Schottische Engel: Roman (German Edition)
Anspruch nahmen und Christian Södergren seinen Engel nicht für einen einzigen Augenblick aus den Augen ließ, wurde die Skulptur morgens und abends eigenhändig von ihm hin- und hertransportiert, und je länger. die Arbeit dauerte, umso ungehaltener und ungeduldiger wurde der Schwede. Und als schließlich einwandfrei feststand, dass der Engel eine Fälschung war, gab es Krieg zwischen dem versierten alten Sammler und dem Museum. Und die Hauptschuld an dem Desaster gab Södergren Mary Ashton. Denn sie hatte ihn zu den Prüfungen im Museum überredet. Nur ihretwegen hatte er sich dazu entschlossen. Am meisten aber ärgerte er sich über sich selbst, denn hätte er seinen Engel im Haus behalten, wäre sein Sammlerglück vollkommen gewesen. Nun stachelte Greta seine Eitelkeit, seine Enttäuschung und seine vermeintliche Dummheit mit Zynismus und Boshaftigkeit immer aufs Neue an und ließ ihn nicht zur Ruhe kommen, bis er sich zu rechtlichen Schritten entschloss. Aber seine Wut richtete sich nun ausschließlich gegen Mary Ashton, die ihn so außerordentlich in seiner Eitelkeit verletzt hatte.
Mary bedauerte diese Entwicklung. Auf die Annäherungsversuche des Geschäftsmanns konnte sie verzichten, aber dass der Mann, der so einzigartige Sammlerstücke besaß, nun derart peinlichen Angriffen ausgesetzt war, tat ihr leid. Die Presse, die wegen unfairer Verhaltensweisen bei anderen Anlässen nicht gut auf ihn zu sprechen war, ließ kein gutes Haar an ihm, bezichtigte ihn sogar der Hinterziehung historischen schottischen Eigentums und forderte die Prüfung seiner gesamten Sammlung. Und als man erfuhr, dass eine schottische Expertin seine Sammlung kannte und geprüft hatte, machten die Reporter auch vor Mary Ashton nicht halt. Sie belagerten ihre Wohnung, verfolgten sie, wenn sie zur Arbeit fuhr, und folgten ihr auf Schritt und Tritt, wenn sie privat in der Stadt unterwegs war. Mary dachte inzwischen sogar daran, Zuflucht bei ihrem Bruder in den Lammermuir Hills zu suchen.
Als jetzt das Telefon schrillte, war ihr erster Gedanke: Reporter!
Sie ließ es klingeln. Aber als es nach einer Weile verstummte und stattdessen ihr Handy klingelte, dessen Nummer wirklich nur Freunde kannten, nahm sie das Gespräch an.
»Hallo, Mary, ich bin's, David McClay, wie geht es dir?«
»Ach, David, nett, dass du anrufst, es geht so.«
»Ich habe von dem Engel-Dilemma in der Zeitung gelesen, hast du Probleme damit?«
»Das kann man so sagen.«
»Kann ich dir helfen?«
»Ich werde wohl für eine kurze Zeit zu meinem Bruder und seinen Schafen flüchten.«
»Da habe ich eine viel bessere Idee.«
»Ach, David ...«
»Ich brauche dringend eine Requisiteurin für meinen nächsten Film. Komm mit mir nach Hamburg, da wird der Film vorbereitet und später gedreht.«
»Das klingt sehr verlockend.«
»Na, siehst du? Also überlege nicht lange, ich hole dich heute Nachmittag ab. Siebzehn Uhr, ist dir das recht?«
»Du überrumpelst mich total. Und hierher solltest du besser nicht kommen, es gibt ständig Reporter, die vor dem Haus auf mich warten. Ich bin seit drei Tagen nicht mehr vor der Tür gewesen.«
»Macht nichts, mein armer Liebling. Ich rufe dich an, wenn ich an der Straßenecke stehe. Dann gehst du mit Sack und Pack in die Tiefgarage, öffnest das Tor für mich, ich fahre rein, du steigst ein, und fünf Minuten später sind wir unterwegs. Ich muss schon sagen, deine schottischen Engel haben es in sich.«
»Meine schottischen Engel! Du übertreibst ganz schön.«
»Man muss die Probleme mit Humor angehen, bevor sie einen überrollen. Also, siebzehn Uhr, abgemacht?«
»Wo bist du denn jetzt überhaupt?«
»In ›Lone House‹. Aber ich habe einen flotten Chauffeur. Und vergiss nicht, deine Papiere einzustecken.«
»Das hört sich nach einem weltweiten Abenteuer an, David.«
»Wer weiß?« Schmunzelnd legte er auf. ›Da habe ich einen glücklichen Moment erwischt, das arme Mädchen.‹ Dann begann er, seine Angestellten durcheinanderzuwirbeln.
»Drumworld, in einer Stunde fahren wir nach Deutschland.«
»Mit dem Wagen, Mylord? Sie nehmen doch sonst immer das Flugzeug?«
»Ich will beweglich und in Hamburg nicht auf fremde Fahrzeuge angewiesen sein. Richten Sie sich auf eine längere Reise ein.«
Dann kam Hanna an die Reihe. »Packen Sie meine Koffer, es wird eine längere Reise werden.«
»Sehr wohl, mein Herr. Welches Klima?«
»Ähnlich wie hier.«
Danach ging er in das Büro. Sein Sekretär, noch immer überrascht von
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