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Schrei Aus Der Ferne

Schrei Aus Der Ferne

Titel: Schrei Aus Der Ferne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harvey
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nicht mehr mit der gleichen Dringlichkeit nach Mitchell Roberts fahndeten?
    Absolut nicht. Solange Roberts auf freiem Fuß war, stellte er eine ernsthafte Bedrohung für die Öffentlichkeit dar.
    Aber es gab keinen Hinweis, dass er mit dem Verschwinden von Beatrice Lawson zu tun hatte?
    Bislang nicht.
    Will stand rasch auf und die Pressesprecherin neben ihm hob die Hände, um anzuzeigen, dass die Pressekonferenz vorbei war.

62
     
    Helen sah die Pressekonferenz auf dem kleinen Fernseher in ihrem Hotel. Die Zimmerantenne ließ Will zu einem fast unkenntlichen verschwommenen Fleck werden. Sie hatte im Laufe des Tages zweimal mit ihm gesprochen: einmal, um den Namen seines Kontaktes im forensischen Labor in Birmingham in Erfahrung zu bringen; das zweite Mal, um auf den neuesten Stand der Ermittlung im Fall Beatrice Lawson gebracht zu werden. Detaillierter, als es die Fernsehnachrichten vermochten. Die anfängliche Euphorie, die das Team empfunden haben musste, als ein Kleidungsstück von Beatrice gefunden worden war, schien schnell verflogen zu sein; hätte sie es getragen, als sie verschwand, oder hätte es Beweise gegeben, dass sie es an jenem Abend bei sich gehabt hatte, wäre die Entdeckung weitaus bedeutsamer gewesen, als sie es anfangs zu sein schien. Unterm Strich war jedoch Simon Pierces Version, wie er in den Besitz des Pullovers gelangt war, die wahrscheinlichste. Der traurige Fetisch eines verwirrten Mannes, vermutete sie.
    Sosehr er sich auch bemüht hatte und so quälend der Umstand auch war, es war Will nicht gelungen, mehr aus der zufälligen Begegnung zwischen Pierce und Mitchell Roberts herauszuholen, und obwohl Pierce weiterhin vernommen und seine Kontakte überprüft wurden, wusste Helen, dass er freigelassen würde, wenn die sechsunddreißig Stunden um waren, es sei denn, man fand weitere Beweise.
    Sie goss sich einen kleinen Scotch ein und vermischte ihn mit reichlich Wasser. Später hatte sie sich nämlich mit Cordon auf ein Glas verabredet   – ein Glas und vielleicht etwaszu essen   – und sie wollte vorher nicht so viel trinken. Den Großteil des Tages hatten sie beide damit verbracht, Argumente dafür zu sammeln, dass es unumgänglich war, Heather Pierces Kleidung nach Birmingham zu schicken. Im Anschluss daran hatten sie die Sache mit Cordons Vorgesetzten durchgefochten. Erst als diese widerwillig zugestimmt hatten, kam Helen auf den Namen der Frau zurück, die Will im forensischen Labor kannte, und rief dort an.
    Zunächst hatte sie auf Granit gebissen: Sicher, sie verstand das Anliegen   … würde auch gerne helfen, aber   … ganz klare Richtlinien   … ein Abweichen davon würde einen Präzedenzfall schaffen   … die Schleusen öffnen. Am Ende hatte Helen Will gebeten, die Frau selbst anzurufen. Welche Beziehung zwischen den beiden bestanden hatte, wusste Helen nicht, nur, dass sie lange Zeit zurückreichte. Und da es ihm früher schon gelungen war, sie zu einer Gefälligkeit zu bewegen, würde es vielleicht noch einmal klappen.
    »Geht in Ordnung«, sagte Will, als er Helen zurückrief, um Bericht zu erstatten. »Sie sagt, sie tut, was sie kann.«
    »Das ist alles?«
    »Wenn sie eine Möglichkeit findet, die Sache weiter oben auf die Liste zu setzen, macht sie es.«
    »Was bedeutet das? Wie lange wird es dauern?«
    »Beim derzeitigen Stand der Dinge heißt das: Wochen und nicht Monate. Im besten Fall zwei, drei Wochen. Mehr kann sie nicht versprechen.«
    »Mein Gott, Will, was hast du bloß getan? Hast du sie heiß gemacht und es dann nicht durchgezogen?«
    Bei der Erinnerung an diesen Teil des Gesprächs musste Helen lachen. Dann ging sie unter die Dusche.
     
    Sie gingen in einen Pub unten am Hafen. Abgesehen von ein paar wenigen Touristen waren die meisten Gäste Einheimische,und Cordon sprach mit mehreren Leuten an der Bar, bevor er mit den Getränken zurückkam. Tribute Ale in großen Gläsern.
    »Gibt es hier irgendwo Leute, die nicht wissen, wer Sie sind?«
    »In dieser Stadt? Wahrscheinlich nicht.«
    »Leben Sie deshalb woanders?«
    »In Newlyn? Ja. Wenn man da das Bein streckt, tritt man jemand anderem in den Hintern. Da bleibt nichts verborgen.«
    »Geht Ihnen das nicht auf die Nerven?«
    »Bin daran gewöhnt, das ist es wahrscheinlich.«
    »Muss aber Ihre Arbeit erschweren.«
    »Manchmal. Manchmal aber auch das Gegenteil. Die Leute wissen, wem sie trauen können.«
    »Und Ihnen trauen sie?«
    »Einige. Ja.«
    Helen nahm einen großen Schluck von ihrem Bier. »Für

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