Schottisches Feuer
Nun, da alles geklärt war und er sicher wusste, dass sie – ganz egal, was ihnen widerfahren sollte – einen Weg finden würden, um zusammen zu sein, konnte er seine ganze Aufmerksamkeit auf die vor ihm liegende Aufgabe richten – nämlich den Auftrag, den sein Cousin Argyll ihm erteilt hatte, den abtrünnigen Huntly mit Feuer und Schwert zu verfolgen.
Nach Wochen der Vorbereitung stand der Kampf endlich kurz bevor, und Duncan brannte regelrecht darauf. So fühlte er sich immer vor einer Schlacht: rastlos, mit geschärften Sinnen und schneller durch die Adern strömendem Blut. Dem eigenartigen Gefühl, sich nie lebendiger gefühlt zu haben als in dem Augenblick, in dem die Möglichkeit zu sterben näher rückte.
Er wusste, dass Jeannie sich Sorgen machte, und wünschte sich, er könnte ihr begreiflich machen, wie er empfand – warum er das hier brauchte. Auf dem Schlachtfeld wurden Männer nicht nach ihrer Herkunft beurteilt, sondern nach ihrem Können. Auf dem Schlachtfeld – wenn er die Männer anführte, Entscheidungen traf, kämpfte – war er in seinem Element. Auf dem Schlachtfeld würde er sich einen eigenen Namen machen. Einen Namen, bei dem »Bastard« keine Bedeutung hatte.
Duncan wischte sich über die Stirn, wo sich Staub und Schweiß unter seinem Helm angesammelt hatten, und kniff die Augen gegen das blendende Sonnenlicht zusammen, während sie nach Osten preschten. Vor ihnen lagen die Hügel von Cromdale und dahinter ihr Ziel, Drumin Castle. Drumin lag strategisch günstig am Zusammenfluss der beiden Bäche Livet und Avon, ein guter Ausgangspunkt, um den Angriff auf Strathbogie zu planen – Huntlys Festung, die als eine der schönsten Burgen Schottlands galt. Ironischerweise gehörte Drumin Castle ebenfalls Huntly, doch gegenwärtig befand es sich unter der Verwaltung von Jeannies Vater.
Mit den Augen suchte Duncan die weiten, sanft geschwungenen und mit Heidekraut bewachsenen Hügel nach irgendeinem Anzeichen für etwas Ungewöhnliches ab. Sie könnten von feindlichen Spähern beobachtet werden. Bei so vielen Männern würden sie das Überraschungsmoment nicht auf ihrer Seite haben. Es war unvermeidlich, dass Huntly von ihrem Kommen erfuhr.
Ihr Plan sah vor, dass sie auf Drumin mit den anderen Clans, die King James’ Waffenruf gefolgt waren, zusammentreffen und dort auf den Angriffsbefehl des Königs warten würden. King James selbst befand sich nur wenige Tagesmärsche südlich in Dundee. Bis der König eintraf, hatte Argyll das Kommando, obwohl Duncan vermutete, dass er die Kontrolle nur unwillig wieder abgeben würde.
Sein Cousin scharrte schon ungeduldig mit den Hufen, um seinen Mut zu beweisen. Archie war eine der wichtigsten Größen Schottlands, doch seine Beziehungen zum König waren des Öfteren angespannt. Beide waren junge Männer voller Tatendurst, erst seit Kurzem vom Gängelband ihrer Vormünder befreit und begierig darauf, ihre Autorität zu festigen. Manchmal ließ dieses Streben sie heftig aneinandergeraten, denn ohne Zweifel war es dem König nicht entgangen, dass man Argyll in den Highlands bereits »König Campbell« nannte.
Duncan ritt neben seinem Cousin an der Spitze einer Streitmacht von beinahe zweitausend Campbells. Mit den Männern der anderen Clans, die dem Ruf des Königs gefolgt waren, würden sie fast zehntausend Mann stark sein. Zusätzlich zu Grants Männern würden sich ihnen noch ihre Cousins, die Campbells of Lochnell und Cawdor, MacLean of Duart, die MacGregors, die Mackintoshes und die MacNeils anschließen.
Eine bedeutende Streitmacht, aye , aber nur wenige von ihnen waren ausgebildete Soldaten – und noch weniger davon hatten Rüstungen oder Pferde.
Er blickte auf die lange Reihe von Fußsoldaten um sich herum und sah nur herzlich wenig silbrigen Stahl in der Sonne glänzen, nur gelegentlich einen Helm oder ein haubergeon , ein ärmelloses Kettenhemd, so wie er es trug.
»Beschäftigt dich etwas, Cousin?«
Als Duncan sich umdrehte, sah er, dass Argyll ihn beobachtete. Stirnrunzelnd dachte er über die Frage nach. Vermutlich hatte er recht. »Ich hatte gehofft, mehr Reiter zu sehen.«
Duncan wusste, dass sein Cousin diese Bemerkung von jedem anderen als Kritik aufgefasst hätte, doch sie waren zusammen bei Pflegeeltern aufgewachsen, wie es in den Highlands üblich war, und Duncan hatte mit seiner offenen Meinung nie hinter dem Berg gehalten. Das war vermutlich der Grund, warum Argyll sich auf ihn verließ – er konnte darauf vertrauen, dass
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