Schottische Engel: Roman (German Edition)
Figur sei. Der jetzige Besitzer, ein wohlhabender schwedischer Geschäftsmann, erkannte das Ergebnis nicht an und hatte das Museum und die Mitarbeiter wegen Rufschädigung und falscher Prüfungsmethoden verklagt.
Der kurzen Nachricht folgte eine ausführliche Beschreibung der sieben Engel, die Königin Maria Stuart seinerzeit bei dem florentinischen Holzschnitzer Titurenius bestellt hatte und von denen nur drei fertiggestellt worden seien, da der Künstler zwischenzeitlich verstorben war. Nun suchte das Museum diesen dritten Engel, der unter dem Namen ›Gabriel der Verkünder‹ seit Jahrhunderten verschollen war. Die zwei vorhandenen Engel aber seien wie bisher und unter großen Sicherheitsvorkehrungen jederzeit im Museum zu besichtigen.
Kopfschüttelnd faltete David die Zeitung zusammen und öffnete die Glasscheibe, die ihn von seinem Chauffeur trennte. »Stellen Sie sich vor, Drumworld, der Engel, den wir neulich in Dumfries ersteigern wollten, ist eine Fälschung.«
Der Fahrer warf einen kurzen Blick in den Rückspiegel. »Meine Güte, Mylord, da hätten wir uns aber ganz schön blamiert.«
»Sie sagen es. Der Schwede, der ihn damals erworben hat, verklagt jetzt das Museum wegen Rufschädigung.«
»Ach, und hängt da nun auch die Miss Ashton mit drin?«
»Ich weiß nicht, vielleicht? Sie sollte den Engel ja untersuchen und dem Museum helfen, die Figur zu erwerben.«
»Hoffentlich bekommt sie keine Schwierigkeiten.«
»Das glaube ich nicht, sie ist eine sehr vorsichtige Frau und wird sich nach allen Seiten abgesichert haben. So eine Figur wird heute mit Röntgenstrahlen, Infrarot und Holzproben, die nur bestimmte Apparate untersuchen können, geprüft. Solche Geräte stehen nur dem Museum selbst zur Verfügung, und da ist sie nicht allein, da sind andere Experten mit ihr zusammen und mit solchen komplizierten Untersuchungen beschäftigt.«
»Dann bin ich beruhigt«, nickte der Chauffeur. »Sie ist so eine nette Person, es hätte mir leidgetan, wenn sie Schwierigkeiten bekäme.«
David schmunzelte und schloss die Scheibe wieder. ›So, so‹, dachte er, ›sie gefällt also auch anderen Männern.‹
Er lehnte sich zurück und begann zu träumen. Angenommen, sie ginge auf seinen Vorschlag ein, mit ihm nach Deutschland zu reisen und als Requisiteurin für ihn bei dem Gewürzprojekt zu arbeiten, dann hätte er sie für eine Weile ganz für sich allein. Dann könnte er ihr Land und Leute zeigen, denn in Hamburg war er schon mehrmals gewesen. Die Hansestadt war eine Medienmetropole und neben München die bedeutendste Filmstadt mit modernsten Studios.
Und dass er für ein so bedeutendes Filmprojekt eine eigene Requisiteurin brauchte, das musste sie einfach einsehen. Und außerdem konnte sie Abstand zu den Engel-Querelen gewinnen, das würde ihr bestimmt guttun.
›Gleich morgen Früh werde ich mit ihr telefonieren‹, überlegte er und blätterte in seinem privaten Notizbuch, ob er hier auch ihre Telefonnummern eingetragen hatte. ›Ja‹, dachte er zufrieden, ›Telefon und Handy, Gott sei Dank.‹ Er steckte den Time-Planer wieder ein und schloss die Augen. ›Morgen Früh‹, dachte er noch einmal, dann schlief er ein, bis der knirschende Kies der Schlosseinfahrt ihn weckte.
Das Telefon riss Mary aus tiefstem Schlaf. Sie hatte gegen Mitternacht eine Schlaftablette genommen, weil der Stress der letzten Tage sie einfach nicht zur Ruhe kommen ließ. Immer wieder musste sie sich vor irgendwelchen Leuten rechtfertigen, ihre Vermutung, dass es sich bei dem Engel um eine Fälschung handelte, verteidigen und die Bedeutung der Materialprüfungen im Labor des Museums begründen. Da gab es Experten, die etwas davon verstanden, und Leute, die keine Ahnung hatten, um was es ging. Am schlimmsten war Christian Södergren. Er verstand etwas von antiken Holzskulpturen, aber er wollte einfach nicht wahrhaben, dass er auf einen Fälscher hereingefallen war.
Angestachelt von seiner Schwester, suchte er nun die Schuld für das Dilemma bei Mary und machte sie für sein Missgeschick verantwortlich. Vergessen waren seine Annäherungsversuche und die Tees mit Törtchen an den Nachmittagen. Nachdem er persönlich die Skulptur ins Museum gebracht und sie den Fachleuten für die Untersuchung zur Verfügung gestellt hatte, war Mary nicht mehr in seinem Haus gewesen, und im Museum hielt sie sich diskret zurück. Sie hatte dem Direktor ihre Vermutung mitgeteilt und überließ ihm nun die weiteren Schritte. Da die Prüfungen Zeit in
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