Schreckensbleich
Tür jedoch kein Geräusch machte. Dann schnippte er seine Zigarette weg und ging über die Straße auf den Mann zu, der die oberste Stufe erreicht hatte und mit dem Schlüssel im Schloss dastand, den anderen Arm um die Einkaufstüte geschlungen.
Als der Mann die Tür aufbekommen hatte und die Tüte mit dem Knie zurechtruckte, hatte der Fahrer die Veranda erreicht und rammte dem Mann, ohne innezuhalten, die Faust in die rechte Nierenpartie. Der Mann sackte zusammen, und die Tüte fiel ihm aus den Armen. Daraufhin hakte der Fahrer den Unterarm um den Hals des anderen und rammte ihm mit voller Wucht das Knie gegen das hintere Bein. Der Mann schien einfach umzukippen und hing mit seinem ganzen Gewicht an dem Fahrer. Sein Gesicht war über dem Unterarm seines Gegners eingeklemmt; ein seltsames Lächeln lag auf seinem Gesicht. Der Fahrer zerrte ihn durch die Tür ins Haus.
Vom Auto aus sah der Mann mit den Eisenwaren dem Ganzen zu. Er wartete einen oder zwei Augenblicke, bevor er ebenfalls ausstieg und die Tüte mit den Sachen aus dem Baumarkt die Stufen hinauf ins Haus trug. Die Tür war wie ein offenes Maul, Schwärze lag dahinter, und dort hinein trat der Mann und schloss die Tür hinter sich.
***
Drake fuhr mit der Hand durch die Asche. Er kniete in den Trümmern von Hunts Haus. Um ihn herum schwelte das Feuer immer noch, Reste der Tragbalken ragten aus der schwarzen Masse. Vor ihm standen die Ziegelsteine des Kamins, schwarz verkohlt. Ein Boiler, der wohl unter der Treppe gestanden hatte, war jetzt zu sehen. Das Haus war ein Totalschaden. Er blickte in die Asche hinunter, dann legte er die Hände aneinander und klopfte den Schmutz ab. Überall waren kleine Pfützen, von den Löschfahrzeugen und vom Regen. Wieder klatschte er die Hände gegeneinander und erhob sich.
Erst vor einem Tag war er hier gewesen. Er versuchte, sich das Gesicht des Mannes ins Gedächtnis zu rufen, braune Haut, schwache Aknenarben am Kinn, unrasiert, seine Hand in der von Drake, kräftig, aber mit fülliger Handfläche. Es waren keine Leichen gefunden worden, außer den Kadavern der Pferde. Das Feuer hatte wegen des Gases heftig gewütet, und viel war nicht mehr übrig. Doch die Brandmeister waren der Meinung, es sei nicht heiß genug gewesen, um Knochen zu verbrennen, und bisher hatten sie keine gefunden.
Nora war sehr freundlich zu ihm gewesen. Er dachte daran, wie der Mann zugeschaut hatte, als Nora wieder ins Haus gegangen war, um die Telefonnummer für ihn zu holen, um ihm Hilfe anzubieten. Wenn sie gewusst hätte, dass Drake erst zwei Nächte zuvor auf ihren Mann geschossen hatte, mit der Absicht, ihn zu verwunden, ihn vielleicht zu töten, hätte sie dann genauso gehandelt? Drake versuchte, sich vorzustellen, dass er diesen Schuss jetzt abfeuerte, aber er glaubte nicht, dass er es könnte. Er stellte sich Nora dort oben vor, auf demselben Pferd. Das Fadenkreuz des Visiers, das Pferd kam in Sicht. Er konnte es nicht. Jetzt nicht mehr.
Er ging zu Driscoll hinüber. Schmutz und Asche klebten an seinen Stiefeln, krochen daran hinauf und ballten sich um die Sohlen, schwer und hinderlich. Als er den Zaun des Pferdepaddocks erreichte, klopfte er sie am Holz ab und sah zu, wie der Dreck herunterfiel. Driscoll beugte sich über eins der Pferde. Einige Männer in Overalls, die fast wie Gefahrenstoff-Schutzanzüge aussahen, wuselten in der Nähe eines anderen herum. »Das hier haben sie sauber gemacht«, sagte Driscoll. »Kommen Sie, werfen Sie mal einen Blick darauf.«
Drake zog den Kopf ein und trat durch eine Öffnung im Zaun. Er hielt seinen Hut fest und ging dorthin, wo Driscoll kniete und den Kadaver begutachtete. »Ein Quarter Horse«, meinte er.
»Woran sehen Sie das?«
»Kräftige Vorhand, klein und ein bisschen gedrungen.«
»Haben Sie das auf der Farm gelernt?«
»Solche Pferde hat mein Vater immer geritten.«
»Hab vor ungefähr zehn Minuten mit dem Besitzer gesprochen. Der war nicht gerade erfreut. Sagt, er hat das Pferd jetzt seit ungefähr drei Jahren hier stehen, hat sich nie Gedanken deswegen gemacht.«
»Es ist eine Schande.«
»Er hat es Hermes genannt.«
»Schöner Name, war bestimmt schnell.«
»Sagt, er wollte es dieses Jahr verkaufen, für sechzigtausend. Glauben Sie ihm das?«
»Nicht so richtig.«
»Ist wahrscheinlich nur auf das Geld von der Versicherung aus.«
»Man würde ja gern denken, dass es nur darum gegangen ist«, meinte Drake. Dann kniete er nieder und strich mit der Hand über den Leib des
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