Schottisches Feuer
Duncan zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Doch die hässliche Wahrheit schien Colin nur noch wütender zu machen, denn er griff nach der zweiten Pistole. Jäh riss er sie hoch und drückte ab. Nur mit Mühe schaffte Duncan es gerade noch, Colins Arm nach oben zu drücken, sodass die Kugel über seine Schulter pfiff, anstatt sich in sein Herz zu bohren. Mit einem Fluch griff Colin nach dem Schwert – dem Schwert ihres Vaters. Doch bevor er es aus der Scheide ziehen konnte, hechtete Duncan vor und drückte ihn rückwärts gegen einen Baum, einen Arm quer über Colins Brust gepresst, mit der anderen Hand hielt er ihm den langen, scharfen Dolch an die Kehle.
Colin kämpfte, um freizukommen, doch Duncan war unerbittlich – jeder Muskel angespannt. Das Blut rauschte heftig durch seine Adern, während er sich krampfhaft beherrschen musste, den Mann nicht zu schlagen, der gerade versucht hatte, ihn zu töten – zweimal. Seinen eigenen Bruder.
»Warum?«, fragte er, und die Spitze des Dolches grub sich tiefer in Colins Hals.
Doch wenn er auf ein Geständnis gehofft hatte, dann wurde er enttäuscht. Duncan wusste, dass Colin seine Geheimnisse mit ins Grab nehmen würde. »Das wirst du nicht tun«, stieß Colin höhnisch hervor.
Duncan warf einen Blick in die Richtung des Kampflärms und zögerte. Plötzlich wurde ihm klar, warum niemand Colin zu Hilfe gekommen war, und die Männer, deren Gegenwart er gespürt hatte, traten aus den Schatten. Ihr Anführer sah seiner Schwester ähnlich genug, dass Duncan ihn erkannte.
Mit einem überwältigenden Gefühl der Traurigkeit wandte er sich zu seinem Bruder um. »Du hast recht«, sagte er. »Ich werde es nicht tun.«
»Aber ich«, sagte der andere Mann.
Beim Klang der Stimme riss Colin den Kopf herum und erbleichte.
Duncan trat zurück und gab Colin aus seinem Griff frei. »Lamont?«, fragte er.
Der Mann, der zum Gesetzlosen geworden war, um die Vergewaltigung der Frau, die er liebte, zu rächen, nickte knapp, doch dabei hielt er den raubtierartigen Blick unverwandt auf Colin geheftet. Trotz der Dunkelheit waren die gewaltige Wut und der Hass, die der Krieger ausstrahlte, regelrecht greifbar.
Die beiden Männer zogen ihre Schwerter und traten einander kampfbereit gegenüber. Lamont hob das zweihändige Breitschwert über den Kopf und griff mit einer Wildheit an, die übermenschlich zu sein schien. Das Klirren von Stahl auf Stahl hallte wider wie ein Donnerschlag. Immer wieder griff Lamont Colin an. Unablässig. Er versetzte ihm einen mächtigen Hieb nach dem anderen, die sein Bruder nicht einmal ansatzweise abwehren konnte. Er kämpfte mit einer Kraft hinter sich, die sich nicht bestreiten ließ.
Dieser Kampf konnte nur ein einzig mögliches Ende haben. Duncan wusste es, und dem Ausdruck in Colins Augen nach zu urteilen wusste er es ebenfalls.
Duncan wollte das Unvermeidliche nicht mit ansehen, deshalb drehte er sich um und ging. Er wünschte, er könnte Mitleid mit ihm empfinden, doch Colin hatte sich sein eigenes Schicksal geschmiedet, und nun war die Zeit der Abrechnung gekommen.
Colin war tot.
Lamont und seine Bande geächteter MacGregors verschwanden so schnell in der Dunkelheit, wie sie gekommen waren – ihr Angriff hatte sich, wie es schien, nur gegen einen einzigen Mann gerichtet.
Bevor sie wieder gefasst werden konnten, schickte Duncan Conall und die Wachmänner der Gordons zurück nach Islay, um Jeannie zu finden. Der große Ire war nicht gerade glücklich darüber, doch er verstand, was Duncan tun musste. Wie für Colin war auch für Duncan die Zeit der Abrechnung gekommen. Er hoffte nur, dass es bei ihm ein besseres Ende nahm.
Er trauerte nicht um den Bruder, der versucht hatte, ihn zu töten, sondern um den Jungen, der ihm auf Schritt und Tritt gefolgt war, als sie noch Kinder gewesen waren. Der mit ihm gelacht, gerauft und an seiner Seite trainiert hatte.
Vermutlich hätte Duncan Schwierigkeiten gehabt, die übrigen Clansleute von seiner sofortigen Hinrichtung abzuhalten, wenn Gillis nicht gewesen wäre. Der junge Krieger hatte zufällig genau in dem Moment zu ihnen zurückgeblickt, als Colin versucht hatte, ihn zu erschießen. Dass ihr Chieftain so unehrenhaft gehandelt hatte, gefiel keinem der Highlander, und in Anbetracht von Duncans Bereitwilligkeit, sich ihrer Befehlsgewalt zu unterwerfen, war die Gefahr einer sofortigen Exekution gebannt.
Nachdem man die Verletzten versorgt und die Toten aufgesammelt hatte, war es beinahe Morgen, als
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