Schrecken der Nacht
noch nachvollziehen. Schließlich ist Rumänien das klassische Land der Vampire, obwohl ich an diese Geschöpfe nie geglaubt habe und mich auch heute noch weigere, daran zu glauben.«
»Da werden Sie wohl bald eines Besseren belehrt werden«, sagte der Pfähler.
»Das befürchte ich auch.«
»Wir sind sogar sicher, daß er hier ist«, sagte Bill.
»Wieso?«
»Es gab tote Frauen.« Bill zählte Marek Einzelheiten auf, die er zur Kenntnis nahm und mehrmals dabei nickte.
»Ja, das klingt gut, obwohl es nicht so gemeint ist, wie ich es gesagt habe. Wir müssen trotz allem davon ausgehen, daß wir es hier mit einem Vampir zu tun haben, der seine eigenen Opfer schließlich pfählt. Ein Irrsinn, aber es stimmt.«
Kollege Dupont stöhnte auf. »Ich habe mir vorgenommen, mir alles ohne Vorurteile anzuhören. Ich will mich auch nicht groß einmischen und als Besserwisser gelten, aber das will mir nicht in meinen Kopf. Das kompliziert den Glauben an Vampire noch um mehrere Stufen. Vampire saugen doch Blut, nicht wahr?«
Wir stimmten zu.
»Und dann nimmt er einen Pfahl und tötet damit seine Opfer? Verflucht, das kriege ich nicht gebacken.«
»Es ist auch kaum zu begreifen«, sagte Marek und klärte ihn dann auf. »Wir haben es hier nicht mit einem Vampir im normalen Sinne zu tun. Dieser hier ist eine seltene Mischung aus Blutsauger und Mensch. Ich habe auch nicht gewußt, daß es so etwas gibt. Tagsüber ist er Mensch, und in der Nacht verwandelt er sich in einen finsteren Blutsauger. Dann ist er der Schrecken der Nacht. Wobei ich mir nicht einmal sicher bin, ob es in jeder Nacht geschieht. Aber ich habe Opfer von ihm gesehen. Es waren Mönche. In ihrem Kloster ist der Vampir-Bastard großgezogen worden. Wahrscheinlich tief in den Gewölben, wie auch immer. Einer der Mönche hat versucht, ihn zu vernichten. Es ist ihm nicht gelungen. Mir wurde eine Nachricht zugespielt, denn ich bin der Vampirjäger, doch auch ich habe es nicht geschafft. Das war vor einem Jahr. Aber mir ist das Tagebuch des Mönchs in die Hände gefallen, der den Vampir jagte. Dort hat er über ihn geschrieben, und so konnte ich mich informieren. Der Vater ein Vampir, die Mutter ein normaler Mensch. Daraus ist er entstanden. Fragen Sie mich nicht, Kommissar, wie das biologisch möglich ist, aber dieser Eros ist leider eine Tatsache, und zwar so, wie ich sie hier beschrieben habe. Seit unserem letzten Zusammentreffen ist rund ein Jahr vergangen. Ich habe nichts mehr von ihm gehört, bis ich in diesem Klatschblatt sein Bild sah. Als Vampir kann er nicht fotografiert werden, als Mensch schon, und deshalb wissen wir auch, wie er aussieht. Verändert hat er sich nicht.«
Nach dieser Erklärung griff Marek in die Innentasche seiner dünnen grauen Leinenjacke und holte den Zeitungsausschnitt hervor. Er faltete ihn auseinander, glättete das Papier auf dem Tisch und legte es so, daß wir es gemeinsam betrachten konnten.
Auf dem Foto stand Eros zwischen zwei Mädchen, eines blond, das andere dunkel.
Die Mädchen lächelten, sie wirkten happy, und auch Eros lächelte.
Für mich war er der Typ, der hier an die Küste paßte. Der Latin Lover hoch drei. Er war jetzt in Mode gekommen. Dunkle Haare, möglichst lang, möglichst gegelt, als Streifen frisiert und zurückgekämmt. Er hatte das richtige Gesicht, um die Mädchen auf ihn fliegen zu lassen. Nicht unbedingt harte Züge. Eher weich, wie auch sein Mund, dessen Lippen zu fließen schienen. Dunkle Augen, darüber die geschwungenen Brauen, und dann der Blick, der jeder Frau das Gefühl geben mußte, daß nur sie es war, die begehrt wurde.
Die beiden Mädchen lachten frank und frei. Nicht er. Eros wirkte so wie jemand, der sagen wollte: Seht, ich habe es wieder einmal geschafft. Ich bin derjenige, welcher. Mir kann keiner. Von einem vampirhaften Aussehen war bei ihm nichts zu merken.
»Das ist er also«, sprach Dupont vor sich hin.
»Ja. Und was meinen Sie?«
Der Kommissar schaute mich an. »Er sieht aus wie viele andere Typen hier an der Côte. Ich habe an ihm keine besonderen Anzeichen entdecken können. Mit diesen Burschen haben die Kollegen von mir des öfteren zu tun, wenn sie zu sehr über die Stränge schlagen. Das sind wir gewohnt. Die denken, sie könnten sich alles erlauben, nur weil ihre Eltern das nötige Geld haben.«
»Der ist anders«, sagte Bill. »Das ist ein Blutsauger und zugleich ein Zwitter.«
»Ich glaube Ihnen ja. Nur wird es nicht einfach sein, ihn hier aufzutreiben.«
»Warum
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