Schottisches Feuer
jung war – nicht älter als fünfundzwanzig.
»Wer bist du?«, fragte er höhnisch. »Ein Einzelner, der uns Befehle geben will? Wir haben sie zuerst gefunden. Sie gehört uns.«
Wutschnaubend rang Duncan um Beherrschung. »Wenn ihr auch nur ein Haar gekrümmt wurde, dann ist mein Gesicht das Letzte, das du jemals sehen wirst.«
Das eiskalte Versprechen in Duncans Tonfall gab dem Krieger einen Augenblick lang zu denken, doch schnell fing er sich wieder. »Mutige Worte für einen in der Unterzahl, der ein Dutzend Männer gegen sich hat.«
»Einer reicht völlig«, entgegnete Duncan bedeutungsvoll, während er ihm mit Pfeil und Bogen genau zwischen die Augen zielte. Ihre Blicke maßen sich in stummem Zweikampf. »Ich versichere dir«, fügte er hinzu. »Ich verfehle mein Ziel nicht.«
Die Augen des Mannes wurden schmal. Duncan war im Laufe der Jahre schon Dutzenden seines Schlages begegnet. Junge Männer, die bis zur Rücksichtslosigkeit darauf brannten, sich zu beweisen; junge Männer, deren Entscheidungen auf Stolz basierten. Sie gaben nicht gerne klein bei – niemals. Und dieser hier mit seinem stolzen, arroganten Gehabe roch nach Ärger.
Er ließ sich zu viel Zeit, und Duncan war nicht in der Stimmung, darauf zu warten, bis dem anderen aufging, dass er es ernst meinte. Jeannie hatte sich immer noch nicht bewegt.
Sein Mund presste sich zu einer kalten, schmalen Linie zusammen, als er den Bogen spannte. Er machte keine leeren Drohungen.
»Warte!« Ein älterer, rotgesichtiger Mann trat zwischen sie. »Er meint es ernst, Captain. Tu, was er sagt.« Er deutete auf die Bäume. »Er ist nicht allein.«
Der junge Anführer öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch eine Bewegung zwischen den Bäumen hielt ihn davon ab. Er warf Duncan einen hasserfüllten Blick zu, doch dann tat er, was der alte Mann ihm geraten hatte, und trat von Jeannie fort. Da war etwas in der Art, wie er sie ansah – beinahe besitzergreifend –, was Duncan grimmig die Zähne zusammenbeißen ließ. Kurz dachte er darüber nach, den Pfeil doch noch abzuschießen.
Doch der Kreis der Männer öffnete sich, sodass Duncan sie zum ersten Mal richtig sehen konnte.
Beinahe gaben ihm die Knie nach. Jeannie lag verdreht auf der Seite mit abgewinkelten Beinen und einer Hand neben ihrem Mund, als würde sie schlafen. Sein Herz tat einen Satz, als er vortrat und seinen Männern mit der Hand das Zeichen gab, herauszukommen und ihm Deckung zu geben.
Er fühlte den Blick des anderen Mannes auf sich, als er näher kam, doch Duncan hatte nur Augen für die Frau, die vor ihm auf dem Boden lag.
»Wir haben dem Mädchen nichts getan«, meinte der ältere Mann. »Sie ist von ihrem Pferd abgeworfen worden.«
Duncan mochte wetten, dass er wusste, warum. »Ihr habt sie gejagt.«
Der ältere Mann zuckte die Schultern. »Sie sind geflohen. Wir wussten nicht, dass es die Lady war.«
Duncan kniete neben ihr im Schnee nieder und schob ihr sanft die Hand unter den Nacken, um ihren Kopf zu stützen. Ihr Haar hatte sich gelöst und war hinter ihrem Kopf aufgefächert wie ein roter Heiligenschein. Er schluckte hart. Ihr engelgleiches Gesicht war so bleich wie der Schnee, der sie umgab.
Vorsichtig legte er zwei Finger an den Hals und wartete reglos, das Herz taumelnd in der Schwebe.
Als er den Pulsschlag, das unverkennbare Anzeichen von Leben, unter seiner Hand spürte, brandete eine heftige Welle der Erleichterung über ihn hinweg. Am liebsten hätte er sie in die Arme gerissen, doch er wollte sie nicht bewegen, für den Fall, dass sie sich etwas gebrochen hatte.
»Jeannie.« Er stupste sie sanft an und wiederholte ihren Namen.
Flatternd öffneten sich ihre Lider. Sie blinzelte ein paarmal, als versuchte sie, den Nebel aus ihrem Blick zu vertreiben, und sah zu ihm hoch. »Was ist passiert?«
Er lächelte. »Du bist vom Pferd gefallen.«
Ihre Augen weiteten sich. »Da waren Männer …«
»Psst«, beruhigte er sie, als er ihre wachsende Panik spürte. »Es gibt keinen Grund, sich zu fürchten.«
Mit wildem Blick schoss sie kerzengerade in die Höhe. »Ella!«
»In Sicherheit«, beteuerte er ihr, während er sie in die Arme nahm und ihr übers Haar strich. »Sie ist in der Burg.«
»Gott sei Dank!«, seufzte sie, und ihr ganzer Körper sank ihm in tiefster Erleichterung schlaff entgegen.
Ohne auf ihre Zuschauer zu achten, lehnte Duncan sich ein wenig zurück, hob Jeannies Kinn an und sah ihr tief in die Augen. Nicht in der Lage, sich daran zu hindern,
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