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Schrei der Nachtigall

Schrei der Nachtigall

Titel: Schrei der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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zieh mir nur schnell ’ne andere Jeans an, dann können wir los. Wird Elvira auch da sein?«
    »Ja, wird sie.«
    »O Mann, aber gut, da muss ich jetzt durch.«
    Andrea hielt sich fast zwanzig Minuten im Bad auf. Sie hatte sich geschminkt und nicht nur eine andere Jeans, sondern auch eine karierte Sommerbluse und Leinenschuhe angezogen. Sie duftete nach einem fruchtigleichten Parfum, das perfekt zu dieser heißen Zeit passte. Brandt vergewisserte sich, dass auch alles ausgeschaltet war, und um Punkt zehn verließen sie die Wohnung. Im Westen leuchtete der Himmel immer wieder kurz auf, was Brandt mit einem gewissen Unbehagen registrierte, denn er stellte sich vor, dass plötzlich ein Gewitter über sie hereinbrach, während sie auf dem Friedhof waren.
    Um diese Zeit benötigten sie kaum eine Viertelstunde, bis sie das Ortsschild von Bruchköbel passierten. Es sah aus, wie er prophezeit hatte, kaum ein Mensch war auf der Straße, hinter den meisten Fenstern brannte Licht, auch wenn es häufig nur durch die Ritzen von Rollläden schimmerte, selbst Autos begegneten ihnen nur wenige. Dafür ein immer schneller näher ziehendes Wetterleuchten und aufkommender Wind, der mit teils starken Böen gegen das Auto drückte.
    »Mein Gott, das ist ja wie in einer andern Welt«, bemerkte Andrea, als Brandt den Alfa durch die Straßen lenkte. »Wie groß ist dieses Nest?«
    »Als Nest würde ich es nicht bezeichnen, es zieht sich nämlich ganz schön auseinander. Aber ich schätz mal sozwischen zwanzig- und fünfundzwanzigtausend Einwohner. Jetzt kann man natürlich nicht so viel sehen, aber die haben hier ein paar sehr schöne Fachwerkhäuser. Wenn wir Zeit hätten, könnten wir mal durch die Gassen schlendern, aber das verschieben wir lieber auf ein andermal. Außerdem fürchte ich, dass wir bald ganz schön nass werden.«
    »Schon möglich«, erwiderte sie, als würde ihr das nichts ausmachen. »Und wo liegt dieser Wrotzeck?«
    »In Butterstadt, das ist der kleinste Stadtteil. Reines Land.«
    Brandt fuhr mit Andrea die verschiedenen Ortsteile ab, um schließlich von Oberissigheim einen Umweg nach Butterstadt zu nehmen. Er kam dabei an der Stelle vorbei, an der Allegra mit ihrem Freund verunglückt war, und drosselte die Geschwindigkeit. »Wie kann hier ein Unfall passieren?«
    »Was für ein Unfall?«
    »Allegra Wrotzeck und ihr Freund und davor schon dessen Mutter. Ist mir irgendwie unbegreiflich.«
    »Es gibt doch solche Straßen, wo permanent irgendwelche Unfälle passieren und keiner sagen kann, warum.«
    »Diese Straße gehört aber nicht dazu. Ist schon seltsam.«
    »Und was ist deine Theorie?«
    »Ich hab keine Theorie, ich sag nur, dass es mir seltsam vorkommt. So, gleich sind wir da. Bereit für die Begegnung mit deiner Freundin?«, fragte er grinsend.
    »Haha, du hast gut lachen. Gehen wir’s an.«
    Sie hielten vor der Kirche, vor der bereits einige andere Autos parkten, darunter ein Streifenwagen und der BMWvon Elvira Klein. Aus dem Wetterleuchten waren gewaltige Blitze geworden, gefolgt von heftigem Donner, noch aber regnete es nicht.
    Brandt und Andrea stiegen aus und liefen auf eine hell erleuchtete Stelle auf dem winzigen Friedhof zu. Ein kleiner Bagger stand bereit, die Erde auszuheben, um den Sarg zu bergen, der mit einem Leichenwagen in die Rechtsmedizin nach Frankfurt gebracht werden würde. Elvira Klein kam auf Brandt und Sievers zu und sagte: »Wir beginnen in fünf Minuten, je schneller, desto besser. Es wird nämlich gleich ziemlich ungemütlich werden.« Sie warf einen sorgenvollen, vielleicht auch ängstlichen Blick zum Himmel, und Brandt fragte sich, ob sich die ach so abgeklärte und kühle Staatsanwältin vor Gewitter fürchtete. »Der Pfarrer ist schon da und der Sohn des Verstorbenen ebenfalls, obwohl mir das überhaupt nicht recht ist. Aber er hat sich nicht davon abbringen lassen, dabei zu sein. Vielleicht können Sie ja mal mit ihm reden, dass es besser für ihn wäre, wieder nach Hause zu gehen.«
    »Kein Problem«, entgegnete Brandt und ließ die beiden Frauen allein.
    »Hi, Andrea. Hab gar nicht damit gerechnet, dass du auch kommst.«
    »Wieso sollte ich nicht kommen? Ich hätte sonst nur allein zu Hause rumgesessen«, sagte Andrea mit einem Lächeln, mit dem sie ihrer Freundin sofort den Wind aus den Segeln nahm.
    »Stimmt auch wieder. Aber mal von Freundin zu Freundin, warum hast du mir nichts gesagt? Mir ist es doch egal,mit wem du zusammen bist. Jetzt sag nicht, dass es an mir

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