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Schrei Aus Der Ferne

Schrei Aus Der Ferne

Titel: Schrei Aus Der Ferne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harvey
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bei der Berührung kalt und rau an. Helen ging zum offenen Eingang und spähte vorsichtig hinein. Als sich ihre Augen allmählich an den Wechsel des Lichts gewöhnt hatten, konnte sie sechs oder sieben Meter weiter unten eine Art Plattform ausmachen und dahinter nur das Innere des Schachts und die Dunkelheit.
    »Hier wurde sie gefunden?«
    »Da unten, jawohl. Es war der reine Zufall. Einer aus dem Suchtrupp verlor den Halt   – ungefähr da, wo Sie jetzt stehen.« Helen wich einen oder zwei Schritte zurück. »Er blieb auf dem Vorsprung da unten liegen. Er hatte großes Glück und blieb fast unverletzt. Das Mädchen, Heather, lag direkt vor ihm. Allem Anschein nach ist sie genauso gestürzt wie er. Sie ist mit dem Kopf auf die alte Maschinerie gefallen, auf einen Teil der Winde.«
    »War das die Todesursache?«
    »Ein schwerer Schlag oder Schläge gegen den Kopf, stellteder Untersuchungsrichter fest. Höchstwahrscheinlich verursacht durch den Sturz.«
    »Höchstwahrscheinlich?«
    Cordon nickte. »Das ist die offizielle Version, Sie haben es selbst gelesen.«
    »Die beiden Mädchen verlaufen sich, als plötzlich Nebel vom Meer aufkommt, sie sind orientierungslos und verängstigt. Vielleicht werden sie durch Zufall getrennt, möglicherweise teilen sie sich absichtlich auf, um nach dem Pfad zu suchen. Kelly fällt die Klippe hinunter und landet in der Nähe der Hütte dieses Mannes, Gibbens. Heather kommt bis hierher und dann was? Sie will sich unterstellen? Da drinnen muss es pechschwarz gewesen sein. Sie kann leicht fallen.«
    »Einverstanden.«
    »Und die geschätzte Todeszeit lässt vermuten, dass sie an diesem ersten Abend stirbt, an diesem ersten Tag, zwei Tage, bevor die Leiche gefunden wird.«
    »Ja.«
    »Wo war die Leiche Ihrer Theorie zufolge dann die ganze Zeit?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Aber jemand hat sie getötet, das sagen Sie doch? Hat sie getötet, die Leiche versteckt und ist später zurückgekommen, um sie hier drinnen zu beseitigen.«
    »Mehr oder weniger, ja.«
    »Ist es einfach, eine Leiche hier im Freien zu verstecken? Und sie dann verborgen zu halten, obwohl das ganze Gebiet abgesucht wird?«
    »Im Umkreis von fünfhundert Metern könnte ich Ihnen zehn Tunnel zeigen, von denen einige direkt auf der Klippe enden. Ein paar sind unter Adlerfarn versteckt, die größeren sind abgezäunt. Sie haben vermutlich auf dem Weg den einen oder anderen Warnhinweis bemerkt.«
    Helen ging auf den offenen Eingang zu. »Ich brauche wirklich eine Zigarette.«
    »Passen Sie auf, wo Sie sie hinwerfen.«
    Draußen auf dem Meer fuhr ein Containerschiff am Horizont entlang, in geringerer Entfernung waren ein paar kleine Fischerboote zu sehen.
    »Wenn die Leiche so gut versteckt war«, sagte Helen etwas später, »warum sollte der Täter dann zurückkommen und sie fortschaffen? Warum dieses Risiko eingehen? Glauben Sie, sie sollte gefunden werden?«
    »Vielleicht. Entweder das oder für immer verschwinden. Von dieser Plattform einmal abgesehen, bezweifle ich, dass es bis zum Boden des Schachts viel gibt, was einen Fall aufhalten könnte.«
    Helen hielt den Rauch tief in den Lungen, bevor sie ihn langsam ausblies.
    »Nehmen wir einmal an, dass Sie recht haben. Glauben Sie, der Mörder war jemand, der Ihnen bereits bekannt war, jemand, den Sie bereits vernommen hatten? Oder glauben Sie, es war jemand, der bislang noch unbekannt ist?«
    »Eher Letzteres«, sagte Cordon. »In diesem Fall müssten wir allerdings an neue Informationen kommen, und das nach so langer Zeit. Sonst ist es unwahrscheinlich, dass wir seine Identität jemals in Erfahrung bringen.«
    »Und wenn es nicht so ist? Auf wen setzen Sie?«
    Cordon kam in Bewegung. »Das Glücksspiel ist was für Idioten. Wir sollten uns aufmachen und mit Francis Gibbens reden.«
     
    Gibbens war auf dem Stück Strand unterhalb seiner notdürftigen Hütte, hatte die Hosen bis über die Knie aufgerollt und planschte im Wasser. Als Cordon ihn rief, drehte er sich um, hob eine Hand schützend vor die Augen,erkannte den Besucher sofort und kam langsam zurück auf den Sand.
    »Wer ist das?«, sagte er und zeigte mit einem Kopfnicken auf Helen.
    »Eine Kollegin.«
    Helen stellte sich vor und streckte die Hand aus.
    Gibbens setzte sich auf einen Felsen und begann, sich die Füße mit einem Handtuchfetzen abzutrocknen, den er vorher wie einen Schal um den Hals gewickelt hatte.
    »Salzwasser ist gut gegen mein Rheuma«, sagte Gibbens. »Auch gut gegen Entzündungen an den

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