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Schrei Aus Der Ferne

Schrei Aus Der Ferne

Titel: Schrei Aus Der Ferne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harvey
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habe nur gesagt, dass wir sicher sein müssen. So sicher wie möglich. Bei der Untersuchung der Todesursache wird der Untersuchungsrichter wissen wollen, ob alle gebotenen Maßnahmen ergriffen wurden. Das ist seine Pflicht und unsere. Und bis die Ergebnisse vorliegen, müssen wir unvoreingenommen sein.« Er veränderte seine Position auf der Bank und lächelte. »Noch einen oder zwei Tage, länger wird es nicht dauern.«
    »Und wenn es irgendetwas   … irgendetwas Ungewöhnliches gibt, lassen Sie uns das wissen?«
    »Natürlich. Sofort. Sie haben mein Wort.«
    »Danke«, sagte Ruth erleichtert. Cordon war wie immer verblüfft darüber, wie leicht es war zu lügen.
     
    Sie mussten nicht zwei Tage warten, sondern drei. Dafür war der Bericht eindeutig: Auf den Kleidungsstücken der Verstorbenen waren keine relevanten Spuren unbekannter dritter Personen gefunden worden.
    Lambert spielte sich auf, als hätte er das Glückslos gezogen. Keine anderen Gewinner. Der Jackpot gehörte ihm. Cordon zog den Kopf ein und ertrug den Spott, so gut er konnte.
    Dann beschloss Lambert, den polizeilichen Bericht bei dem Gerichtstermin selbst vorzutragen, weil er argwöhnte, dass Cordon möglicherweise nicht der Parteilinie folgen würde.
    »Hat die Polizei in irgendeinem Stadium der Ermittlung die Möglichkeit eines Mordes in Betracht gezogen?«, fragte der Untersuchungsrichter.
    »Das haben wir«, sagte Lambert.
    »Und sind Sie zu einem Schluss gekommen?«
    »Nach gründlicher Untersuchung haben wir keinerlei Beweise der Beteiligung einer dritten Partei gefunden.«
    »Und die aufgetretenen Verletzungen, Superintendent?«
    »Wie der Bericht des Pathologen klarstellt, stehen sie völlig im Einklang mit dem Sturz der Verstorbenen im Maschinenhaus.«
    »Die Kratzer im Gesicht und an den Armen   …?«
    »Wurden unseres Erachtens zugefügt, nachdem die Verstorbene aufgrund eines plötzlichen, vom Meer kommenden starken Nebels die Orientierung verloren hatte, stolperte und in den Adlerfarn und Ginster fiel, der am Küstenpfad wächst.«
    Der Untersuchungsrichter sah in die Papiere, die vor ihm lagen.
    »Als das Maschinenhaus zu einem früheren Zeitpunkt durchsucht wurde, war die Leiche der Verstorbenen offenbar nicht da, bei einer erneuten Durchsuchung zwei Tage später wurde sie jedoch entdeckt   – gibt es eine plausible Erklärung dafür?«
    »Eine andere als die Möglichkeit, dass die frühere Suche nicht so gründlich durchgeführt wurde, wie es angemessen gewesen wäre?«
    »Eine andere als die.«
    »Nein, ich fürchte nicht.«
    Während der Pause lief Lambert hin und her und rauchte eine Zigarette nach der anderen   – wie klar musste ein Fall eigentlich sein? Es dauerte nicht lange, bis er es herausfand.
    »Nach genauer Prüfung des pathologischen Gutachtens«, sagte der Untersuchungsrichter, »und nach sorgfältiger Erwägung aller vorgetragenen Anhaltspunkte   – insbesondere der Aussagen der Polizei   – komme ich zu dem Schluss, dass die wahrscheinlichste Todesursache in diesem tragischen Fall ein oder mehrere schwere Schläge gegen den Kopf waren, welche die Verstorbene erlitt, als sie in dem stillgelegten Maschinenhaus stürzte.
    Da ich jedoch nach allen Beweisen, die mir vorgelegt wurden, nicht mit Sicherheit festlegen kann, was genau passiert ist, sehe ich keine Alternative, als in diesem Fall auf eine unbekannte Todesursache zu erkennen.«
    »Scheiße!«, sagte Lambert tonlos.
    Ruth beugte sich heftig mit geschlossenen Augen vor. Simon, der für den Termin der gerichtlichen Untersuchung nach Cornwall zurückgekehrt war und an ihrer Seite saß, griff nach ihrer Hand.
    Erst als er das Gericht verlassen hatte, gestattete sich Cordon ein winziges Lächeln.
     
    Jedes Beweisstück, jedes Kleidungsstück war einzeln eingepackt und beschriftet worden. Die Namen aller Personen, die die Sachen betrachtet oder berührt hatten, waren ebenfalls vermerkt, außerdem, unter welchen Umständen all das geschehen war. Alle Zeugenaussagen, zusammen mit Fotografien und anderen Beweismitteln, waren auf die gleiche Weise beschriftet und gesichert worden. Jetzt überwachte Cordon persönlich, wie alles in eine Kiste gelegt und versiegelt wurde. Dann wurde die Kiste in die Asservatenkammer gebracht und dem diensthabenden Beamten ausgehändigt.
    »Ich weiß. Sie brauchen nichts zu sagen«, sagte der Beamte.
    »Was denn?«
    »Ich soll es mit meinem eigenen Leben beschützen.«
    »Das ist das Mindeste.«
    Cordon blieb stehen und wartete,

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