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Schottlands Wächter (German Edition)

Schottlands Wächter (German Edition)

Titel: Schottlands Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Gerlach
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glänzte ein See in der Sonne. Ein breiter Weg zweigte von ihrem Pfad ab und gabelte sich am See. Der linke Weg führte am See vorbei, auf eine hell leuchtende Öffnung in einer Felswand zu. Der rechte Weg führte ebenfalls am See vorbei, zu einer dunklen, schattigen Öffnung im Felsen. Stuart zeigte auf die lichte Öffnung.
    „Dort ist das Tor nach Tir-nan-Òg, dem Land der Ewigen Jugend. Eine Stunde dort ist eine Ewigkeit hier.” Er zeigte zu dem dunklen Durchgang. „Das dort ist der Eingang nach Tir-Domnhu, dem Land des Alterns und des Todes. Eine Stunde hier ist eine Ewigkeit dort.”
    „Es sind Zwillingswelten, nicht wahr?”, fragte Kaylee.
    Stuart nickte. „Manche glauben, es seien die Welten, aus denen alle anderen geboren wurden. Das ist gut möglich, denn beide sind für die anderen Welten unerlässlich.”
    „Warum?”
    „Ohne Tir-nan-Òg gäbe es keine Hoffnung auf Schönheit und ewige Jugend. Die Bewohner aller Welten sehnen sich nach Tir-nan-Òg.”
    „Aber wozu soll Tir-Domnhu gut sein?”, fragte Kaylee.
    „Altern bietet die Chance Erfahrungen zu sammeln und weise zu werden.”

„Was nützt einem das, wenn man am Ende stirbt.”
    „Der Tod ist die größte Gnade der Lebenden. Ich muss es wissen, denn mir ist es seit 800 Jahren verwehrt zu sterben”, sagte Stuart. Bryanna griff wortlos nach seiner Hand und Kaylee kaute schweigend auf ihrer Unterlippe. Die Nasenflügel des Seannachaidh bebten, als er fortfuhr. „Wenn nichts und niemand stürbe, gäbe es keine Jahreszeiten, keine Jungtiere, keine Kinder.” Der Seannachaidh wendete sich vom See ab und ging den Pfad am Rande der Ebene weiter. Bryannas Hand ließ er nicht los.
    Ein Seitental öffnete sich. Musik klang aus einem runden, mit Schilf gedeckten Haus zu ihnen herüber.
    „Tigh-na-Bardachd, das Haus der Barden”, sagte Stuart. „Lasst uns hineingehen und zuhören. Es liegt viel Weisheit in den Liedern der Barden.”
    Die Mädchen gingen mit dem Seannachaidh in das Haus. Aufgeregt hoffte Bryanna, endlich Antworten auf ihre Fragen zu bekommen.
    Im Inneren brannte ein fröhliches Feuer, um das mehrere Männer in leichten Tuniken saßen. Sie hielten Harfen, Flöten und Trommeln in den Händen und musizierten.
    Die Mädchen ließen sich auf weichen Schafsfellen nieder, mit denen der Boden ausgelegt war und lauschten ihren Liedern. Die Musik fuhr Bryanna direkt in die Knochen. Begleitet von Harfe, Trommel und Flöte sang ein Barde vom einfachen Leben. Er sang vom Säen und Ernten, vom Gebären und Sterben, von Frauen, Männern, Kindern und wie sie das Leben zeichnet. Er sang vom Buttern, Backen und Waschen, von der schweren Arbeit des Torfstechens und von den Gefahren der wilden Natur. Er sang auch von den Wesen aus Alba, von den Glaistigs und den Gruagachs, von Brownies und von den Elfen.
    Bryanna lauschte atemlos. Die Stimme des Barden klang wie das Säuseln des Meeres und flüsterte ihr Wissen über die Magie der Kunst und der Musik zu. Wissen, das mit leisem Rauschen in ihrem Kopf Einzug hielt und sich in Winkeln und Ecken niederließ. Die Welle aus Musik überflutete ihr Gehirn und schwappte um das Wissen der weißen Schlange und die neunmal neun Namen herum, bis es seinen Platz gefunden hatte.
    Vieles, über das Bryanna in den letzten Tagen nachgedacht hatte, wurde in neuen Kombinationen in ihr Bewusstsein gespült. Zwei Erinnerungen herrschten vor. Zunächst war da das, was Am Fear Liath Mor vom Ben MacDhui gesagte hatte: »Jedes Land in jeder Welt hat einen eigenen Wächter.«
    Jedes Land hat einen Wächter , dachte Bryanna. Jedes Land, auch Alba! In diesen Gedankengang mischte sich ein Satz aus dem Brief ihres Vaters »Dabei habe ich deiner Mutter versprochen, immer auf dich aufzupassen, als sie wegen Callum gehen musste.«
    Bryanna war davon ausgegangen, dass ihre Mutter Wächter eines Landes in der ihr bekannten Welt war und dass Callum von Pityoulish sie aus unbekannten Gründen vertrieb. Doch die Musik der Barden führte zu einer anderen Erkenntnis. Mutter muss der Wächter von Alba sein. Nur so kann sie Probleme mit dem Kelpie von Pityoulish haben. Ein weiterer Erinnerungsfetzen tauchte auf, der Rat ihres Vaters überbracht von Am Fear Liath Mor: »Suche Morag, den Wächter Albas, nicht mich.«
    Morag ist meine Mutter. Die Erkenntnis traf Bryanna wie ein Schlag. Mit einem Mal war ihr klar, warum ihr der Duft nach blühender Heide bei Morags Besuch so vertraut gewesen war. Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Ich habe

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