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Schreckensbleich

Schreckensbleich

Titel: Schreckensbleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urban Waite
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kam und stand in der Tür zwischen Flur und Küche. »Er hat recht, Roy. Gib ihm den Schlüssel. Er kann sie schneller hinbringen, als wenn wir es melden. Eine von den Kapseln, die sie drin hatte, muss geplatzt sein.«
    Roys Blick wanderte von Nancy zu Hunt und dann wieder zurück. Am anderen Ende der Leitung hatte jemand abgenommen, und sie alle lauschten der gedämpften Stimme, die aus dem Hörer drang.
    Roy sah auf den Hörer in seiner Hand hinunter und legte dann auf.
    »Geh, hol ihm den Schlüssel«, sagte Nancy. Hunt konnte hören, wie sie wieder ins Schlafzimmer ging. Er nahm Thus Handtasche vom Tisch und folgte ihr.
    Nancy saß neben dem Bett; die Schüssel mit dem Eiswasser und dem Waschlappen, um dem Mädchen das Gesicht abzuwischen, stand ganz in der Nähe. Nancy nahm einen Stift vom Nachttisch und schrieb ihm den Weg zum Krankenhaus auf. »Bring sie in die Notaufnahme, von dort reichen sie sie dann weiter.«
    Hunt wusste nichts über das Mädchen, woher ihre Angehörigen kamen oder wie sie in diese Geschichte hineingeraten war. Er fühlte sich benommen, konnte nicht glauben, was geschah, oder dass er hier war. Er blickte auf das Stück Papier in seiner Hand hinunter, die Wegbeschreibung. Geradeaus bis zum Stoppschild, durchs Ortszentrum, dann rechts auf die Blanchard Road. »Sie wird schon wieder«, sagte Hunt. Und so empfand er auch, so musste er empfinden. Er zog die junge Frau vom Bett und versuchte, sie hochzuheben. Augenblicklich meldete sich der Schmerz in seinem Unterschenkel; er ließ sie auf die Matratze fallen, und einen Augenblick lang riss Thu die Augen auf. Ganz kurz dachte er, sie hätte ihn erkannt, hätte verstanden, was getan werden musste. Hunt hielt noch immer ihre Handtasche, stumm und unbewusst, als hielte er eine Schnur in der Hand und lote unbekannte Tiefen aus.
    Er versuchte sich einzureden, dass es das Beste für sie wäre. Das war das Einzige, was er sagen konnte, um die Schuldgefühle zu vertreiben, obwohl sie immer noch da waren, auf ihn warteten. Wie oft hatte sie das hier schon gemacht? Lasst sie doch einfach nach Hause, wollte er sagen. Doch er wusste nicht, wen er darum bat. Bei sich dachte er, dass es mehr Beten war als irgendetwas anderes, etwas, das er schon sehr lange nicht mehr getan hatte.
    Roy kam herein und reichte Hunt die Autoschlüssel und die kleine orangerote Notfalltasche, mit der er das Boot verlassen hatte. In der Tasche war das Heroin, sauber in einem durchsichtigen Plastikbeutel verschnürt. Thu musste es im Laufe der Nacht ausgeschieden haben. Er wusste nicht, ob das alles war, aber er konnte abschätzen, dass es wohl der größte Teil der Ladung war. Oben auf den kleinen Plastikkugeln lag die Browning.
    Er sah Roy an, doch der erwiderte seinen Blick nicht, während er das Mädchen hochhob.
    Als er Roy durchs Haus folgte, konnte Hunt es gar nicht fassen, dass er das Heroin hatte. Sie erreichten die Tür, Nancy hielt die Fliegentür auf, und sie traten hinaus ins Licht, stiegen die Stufen hinunter und gingen auf einen rostigen Kombi zu.
    »Versuch unbedingt, sie wach zu halten«, sagte Nancy, doch Hunt konnte sehen, dass das Mädchen ihnen entglitt. Er hoffte, dass er sie noch rechtzeitig ins Krankenhaus bringen konnte. Er hoffte, dass sie es schaffen und dass das etwas bedeuten würde, dass es sie befreien würde, und in gewisser Weise auch ihn, aber er war sich dessen nicht sicher, und er fühlte die Besorgnis überall in seinem Innern, wie ein Frösteln.
    Er ließ den Motor an, während Roy das Mädchen neben ihm auf den Sitz packte. »Danke«, sagte Hunt.
    Roy sah zu ihm herüber. »Danke wofür?«, fragte er und schlug die Tür zu.
    Er sah zu, wie Roy um den Wagen herumging und neben Nancy trat. Einen Augenblick lang hielt er das Lenkrad und starrte die beiden an. Thu stöhnte neben ihm, und er sah sie an und setzte dann zurück, und sobald er die Straße erreicht hatte, stellte er den Automatikhebel auf D und raste los.
    Jetzt würde es nicht mehr lange dauern, und er versuchte, sich innerlich auf die Realität des Krankenhauses einzustellen. Doch nicht einmal dies hier war Realität für ihn. Grady hatte die Pferde erschossen. Das machte ihm Angst. Er glaubte nicht, dass Grady Nora finden würde, mit völliger Gewissheit jedoch wusste er es nicht. Ihm wurde klar, dass er jetzt überhaupt nichts mit völliger Gewissheit wusste, und dass es einmal einen Punkt gegeben hatte, wo er dies hätte behaupten können.
    Nancy hatte gesagt, Thu läge im

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