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Schrei in der Nacht

Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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auf
die Uhr. Es waren nur noch zwanzig Minuten bis neun. Langsam
schlürfte er seinen Tee und wartete. Erst fünf Minuten vor
neun wurde seine Geduld belohnt. Ein großer dunkler Wagen fuhr in
die Bahnhofseinfahrt und hielt kurz vor der Sperre. Die Polizisten
waren große Männer in schäbigen Regenmänteln und
Schlapphüten, aber der Mann, der zwischen ihnen mit Handfesseln
ging, war klein und untersetzt und hatte dunkles Haar, das ihm aus der
hellen Stirn gestrichen war. Er trug ein Hemd, dessen offener Kragen
auf einem Tweed-Jackett lag.
      Fallon ging aus dem Restaurant. Als die
Kriminalbeamten mit ihrem Gefangenen die Sperre passiert hatten,
reichte Fallon seine Karte dem Schalterbeamten hinüber und
lächelte dem wachhabenden Polizisten, der sich gegen die Sperre
lehnte, freundlich zu. »Entschuldigen Sie, dies ist doch der Zug
nach Belfast, nicht?« fragte er ihn mit seinem besten Englisch.
Der Polizist nickte und wies wortlos auf den Schalterbeamten. Als
Fallon weiterging, lachten beide.
      Rogan und seine Bewacher bestiegen den Zug gleich
hinter dem Postwagen. Fallon ging schnell den Bahnsteig entlang,
schaute dabei eifrig in die Fenster, als ob er ein leeres Abteil suche,
und seufzte schließlich erleichtert auf, als er den letzten Wagen
erreichte. Rogan und die Kriminalbeamten hatten sich in einem
reservierten Abteil niedergelassen, aber im übrigen Teil des
Wagens saßen gewöhnliche Reisende. Draußen rannten
Gepäckträger den Zug entlang und schlugen die Türen zu,
und Fallon stieg rasch ein und ging den Gang entlang. Rogan und seine
Bewacher saßen im letzten Abteil; Fallon setzte sich also in das
daneben liegende. Sein einziger Mitreisender war ein großer
dicker Herr, der wie ein Geschäftsreisender aussah. Er schlief
jedoch schon friedlich auf seinem Eckplatz.
    Zunächst war alles still; dann
ertönte die Signalpfeife, der Zug ruckte ein paarmal an und rollte
langsam aus dem Bahnhof hinaus. Fünf Minuten später hatten
sie Castlemore in der Dunkelheit zurückgelassen und rasten durch
den Regen in Richtung Belfast. Fallon steckte sich eine Zigarette an
und zog den Rauch tief in seine Lungen ein. Er fühlte sich noch
immer völlig ruhig und gleichmütig gegenüber der ganzen
Sache. Er schaute auf seine Uhr und überrechnete noch einmal den
ganzen Plan. Sie mußten jetzt bereits mehr als die Hälfte
der Strecke bis zu jenem Wald zurückgelegt haben. Er stand also
auf und ging rasch den Gang hinunter, wobei er einen kurzen Blick in
das Nebenabteil warf. Drei der Kriminalbeamten spielten Karten; mit dem
vierten war Rogan zusammengeschlossen. Sie hatten ihm die Schuhe
abgenommen, und er hatte die Füße auf den
gegenüberliegenden Sitz hochgelegt.
      Fallon trat in die Toilette und schloß die
Tür hinter sich. Langsam zählte er bis zwanzig; dann
öffnete er die Tür wieder, um zurück zu seinem Abteil zu
gehen. Er rannte dabei fast einen der Kriminalbeamten um. Der Mann
lachte und wollte sich entschuldigen; Fallon lächelte freundlich.
Plötzlich aber trat in das Gesicht des anderen ungläubiges
Erstaunen, und er stieß hervor:
    »Fallon! Martin Fallon!«
      In diesem winzigen Sekundenbruchteil des
Wiedererkennens wurde sich Fallon voller Bitterkeit bewußt,
daß man sich niemals auf irgendeinen Plan verlassen dürfe,
weil stets etwas Unvorhergesehenes hinzukomme. Aber noch ehe dieser
Gedanke zu Ende gedacht war und bevor der Beamte Alarm schlagen konnte,
rammte Fallon schon das Knie hoch und stieß ihm die Faust in den
Magen. Das Gesicht des Mannes wurde purpurrot; er kippte nach vorn um,
und Fallon versetzte ihm noch einen Schlag ins Genick. Dann zog er ihn
in die Toilette.
    Dort ließ er den Mann wie ein
Bündel in einer Ecke liegen, stürzte dann wieder heraus und
schloß die Tür. Es war jetzt keine Sekunde mehr zu
verlieren. Er eilte also zurück zu seinem Abteil, holte seinen
Beutel herunter und ging damit zum anderen Ende des Wagens. Dort betrat
er wieder die Toilette, schloß die Tür und entnahm seinem
Beutel zwei Rauchbomben, die er in die Seitentaschen seines Trenchcoats
steckte. Dann holte er noch eine dritte heraus, brach den Zünder
ab und warf die Bombe in den Behälter für die gebrauchten
Papierhandtücher. Als er dann die Tür öffnete und
zurückging, begann schwarzer Rauch aus dem Behälter zu
quellen.
      Etwa in der Mitte des Wagens hatte er vorher ein
leeres Abteil bemerkt. Als er jetzt daran vorbeiging, nahm er die
zweite Bombe heraus, brach den Zünder ab und warf sie

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