Schrecken der Nacht
finden sie immer jemand, der sich um sie kümmert. In jeder Hinsicht.«
»Wie kam die letzte Frau um?« fragte Bill.
Dupont schüttelte sich. »Eine schreckliche Wunde hat der Mörder hinterlassen. Die Brust ist förmlich aufgerissen worden. Die Waffe muß tief in sie hineingedrungen sein.«
»Ein Pfahl«, sagte ich.
»Bitte?«
Ich wiederholte das Wort.
»Pardon, damit kann ich nichts anfangen. Meinen Sie, daß diese junge Frau durch einen Pfahl umgebracht worden ist?« Er wollte lächeln, doch es mißlang ihm.
»Ja, davon kann ich ausgehen. Haben Ihre Kollegen nichts in dieser Richtung herausgefunden?«
»Nein. Es war nicht klar, welcher Gegenstand genommen wurde. An einen Pfahl hat natürlich keiner von uns gedacht. Auch jetzt noch muß ich mich darüber wundern. Das kommt mir schon etwas archaisch vor. Aber es würde in das Bild passen«, fuhr er nach einer kleinen Trinkpause fort. »Es gab ja nicht nur die eine tote Frau. Wir haben auch eine Amerikanerin auf einer Müllkippe gefunden, und das war alles andere als schön. Jemand hat sie regelrecht zersägt.« Er hob einen Finger. »Aber auch bei dieser Leiche ist trotz allem noch die tiefe Wunde entdeckt worden. Das weist auf den gleichen Killer hin.«
»Und weiter?« fragte Bill. »Sind noch mehr tote Frauen gefunden worden?«
»Ja, noch andere. Mindestens zwei weitere. Dafür garantiere ich nicht. Es kann durchaus sein, daß noch andere Frauen verschwunden sind. Trotz der vielen Parties sind die Menschen doch innerlich sehr allein, denn wahre Freunde gibt es hier so gut wie keine. Man muß nur Spaß haben. Sorgen und Probleme gehören nicht dazu. Aber das ist bekannt.«
»Genau den Killer suchen wir, und wir kennen auch seinen Namen. Er nennt sich Eros.«
Dupont hob seine Augenbrauen. »Eros.« Er schüttelte den Kopf und lachte. »Ein mehr als ungewöhnlicher Name. Wer nennt sich schon Eros? Doch hier ist alles möglich, weil sich die Typen alle für den Nabel der Welt halten. Ich kann mir vorstellen, daß es viele in dieser Art gibt. Die sind alle verrückt.«
»Das war nur der erste Teil. Es wird heute noch ein Freund von uns eintreffen, und der bringt ein Foto mit, auf dem dieser Eros abgebildet ist.«
Dupont, der etwas müde gewirkt hatte, wurde plötzlich lebhaft und pfiff durch die Zähne. »Das ist etwas anderes. Hört sich sogar gut an. Wann trifft Ihr Freund ein?«
»Er kommt mit der Maschine aus Paris und soll sich von Nizza aus ein Taxi nehmen«, sagte Bill.
»Dann müßte er unterwegs sein, wenn Sie die meinen, die vor gut einer Stunde gelandet ist.«
»Das hoffen wir.«
Dupont schaute auf die Uhr. Er rechnete leise vor sich hin und meinte schließlich: »Das bringt zwar meinen Zeitplan durcheinander, aber das ist nicht tragisch. Den Termin im Büro kann mein Mitarbeiter wahrnehmen. Sie entschuldigen mich.« Er stand auf und holte sein Handy hervor. Mit ihm verzog er sich in eine stille Ecke.
Bill spielte mit seinem Weinglas. »Das ist ein Wahnsinn, was wir hier erleben. Ein Vampir, der zugleich pfählt. Hast du das schon mal erlebt, John?«
»Nein. Was allerdings nicht heißen muß, daß er auch ein echter Vampir ist. Marek hat da ja etwas angedeutet, und ich bin überzeugt, daß er uns mehr sagen kann.«
»Das will ich auch hoffen.«
Es war still in unserer Umgebung, und deshalb hörten wir, wie draußen vor dem Haus in der schmalen Gasse ein Fahrzeug stoppte. Kurze Zeit später wurde eine Tür zugeschlagen, dann hörten wir Schritte, und in der Eingangstür tauchte eine Gestalt auf, die eine Reisetasche in der rechten Hand hielt.
»Das ist Frantisek«, sagte Bill. »Woher weiß er, wo wir wohnen?«
»Ich habe ihn zwischenzeitlich angerufen.«
»Sehr gut.«
Wir hatten uns kaum erhoben, als Marek uns entdeckte.
»John! Bill!« rief er. Es schwang eine echte Freude in seinem Ruf mit, und es dauerte nicht lange, bis wir uns in den Armen lagen.
Der Kreis war geschlossen. Jetzt konnte es zur Sache gehen...
***
Bill hatte einen Stuhl geholt und an den Tisch gestellt, und eine zweite Flasche Wasser stand ebenfalls bereit. Marek hatte Durst. Er trank erst mal. Der Flug war gut verlaufen, und auch er sah nicht eben schlecht aus. Der Sommer hatte Spuren in seinem Gesicht hinterlassen, die Haut war ziemlich braun geworden, nur das Haar schien noch um eine Spur grauer zu sein.
Dupont hatte ihn ebenfalls kennengelernt und durch mich über Marek erfahren, daß er in Rumänien etwas Ähnliches tat wie ich in London.
»Das kann ich
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