Schottisches Feuer
getan …«
»Es ist nicht nur das, was Euer Vater getan hat.« Wütende Funken blitzten in Elizabeths blauen Augen auf. »Soweit ich hörte, habt Ihr ebenfalls eine recht bedeutende Rolle dabei gespielt.«
Jeannie schüttelte den Kopf. »Ich schwöre Euch, dass ich nichts damit zu tun hatte. Was mir Euer Bruder vorwirft, ist nicht wahr. Ich würde ihn niemals verraten.« Elizabeth blieb ungerührt. »Bitte, ich muss Duncan sehen. Ich wäre nicht hier, wenn es nicht von höchster Wichtigkeit wäre. Ich hatte Grund zur Annahme, dass er hier sein könnte.«
Schmerz blitzte in Elizabeths Augen auf. »Ich fürchte, da seid Ihr falsch informiert. Mein Bruder ist nicht hier.«
Panik stieg in Jeannie hoch. Sie musste ihn ausfindig machen, ihr blieb nicht mehr viel Zeit. »Bitte, Ihr müsst mir sagen, wo er ist! Ich muss ihn finden.«
Ihr verzweifeltes Flehen traf auf taube Ohren. Elizabeth lachte schroff. »Damit Ihr zu Ende bringen könnt, was Ihr angefangen habt? Vielen Dank, aber ich habe nicht den Wunsch, meinen Bruder am Galgen baumeln zu sehen. Es ist schon schrecklich genug, Vater und Mutter binnen eines Jahres zu Grabe tragen zu müssen – ich will nicht auch noch einen Bruder verlieren.«
Jeannie wurde bleich »Wovon sprecht Ihr?«
»Dank Euch wurde Duncan des Hochverrats für schuldig befunden.« Elizabeth erklärte ihr, wie die Nachricht, die Jeannie geschrieben hatte, gegen ihn verwendet worden war und dass man Gold bei seinen Sachen gefunden hatte.
Jeannies Augen weiteten sich entsetzt. Er hatte eine Schlinge um seinen Hals erwähnt, doch sie hatte nicht gedacht … Das war genau der Punkt: Sie hatte nicht gedacht. »Sicher konnte doch niemand wirklich annehmen, dass Duncan seinen Clan verraten würde. Er ist durch und durch ehrenhaft. Er könnte niemals etwas so Unehrenhaftes tun. Das liegt nicht in seiner Natur. Er wird immer tun, was Recht und richtig ist, immer !«
Die leidenschaftliche Verteidigungsrede durchdrang endlich Elizabeths Verärgerung und die ernste Miene fiel von ihr ab. Tränen schimmerten in ihren klaren blauen Augen. »Ihr könnt ihn nicht sehen. Es ist zu spät. Er ist fort.«
Jeannies Herzschlag setzte für einen Augenblick aus, und alles in ihr zog sich so heftig zusammen, dass sie das Gefühl hatte zu verbrennen. »Fort?«, wiederholte sie ungläubig, und ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Elizabeth nickte, während Tränen über ihre blassen Wangen strömten. »Vor zwei Wochen. Gleich nach dem Tod meines Vaters. Ich konnte ihm nicht einmal mehr Lebewohl sagen«, schluchzte sie tränenerstickt.
Mein Gott! Er hat mich verlassen. Das Entsetzen ließ ihr den Atem stocken.
Sie war bereit gewesen, alles für ihn zu riskieren, und er hatte sie ohne ein Wort verlassen. Das Gefühl, verraten worden zu sein, durchbohrte sie schneidend. Wie konnte er ihr das antun? Ihnen beiden.
»Wohin?«, fragte sie hohl.
»Nach Irland. Zumindest war es das, was er Colin sagte.«
»Ich verstehe.« Ihre Stimme klang eigenartig ruhig, doch ihr Körper zitterte unkontrolliert, wie Glas kurz vor dem Zerspringen.
Das war nicht das erste Mal, dass jemand, den sie liebte, sie verlassen hatte, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, welche Zerstörung er dabei hinterließ. Doch durch Erfahrung war der Schmerz nicht leichter zu ertragen.
Plötzlich wurde ihr schwindlig, sie wankte und fuhr sich instinktiv mit der Hand an den Bauch. Lizzie bekam sie am Ellbogen zu fassen. »Geht es Euch gut? Hier«, sagte sie und führte sie ein paar Schritte zu einem Sessel. »Ihr setzt Euch besser eine Minute lang hin.«
Es ging ihr nicht gut. Sie glaubte nicht, dass es ihr jemals wieder gut gehen würde.
Elizabeth schien ratlos zu sein, was sie tun sollte – ihre instinktive Besorgnis wurde von der Loyalität dem Bruder gegenüber gedämpft. Jeannie wollte etwas sagen, doch aus ihrer heißen, trockenen Kehle kam kein Wort. Blind starrte sie in die verglimmende Asche des Feuers und verspürte dasselbe Gefühl in ihrem Herzen. Nichts blieb zurück als nackte, kalte Leere. Die Flammen der Liebe flackerten auf und starben, und an ihrer Stelle blieb nur die Asche dessen zurück, was hätte sein können.
»Ihr hattet ihn wirklich gern, nicht wahr?«, sagte Elizabeth, ohne ihre Überraschung zu verbergen.
»Ich habe ihn geliebt«, antwortete Jeannie tonlos. Ihr Unglück war, dass diese Liebe nicht erwidert wurde. Nicht genug, um wirklich von Bedeutung zu sein. Und sie würde für ihren Fehler teuer
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