Schottlands Wächter (German Edition)
gewesen, der rufend dem Taxi nachgelaufen war und dabei einen Notizzettel geschwenkt hatte. Bryanna wurde rot.
„Der Brief wird wohl ausführlicher sein. Nimmst du ihn diesmal an?”
Bryanna nickte stumm.
Stuart McPherson reichte ihr den Brief. „In einer Viertelstunde gibt es Frühstück”, sagte er und ging.
Bryanna setzte sich auf Bett, riss den Umschlag auf und las.
Liebstes Töchting,
wenn du diesen Brief liest, bist du mir trotz meiner Nachricht gefolgt. Sicherlich hast du auf deiner Suche nach mir viel Ungewöhnliches erlebt und fragst dich, warum ich dir nichts von Alba und meinem Amt als Wächter erzählt habe. Tja, dafür gibt es zwar keine Entschuldigung, aber eine Erklärung. Für mich bist du noch immer das kleine Mädchen, das in St. Andrews mit den Selkies schwimmen ging und in North Berwick den Meerjungfrauen die Haare kämmte. Ich hatte solche Angst, du könntest in Schottland den Anschluss verlieren, dass ich Alba ganz von dir fernhalten wollte. Ich habe übersehen, dass du auf dem Weg bist, erwachsen zu werden. Es fehlen zwar noch ein paar Jahre bis dahin, aber du bist dichter dran, als mir lieb ist. Kannst du einem alten Dummkopf wie mir verzeihen?
Es tut mir Leid, dass Morag mich mit so viel Theater gezwungen hat, mit ihr zu gehen. Es war ziemlich melodramatisch, findest du nicht? Aber sie hatte Recht. Callum, der Kelpie von Pityoulish, verbündet sich mit den Unzufriedenen aus Alba. Wenn er weiter so erfolgreich damit ist, gibt es Krieg. Er ist ein gefährlicher Gegner und hat viele Verbündete um sich gescharrt.
Ich erinnere mich noch zu gut an den Krieg zu Beginn meiner Amtszeit als Wächter. Damals starben zu viel Unschuldige und das möchte ich nicht noch einmal erleben.
Meine Ablösung naht und meine Kräfte schwinden langsam. Ich werde Callum nicht mehr lange aufhalten können. Dazu kommt die Sorge, was nach meiner Ablösung geschieht, wenn ich nicht mehr für dich da sein kann. Dabei habe ich deiner Mutter versprochen, immer auf dich aufzupassen, als sie wegen Callum gehen musste.
Ich kann dir nicht raten, was du tun sollst, aber Stuart wird für dich da sein, wenn du Hilfe brauchst.
Ich hoffe sehr, dass du nicht in den Krieg in Alba hineingezogen wirst. Bitte kehre rechtzeitig nach Hause zurück. In Schottland wird Callum dich nicht finden, da wir die meisten Schwachstellen versiegelt haben.
Ich wüsste dich gerne in Sicherheit, Bryanna. Ich liebe dich.
Bryanna starrte den Brief und besonders die Unterschrift an. Es war eindeutig die Handschrift ihres Vaters. Sie legte sich hin und starrte die Zimmerdecke an. Sicher hatte sie etwas Wichtiges übersehen. Noch einmal las sie den Brief. Ich komme einfach nicht drauf. Sie seufzte und starrte weiter auf den Brief, als würde er ihr so sein Geheimnis verraten. Erst als Kaylee frisch geduscht aus dem Bad kam, legte sie ihn zur Seite und setzte sich wieder hin. Nachdenklich sah sie zu, wie Kaylee T-Shirt, Jeans und Pullover anzog und in feste Wanderstiefel schlüpfte, die für sie bereitstanden. Sie wusste, dass es nun an der Zeit war, Kaylee auf ihren Vater anzusprechen. Sie wird mir nichts tun. Schon gar nicht solange Stuart in der Nähe ist , dachte sie, aber ihr Herz klopfte wild.
Kaylee sah sie an. „Is‘ was?”
Bryanna nahm all ihren Mut zusammen. „Callum von Pityoulish ist dein Vater und als wir auf ihm geritten sind, hast du gewusst, wie gefährlich das für mich ist, oder?”
Kaylee zog die Unterlippe ein und kaute darauf herum. Schließlich zuckte sie mit den Schultern und setzte sich neben ihr aufs Bett.
„Ich wusste nicht, dass er dich umbringen wollte.”
„Dein Vater ist ein Kelpie!”
„Aber er liebt mich. Ich habe auch früher schon mal das eine oder andere Mädchen mit nach Hause gebracht und keiner hat er etwas getan.”
Bryanna überlegte, ob sie Kaylee glauben konnte. „Mein Vater schreibt, dass Callum einen Aufstand plant.”
„Davon weiß ich nichts. Ehrlich!”
„Aber dir ist doch klar, dass du ein Halbblut bist.”
„Das weiß ich noch nicht lange. Meine Mutter verließ Callum, als ich ein Baby war. Erst als sie starb, lernte ich meinen Vater kennen. Dass ich ein Halbblut bin, sagte er mir, als ich mich das erste Mal in eine Katze verwandelte.”
„In eine Katze?”
„Glaubst du es nicht?”, fragte Kaylee. „Warte, ich zeige es dir.” Sie holte tief Luft und im selben Moment saß eine rot getigerte Katze an ihrer Stelle.
„Uuaaah!” Erschrocken sprang Bryanna auf. Sie
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