Schrei in der Nacht
mutlos,
daß es also auch für diese letzte Chance schon zu spät
sei.
»Was soll ich tun, Mr. Fallon?« fragte Murphy, und seine Stimme war jetzt fest und beherrscht.
»Bieg in die nächste Seitenstraße
ein! Wir wollen die andere Straße versuchen!« Aber schon
bei diesen Worten wußte Fallon, daß sie nur ihre Zeit
vergeudeten.
Der Wagen wendete, fuhr in eine Seitenstraße ein
und erreichte eine andere Hauptstraße. Gleich nach dem Einbiegen
tauchte auch schon eine neue Wagenschlange vor ihnen auf, und Fallon
tippte dem Jungen auf die Schulter. »Dreh um und fahr zum
Stadtzentrum zurück.«
Rogan fuhr hoch, seine Stimme überschlug sich vor Angst. »Was sollen wir tun? Wir sind verloren!«
»Halt den Mund!« herrschte
ihn Fallon an. Zufällig fiel sein Blick in den Rückspiegel,
und dabei sah er einen schwarzen Wagen, der sich hinter sie gesetzt
hatte. »Fahr zu!« schrie Fallon; Murphy trat das Gaspedal
durch, und der Wagen raste davon.
»Die Polizei!« sagte Rogan tonlos. »Die werden wir niemals abhängen können.«
»Sie müssen beobachtet haben, wie wir vor
der Wagenreihe abbogen«, preßte Fallon hervor. Dann starrte
er auf die Tachometernadel, die langsam auf die Sechzig-Meilen-Marke
hochkletterte und zitternd dort verharrte.
»Ich habe das Pedal ganz durchgetreten«, erklärte Murphy hoffnungslos.
Fallon nickte beruhigend und schaute zurück. Der
Polizeiwagen hatte aufgeholt. »Hör zu«, stieß er
hastig heraus, »du gehst jetzt mit der Geschwindigkeit herunter
und biegst in die erste Seitenstraße rechts ein, dann in die
nächste links. Dort stoppst du ganz schnell, und wir springen
heraus. Ist das klar?«
Der Junge nickte, und Rogan meinte: »Geben Sie
mir Ihre Pistole! Ich will versuchen, ihre Reifen zu treffen.«
»Hier wird nicht geschossen«,
erklärte Fallon. »Bis jetzt hat erst einer von uns einen
Mord begangen; das genügt.«
Rogan fluchte, aber seine Erwiderung
wurde vom Kreischen der Bremsen übertönt, als Murphy die
Geschwindigkeit hart drosselte und den Wagen um die nächste Ecke
riß. Sie rasten jetzt durch eine dunkle Nebengasse, an deren
Seite sich elende Mietshäuser drängten. Murphy ließ die
Scheinwerfer an, und so erkannten sie rechtzeitig die nächste
Einbiegung. Wieder ging der Junge mit der Geschwindigkeit herunter; der
Wagen schleuderte, als er herumgerissen wurde, und streifte mit den
Rädern den Bordstein, doch dann fuhren sie wieder ruhig und sicher
geradeaus in die Dunkelheit hinein. Die Scheinwerfer erleuchteten
schließlich den Eingang zu einer schmalen Gasse; Fallon schrie:
»Jetzt!« und schlug Murphy auf die Schulter. Der Junge
rammte seinen Fuß auf das Bremspedal; der Wagen rutschte
seitwärts weg und prallte mit einem häßlichen Knirschen
gegen einen Laternenpfahl.
Für den Bruchteil einer Sekunde war alles still,
so daß die Männer das seltsam hohle Bellen eines Hundes
hören konnten. Dann riß Fallon die Wagentür auf und
sprang hinaus, gefolgt von Murphy. »Bist du noch heil?«
fragte ihn Fallon.
Der Junge nickte. »Etwas geprellt, aber das macht nichts.«
Fluchend kletterte jetzt auch Rogan aus dem Wagen. »Verdammte Schweinerei«, schimpfte er.
»Wenn wir hier noch lange herumstehen, wird es
nur schlimmer«, entgegnete Fallon. Im gleichen Augenblick
tauchten die Scheinwerfer des Polizeiwagens am Ende der Straße
auf.
»Mir nach!« schrie Murphy. »Ich
kenne diese Gasse genau; wir werden ihnen eine lange Nase
drehen!« Damit schlüpfte er in den dunklen Eingang des
schmalen Gäßchens, und die beiden anderen folgten ihm.
Murphy huschte kreuz und quer durch verschiedene
kleine Seitengassen, bis er schließlich nach einer Weile
stehenblieb und die Hand hob. »Was ist los?« fragte ihn
Fallon.
»Ich möchte feststellen, ob sie uns noch folgen.«
Durch die Dunkelheit drang schwaches Rufen und
Motorengeräusch zu ihnen. »Himmel, die sind noch immer
hinter uns her«, knurrte Fallon. »Lauf weiter!«
Sie rannten wieder vorwärts, Murphy an der
Spitze, und kreuzten einen wüsten, leeren Platz, auf dem Müll
herumlag. Dann bogen sie wieder in ein schmales, endlos langes
Gäßchen ein, und kurz bevor sie an dessen Ende gelangten,
rief Murphy keuchend über seine Schulter zurückgewandt:
»Achtung! Wir müssen jetzt eine belebte Straße
überqueren!« Er ging langsamer, bog um die Ecke und prallte
direkt in die Arme eines Polizisten.
Der Beamte wollte nach seinem Revolver greifen,
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