Schottlands Wächter (German Edition)
Felsabsatz hoch über dem glänzenden Häuschen. Elder war nur eine kleine Gestalt, die zu ihnen hinauf winkte.
„So schnell sind wir noch nie vorangekommen”, sagte Bryanna lächelnd.
„Aber wir haben unsere Rucksäcke nicht mehr.” Kaylee runzelte die Stirn. „Dabei waren da so tolle Sachen drin.”
„Wir kehren bald zurück.” Der Seannachaidh legte die Glaskugel auf den Boden und sie rollte los. Er folgte ihr.
„Kommt heil wieder.” Elders Stimme wurde vom Wind hinter ihnen her getragen und verklang.
Buchen und Tannen klammerten sich an die dünne Schicht des Bodens und bohrten ihre Wurzeln zwischen die Steine, um in dem steilen Gelände Halt zu finden. Doch der Weg war breit genug für zwei. Bryanna rannte Stuart nach, bis sie neben ihm gehen konnte.
„Weißt du, Stuart. so merkwürdig die letzten Tage auch gewesen sind, ich fühlte mich so wohl wie noch nie. Es ist, als wäre ich endlich dort angekommen, wo ich schon immer hin wollte.”
Da der Weg jetzt breiter wurde, sah sie sich nach Kaylee um, die ein Stück zurückgeblieben war. Kaylee ging schneller, bis sie die andere Seite des Seannachaidh erreicht hatte.
„Woher kennst du Elder?”, fragte sie.
„Auf der Suche nach meinem Tod kam ich hierher. Er hat mir geholfen mit meiner Verzweiflung fertig zu werden, als ich in Tir-Domnhu abgewiesen wurde.”
„Du bist freiwillig zum Reich der Toten gegangen?” Kaylee riss staunend die Augen auf.
„Der Tod wäre eine Erlösung für mich.”
Bryanna war entsetzt. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ein Leben so schlimm sein konnte, dass man sterben wollte. „Was ist denn an deinem Leben so furchtbar?”
„Es wird die Zeit kommen, wo ich auf diese Frage antworte, aber jetzt noch nicht.” Stuart starrte vor sich hin. Seine Augen wirkten gehetzt, schwer vor Erinnerungen und ungeweinten Tränen. Seine Lippen waren zusammengepresst und sein Gesicht wirkte wie aus Stein gemeißelt.
Schweigend gingen die drei nebeneinander den Berg hinauf, bis sie die Baumgrenze hinter sich gelassen hatten. Bryanna staunte über den Ausblick. Nichts erinnerte mehr an die Drei Schwestern von Glencoe. Die Berge um sie herum lagen weit auseinander, verbunden durch Hochebenen, die von dem Weg auf dem sie gingen winzig aussahen. Bryanna sah es in den Ebenen silbern und gold glänzen, konnte aber nicht erkennen, was dort unten funkelte. Nach einiger Zeit fiel der Weg wieder ab.
Sie wanderten zwischen Bäumen, die Bryanna noch nie gesehen hatte. Die Blätter und Nadeln waren nicht einmal grün. Sie glänzten in vielen Farben, doch rote Farbtöne überwogen.
Wenig später ließen sie den Wald hinter sich. Ihr Weg vereinigte sich mit einem Pfad, der aus Richtung der Ebenen kam. Bryanna folgte ihm mit dem Blick. Der Pfad führte durch ein Wäldchen aus silbernen und goldenen Obstbäumen. Die Früchte lockten mit bunten Farben. Das Wasser lief ihr im Mund zusammen, aber sie ignorierte die Früchte und folgte dem Seannachaidh. Der Weg führte in ein Moor. Er war jetzt so schmal, dass sie hintereinander gehen mussten.
„Achtet auf den Weg. Ein falscher Schritt und nichts kann euch retten”, sagte der Seannachaidh. Der Boden unter Bryannas Füßen federte wie eine feste Matratze. Sorgfältig trat sie auf die Stellen, die Stuart benutzt hatte und mied die anderen Stellen. Gräser, Torfmoose und Heide wucherten zu beiden Seiten des Weges. Gelegentlich streckte ein verkrüppeltes Bäumchen seine kahlen Äste in den Himmel.
Vor ihnen verschlang ein rotes Flackern den Weg. Bryannas Augen weiteten sich und ihr Herz schlug schneller, als sie erkannte, dass das Moor brannte. Sie wollte umkehren, aber der Seannachaidh ging unbeirrt weiter. Sie erinnerte sich an das Feuer zu Ehren von Bride, in dem sie eine ganze Nacht verbracht hatte. Tief atmend schluckte sie ihre Angst hinunter und folgte Stuart auf die Flammen zu.
„Stuart, wir werden verbrennen.” Kaylees Stimme verriet ihre kaum unterdrückte Panik.
„Keine Angst. Das Feuer kann euch nichts tun. Es ist ein reinigendes Feuer”, antwortete Stuart aus den Flammen. Bryanna hörte, wie Kaylee tief durchatmete. Sie drehte sich um und streckte ihrer Freundin die Hand hin. Kaylee nahm sie und lächelte zaghaft. So folgten sie dem Seannachaidh Hand in Hand in die Flammen. Es war zwar etwas unbequem, schräg zu gehen, aber sie fühlten sich sicherer.
Als sie das brennende Moor verließen, breitete sich vor ihnen eine fruchtbare Ebene aus. Am gegenüberliegenden Ende
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