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Schreckensbleich

Schreckensbleich

Titel: Schreckensbleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urban Waite
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hockte. Sie hörte die beiden etwas in ihrer Sprache sagen. Der eine bückte sich und betrachtete den Toten auf dem Boden. Der andere ging zum Kühlschrank und zog ihn auf. Trübes Licht drang aus der offenen Kühlschranktür und gab ihr Versteck den Blicken preis.
    Sofort waren sie bei ihr, die Läufe ihrer Waffen zielten auf ihr Gesicht. Sie hatte keine der Antworten, die sie haben wollten. Sie wusste nichts. Jetzt waren im Hintergrund Sirenen zu hören, kamen näher. Grady würde vielleicht zurückkommen, um sie zu holen. Einer der Männer drückte sie mit dem Gesicht nach unten auf den Boden; der Gewehrlauf an ihrem Hinterkopf, das kalte Gefühl des Zementbodens an ihrer Wange. Der andere riss ein Stück Küchengarn von einem der Seziertische und band ihr die Hände auf dem Rücken zusammen. Sie hoben sie an den Armen hoch und stellten sie auf die Füße. Jetzt waren sie in Bewegung, durch die Kellertür nach draußen, ums Haus herum. Regen fiel, helles Tageslicht, ein kaltes Gefühl machte sich in der Luft bemerkbar, die Sirenen kamen näher.
    ***
    »Was hat sich geändert?«, wollte Sheri wissen.
    »Gar nichts. Ich habe nur –« Drake blieb mitten im Satz stecken. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Er befand sich im Federal Building in Seattle. Driscoll hatte wegen des Daumenabdrucks telefoniert, und sie warteten ab, was man ihnen dazu berichten würde.
    »Wie meinst du das?«, fragte Sheri.
    »Ich will das nicht mehr machen«, sagte Drake. Er stützte den Arm gegen die Wand und ließ den Kopf darauf ruhen. Das Handy hielt er ganz dicht an sein Gesicht, damit niemand ihn hören konnte.
    »Hat das was mit dem zu tun, was Hunt zu dir gesagt hat?«
    »Nein.«
    »Dieser Mann, hinter dem du da her bist, das ist nicht dein Vater«, sagte Sheri.
    »Das weiß ich.«
    »Und das wird ihn auch nicht wieder in dein Leben zurückbringen«, fuhr Sheri fort.
    »Das weiß ich.«
    »Wirklich?«
    »Ich komme immer wieder am selben Punkt an«, sagte Drake. »Was wäre, wenn ich die beiden in den Bergen nicht erwischt hätte? Dann wäre alles anders.«
    »So darfst du nicht reden.«
    »Wie denn dann?«
    »Du hast deinen Job gemacht, das ist alles. Du darfst dir nicht die Schuld daran geben«, beharrte Sheri. »Das hat doch nichts mit deinem Vater zu tun.«
    »Wirklich nicht?«, fragte Drake.
    »Nur wenn du es so drehst, dass es was damit zu tun hat.«
    »Ich versuche doch nur, etwas Gutes für ihn zu tun. Das heißt doch nicht, dass ich ihn zum Weihnachtsessen einlade.«
    »Fremde am Straßenrand?«
    »So etwas in der Art.«
    »Ich dachte, du hast gesagt, die hätten es alle verdient.«
    »Das heißt doch nicht, dass ich will, dass er draufgeht.«
    »Und das wird passieren?«
    »Ja, ganz gleich, von wo aus ich mir das Ganze ansehe.«
    Sie verabschiedeten sich, und als Drake schließlich in Driscolls Büro trat, klingelten dort die Telefone. Irgendetwas von einer Schießerei unten im Süden der Stadt, mehrere Tote, und dann anderthalb Kilometer entfernt ein aufgebrochener Krankenwagen und Eddies blutverschmierter Lincoln.
    »Das werden Sie nicht glauben«, bemerkte Driscoll. Er starrte von seinem Schreibtisch aus zu Drake empor. »Die Polizei hat im Gefrierschrank im Keller eine tiefgefrorene Vietnamesin gefunden, mit aufgeschlitztem Bauch, vom Schambein bis zu den Rippen.«
    »Haben sie außerdem noch was gefunden?«
    »Drei Tote. Einer mit Kopfschuss, einer mit durchschnittener Kehle, und dann mein absoluter Favorit, mit ’nem Küchenmesser an die Hauswand genagelt.«
    »Keine Nora?«
    »Nein. Aber es ist gut möglich, dass sie immer noch irgendwo da draußen rumschwirrt. Keiner von den Toten hat zu dem Fingerabdruck auf dem Auto beim Motel gepasst.«
    »Wessen Blut war in dem Lincoln verschmiert?«
    »Weiß ich noch nicht, aber ich wette, es passt zu unserem Daumenabdruck.«
    »Wie ist der Name?«
    »Grady Fisher, vor ein paar Jahren vorzeitig aus Monroe entlassen.
    »Wieso vorzeitig entlassen?«
    »Was glauben Sie – Mord, gefolgt von acht Jahren guter Führung.«
    »Hat er das Haus gemietet?«
    »Der Vermieter sagt, er ist so ’ne Art Koch.«
    »Eher ein Metzger.«
    »Also, jetzt kommen Sie schon.«
    »Wieso ›kommen Sie schon‹?«
    »Sie können ja nicht sagen, dass Sie nicht damit gerechnet hätten.«
    »Ich bin fertig damit, Leichen zu identifizieren.«
    »Sie kommen nicht mit?«
    »Ich fahre zurück zum Hotel.«
    »Was ist denn los?« Driscoll lächelte. »Ist Ihnen schlecht, oder was?«
    »Ist das die

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