite. Wenn Liebe im Spiel ist, muss es ›klick‹ machen, und das tut es bei mir nicht.«
Isabelle sah ihn mit großen, fragenden Augen an. »Und wie geht es jetzt weiter?«
»Pack die Sachen aus. Die Lebensmittel, die Emmi in die Kartons gepackt hat, als Erstes. Da drüben ist der Kühlschrank. Strom haben wir. Für deine Kleidung ist ein Schrank in meinem Zimmer. In dem Schrank ist auch Bettwäsche, du kannst dann die Betten beziehen, und um die restlichen Sachen kümmere ich mich.«
»Ich soll die Betten beziehen? Ich weiß gar nicht mehr, wie das geht.«
»Du hast vor deinem Luxusdasein doch einmal ein ganz normales Leben geführt, hast du da keine Betten bezogen?«
»Doch schon, aber das ist so lange her.«
»So etwas vergisst man nicht, und nun ran an die Arbeit. Ich möchte heute noch zum Wasser und nach meinem Boot sehen.«
»Du besitzt ein Boot? Wie wundervoll.«
»Eine kleine Jolle, keinen Luxusliner, damit kein Missverständnis aufkommt.«
»Sei nicht so streng mit mir.«
Zum ersten Mal an diesem Tag lächelte sie, und James
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