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Schreckensbleich

Schreckensbleich

Titel: Schreckensbleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urban Waite
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eine Pumpgun Kaliber zwölf zwischen den Sitzen liegen sehen.
    Das Fenster glitt nach unten. Grady lächelte abermals, sagte guten Abend.
    Das Geräusch eines federgetriebenen Auslösers war zu hören, und der erste Mann sackte nach vorn gegen Gradys Hand; Blut strömte aus dem tödlichen Schnitt quer über seinen Hals.
    »Handy«, sagte Grady, zog die 22er mit dem Schalldämpfer hinter dem Rücken hervor und zielte damit auf den zweiten Mann. Er sah, wie der Mann zuckte, wie er an die Pistole dachte, die er griffbereit in seinem Seitenholster trug. »Seien Sie nicht blöd«, meinte Grady. »Das Ding hier macht ein saubereres Loch als ’ne Pumpgun.«
    Und es war wirklich so.
    ***
    Drake schob seinem Vater das Bild über den Tisch. »Kennst du den?«
    Sein Vater blickte auf das Foto hinunter. »Sollte ich?«
    »Er sagt, er kennt dich.«
    »Persönlich?«
    »Beruflich.«
    Drakes Vater lächelte. »Was soll ich jetzt sagen?«
    »Entweder kennst du ihn, oder du kennst ihn nicht.«
    »Hör zu«, sagte sein Vater, »es ist ja nicht so, als würde ich wieder damit anfangen, wenn ich hier rauskomme, aber ich will auch niemandem einen Grund geben, nach mir zu suchen.«
    »Dad, der Mann steckt in Schwierigkeiten.«
    Sein Vater sah ihn über den Tisch hinweg an. »Wieso interessiert dich das? Der ist genau wie ich, irgend so ein Gauner, der versucht, sich was dazuzuverdienen.«
    »Er steckt in Schwierigkeiten, und er hat eine Frau, die verschwunden ist. Er ist ein guter Mensch. Hättest du nicht gewollt, dass jemand dir hilft, wenn er gekonnt hätte?«
    »Bezeichnest du mich etwa als guten Menschen?«, fragte sein Vater, während sich ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen breitmachte. Er nahm den Ausdruck des Fotos und betrachtete ihn. »Manchmal tun gute Menschen schlimme Dinge.«
    »Ja, manchmal schon.«
    »Was meinst du?«, fragte sein Vater. »Wirst du seine Frau zurückholen?«
    »Das würde ich gern.«
    »Und was ist mit ihm? Was wirst du wegen ihm unternehmen?«
    »Das habe ich nicht zu entscheiden, das weißt du doch.«
    »Wenn du ihn in irgendeiner Gasse finden würdest, nur du allein, was würdest du tun?«
    »Das habe ich nicht zu entscheiden.«
    »Aber du sagst doch, er ist ein guter Mensch.«
    »Er ist auch ein guter Mensch. Aber ich kann ihn nicht einfach laufenlassen.«
    ***
    Driscoll drückte die Tür auf und sah sich im Innern des Hauses um. Der Boden von Holzsplittern übersät, Glasscherben, Fasern der Sofafüllung hingen dicht in der Luft, außerdem eine Million anderer Dinge, die von irgendwo aufgestoben waren. Das Haus in einem grauenhaften Zustand, klebrige Blutlachen, Einschusslöcher im Putz, in den Bilderrahmen und Lampenschirmen. Die Cops vom zuständigen Revier hatten kleine gelbe Markierungen hinterlassen. Es schienen Tausende zu sein, eine für jede Kugel; die Leichen hatte man fortgeschafft, und das Haus war leer, bis auf das Surren der Blitzlichter und gedämpfte Ermittlergespräche. Ein Streifenpolizist führte Driscoll zu dem Tiefkühlschrank.
    Sie folgten einer Blutspur in den Keller und umgingen achtsam die kleine Pfütze, die sich am Fuß der Treppe gesammelt hatte. Auf dem Zementboden fanden sie einen blutigen Handabdruck und den Umriss eines Satzes Fingerknöchel.
    »In wie viele Stücke war sie zerlegt?«, erkundigte sich Driscoll.
    »Er musste ihr die Beine abhacken, damit sie da reinpasst.«
    »Ist sie noch hier?«
    »Die tauen sie gerade in der Gerichtsmedizin auf.«
    »Wie gefroren war sie denn?«
    »Wenigstens ein paar Tage.«
    »Also ’ne richtig harte Nuss, wie?« Driscoll lachte, und der Officer erwiderte seinen Blick mit ausdrucksloser Miene.
    Draußen setzte sich Driscoll in seinen Polizeiwagen und ging noch einmal seine Notizen durch. Von einem der Männer, die er zur Überwachung eingeteilt hatte, kam eine SMS.
    »Schwarzer Lexus vorgefahren. Anweisungen?«
    Er klappte das Handy zu und starrte zu Gradys Haus empor; Blaulicht flutete wieder und wieder über die Veranda und den kleinen Vordergarten. Er griff zum Funkgerät und rief den Wagen, der vor dem anderen Haus stand. Keine Antwort. Dann, gleich darauf, eine neue SMS: »Falscher Alarm.«
    ***
    Die Vietnamesen brachten sie durch die Hintertür ins Haus. Nora versuchte, sich alles zu merken, was sie sah; Hartholzdielen, pfirsichfarbene Wände, gedämpfte rote Beleuchtung. Es ging schnell. Durch eine Tür sah sie etwas, was vielleicht ein Arbeitstisch hätte sein können, ein kleiner Schrein in der Ecke,

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